Der sterbende König (German Edition)
Westen», sagte ich, «also müssen sie im Osten sein.»
«Und Haesten ist fort, um sich ihnen anzuschließen?»
«Ich glaube schon», sagte ich. Wir wussten allerdings gar nichts mit Sicherheit, nur dass Haestens Männer südlich von Ceaster angegriffen hatten und dann, rätselhafterweise, nach Osten geritten waren. Edward hatte ebenso wie Æthelflæd meine ersten Warnungen beantwortet, indem er Männer nach Norden schickte, um festzustellen, ob dies ein Einmarsch der Dänen war oder nicht. Steapa sollte meine erste Botschaft bestätigen oder entkräften und dann nach Wintanceaster zurückreiten. Æthelflæd hatte meine Anweisung nicht beachtet. Statt sich in Cirrenceastre in Sicherheit zu bringen, hatte sie ihre eigenen Hausmacht-Krieger selbst in den Norden geführt. Weitere mercische Truppen, sagte sie, waren nach Gleawecestre berufen worden. «Was für eine Überraschung», meinte sie höhnisch. Æthelred würde, genau wie beim letzten Mal, als Haesten in Mercien einmarschiert war, nur seine eigenen Besitzungen schützen und das übrige Land für sich allein kämpfen lassen.
«Ich sollte zurück zum König», sagte Steapa.
«Wie lauten deine Befehle?», fragte ich. «Sollst du die dänischen Einmarschtruppen finden?»
«Ja.»
«Hast du sie gefunden?»
Er schüttelte den Kopf. «Nein.»
«Dann kommen du und deine Männer mit mir», sagte ich. «Und du», ich deutete auf Æthelflæd, «solltest nach Cirrenceastre gehen oder zu deinem Bruder.»
«Und du», sagte sie und deutete auf mich, «erteilst mir keine Befehle, und deshalb mache ich, was ich will.» Sie starrte mich herausfordernd an, aber ich sagte nichts. «Warum greifen wir Haesten nicht an und schlagen ihn?», fragte sie.
«Weil wir nicht genügend Männer haben», antwortete ich geduldig, «und weil wir nicht wissen, wo die übrigen Dänen sind. Willst du vielleicht eine Schlacht mit Haesten anfangen und dann feststellen, dass du dreitausend Dänen im Rücken hast, die sich in den Tötungsrausch gesoffen haben?»
«Und was machen wir stattdessen?», fragte sie.
«Was ich dir sage», erwiderte ich, und so wandten wir uns nach Osten, folgten Haestens Spuren, und es wurde deutlich, dass keine Gehöfte mehr niedergebrannt und keine Dörfer mehr geplündert worden waren. Das bedeutete, dass Haesten schnell sein wollte und sich deshalb die Gelegenheiten zur Bereicherung entgehen ließ, weil er, so vermutete ich, den Befehl hatte, sich der großen dänischen Armee anzuschließen, wo immer sie auch sein mochte.
Auch wir eilten voran, aber am zweiten Tag kamen wir in die Nähe von Liccelfeld, und dort hatte ich etwas zu tun. Wir ritten in die kleine Stadt, die keinen Festungswall besaß, aber mit einer großen Kirche, zwei Mühlen, einem Kloster und einem beeindruckenden Palas prahlte, in dem der Bischof wohnte. Viele der Bewohner waren Richtung Süden in die Sicherheit einer Festungsstadt geflüchtet, und unser Auftauchen verursachte Angst und Schrecken. Wir sahen Leute in die Wälder rennen, weil sie glaubten, wir wären Dänen.
Wir tränkten die Pferde an den beiden Flüssen der Stadt, und ich schickte Osferth und Finan los, um Verpflegung zu kaufen, während Æthelflæd und ich mit dreißig Männern zum zweitgrößten Palas der Stadt gingen, einem prachtvollen, neuen Gebäude, das am nördlichen Stadtrand von Liccelfeld stand. Die Witwe, die dort lebte, war bei unserem Erscheinen nicht geflohen. Stattdessen erwartete sie uns mit einem Dutzend Bediensteten in ihrem Palas.
Ihr Name war Edith. Sie war jung, sie war schön, und sie war unnachgiebig, auch wenn sie so zart aussah. Ihr Gesicht war rundlich, ihre roten Locken eigenwillig und ihre Gestalt plump. Sie trug ein Gewand aus goldfarbener Wolle, und um ihren Hals lag eine Goldkette. «Ihr seid Offas Witwe», sagte ich, und sie nickte schweigend. «Wo sind seine Hunde?»
«Ich habe sie ersäuft», sagte sie.
«Wie viel hat Jarl Sigurd Eurem Mann bezahlt, damit er uns belügt?», fragte ich.
«Ich weiß nicht, wovon Ihr sprecht», sagte sie.
Ich wandte mich an Sihtric. «Durchsuch das Haus», befahl ich ihm, «nimm alle Nahrungsmittel, die wir brauchen können.»
«Das könnt Ihr nicht …», begann Edith.
«Ich kann machen, was ich will!», knurrte ich sie an. «Euer Ehemann hat Wessex und Mercien an die Dänen verkauft.»
Sie war dickköpfig, gab nichts zu, doch in ihrem neuerbauten Palas zeigte sich zu viel offenkundiger Reichtum. Sie schrie uns an, wollte mir das Gesicht zerkratzen,
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