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Der sterbende König (German Edition)

Der sterbende König (German Edition)

Titel: Der sterbende König (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Befehl dazu nicht nur gegeben, weil die Stadt an einem Übergang über die Temes lag, sondern auch, weil sie dort Zeugin eines kleinen Wunders geworden war, das, so glaubte sie, die Hand eines toten Heiligen gewirkt hatte. Nun also war Cracgelad eine beeindruckende Festungsstadt, mit einem gefluteten Graben vor dem neuen Steinwall, und es war kaum eine Überraschung, dass die Dänen keinen Angriff auf die Garnison unternommen, sondern auf den Dammweg zugehalten hatten. Dieser führte über das Marschland am Nordufer der Temes zu der Römerbrücke, die zur gleichen Zeit wie die Wallanlage von Cracgelad instand gesetzt worden war. Auch wir folgten dem Dammweg, und dann standen wir mit unseren Pferden am Nordufer der Temes und schauten auf den Himmel über Wessex, der im Widerschein der Feuer glühte. Sie verwüsteten Edwards Königreich.
    Æthelflæd hatte Cracgelad zur Festung gemacht, dennoch wehte über dem südlichen Stadttor immer noch das Banner ihres Ehemannes mit dem weißen Pferd und nicht ihres mit der Gans und dem Kreuz. Ein Dutzend Männer tauchten nun am Tor auf und kamen uns entgegen. Einer war ein Priester, Pater Kynhelm, und von ihm erhielten wir die ersten verlässlichen Berichte. Æthelwold, sagte er, sei bei der dänischen Armee. «Er ist zum Tor gekommen, Herr, und hat gefordert, dass wir uns ergeben.»
    «Habt Ihr ihn denn erkannt?»
    «Ich hatte ihn nie zuvor gesehen, Herr, aber er hat sich selbst zu erkennen gegeben, und ich habe geglaubt, dass er es ist. Er ist mit sächsischen Kriegern gekommen.»
    «Nicht mit Dänen?»
    Pater Kynhelm schüttelte den Kopf. «Die Dänen haben sich im Hintergrund gehalten. Wir konnten sie sehen, aber soweit ich es beurteilen kann, waren die Männer am Tor allesamt Sachsen. Viele haben uns zugerufen, wir sollten uns ergeben. Es waren zweihundertundzwanzig. Ich habe sie gezählt.»
    «Und eine Frau», fügte ein Mann hinzu.
    Ohne darauf einzugehen, fragte ich Pater Kynhelm: «Und wie viele Dänen?»
    Er zuckte mit den Schultern. «Hunderte, Herr, die Felder waren schwarz von ihnen.»
    «Æthelwolds Banner zeigt einen Hirsch», sagte ich, «mit Kreuzen als Geweih. War das die einzige Flagge?»
    «Sie haben auch ein schwarzes Kreuz mitgeführt, Herr, und eine Flagge mit einem Keiler.»
    «Einem Keiler?», sagte ich.
    «Einem Keiler mit großen, aufwärts gebogenen Hauern.»
    Also hatte sich Beortsig seinen Meistern angeschlossen, was bedeutete, dass die Armee, die Wessex plünderte, zum Teil sächsisch war. «Was habt Ihr Æthelwold geantwortet?», fragte ich Pater Kynhelm.
    «Dass wir dem Herrn Æthelred dienen.»
    «Und habt Ihr Nachricht von Herrn Æthelred?»
    «Nein, Herr.»
    «Habt Ihr Verpflegung?»
    «Genug für den Winter, Herr. Die Ernte war auskömmlich, Lob sei Gott.»
    «Welche Streitkräfte habt Ihr?»
    «Den Fyrd, Herr, und zweiundzwanzig Krieger.»
    «Wie viele sind im Fyrd?»
    «Vierhundertundzwanzig, Herr.»
    «Behaltet Sie hier», sagte ich, «die Dänen werden vermutlich wiederkommen.» Ich hatte Alfred auf seinem Sterbebett gesagt, dass die Nordmänner nicht gelernt hatten, wie man uns bekämpft, wir aber sehr wohl, wie man gegen sie kämpft, und das stimmte. Sie hatten keinen Versuch gemacht, Cracgelad zu erobern, von der halbherzigen Forderung nach Kapitulation einmal abgesehen, und wenn Tausende Dänen eine kleine Wehrstadt nicht erobern konnten, ganz gleich, wie stark ihre Mauern waren, dann würde es ihnen bei den großen Garnisonsstädten von Wessex erst recht nicht gelingen, und wenn sie diese mächtigen Wehrstädte nicht erobern und damit die Truppen ausschalten konnten, die Edward dort stationiert hatte, dann mussten sie sich irgendwann wieder zurückziehen. «Welche dänischen Banner habt Ihr gesehen?», fragte ich Pater Kynhelm.
    «Keines ganz deutlich, Herr.»
    «Was zeigt Eohrics Banner?», fragte ich die Umstehenden laut.
    «Einen Löwen und ein Kreuz», sagte Osferth.
    «Was immer auch ein Löwe sein mag», sagte ich. Ich wollte wissen, ob sich Eohrics ostanglische Verbände der dänischen Horde angeschlossen hatten, aber Pater Kynhelm konnte es mir nicht sagen.
    Am nächsten Morgen regnete es wieder, dicke Tropfen gingen auf die Temes vor den Festungsanlagen der Stadt nieder. Die niedrige Bewölkung machte es schwierig, die Rauchwolken zu unterscheiden, aber ich hatte den Eindruck, die Brände loderten nicht weit südlich des Flusses. Æthelflæd ging zum Kloster Sankt Werburgh, um dort zu beten, Osferth suchte sich in der Stadt

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