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Der sterbende König (German Edition)

Der sterbende König (German Edition)

Titel: Der sterbende König (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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als ich ihr die Goldkette abnahm, und kreischte uns Verwünschungen nach, als wir gingen. Ich verließ die Stadt nicht sofort, sondern ging zu dem Friedhof bei der Kathedrale, und dort gruben meine Männer Offas Leiche aus. Er hatte den Priestern Silber gegeben, damit er nahe bei den Reliquien von Sankt Chad bestattet wurde, weil er glaubte, diese Nähe würde seinen Aufstieg in den Himmel am Tag der Wiederkehr Christi beschleunigen, aber ich tat mein Bestes, um seine verdorbene Seele in die Christenhölle hinabfahren zu lassen. Wir trugen seinen verwesenden Körper, der noch in das verblichene Leichentuch gehüllt war, bis vor die Stadt, und dort warfen wir ihn in einen Fluss.
    Dann ritten wir weiter ostwärts, um festzustellen, ob sein Verrat den Untergang von Wessex herbeigeführt hatte.

[zur Inhaltsübersicht]
    Vierter Teil
    Tod im Winter

Elf
    Das Dorf gab es nicht mehr. Die Häuser waren schwelende Haufen aus verkohlten Balken und Asche, vier niedergemetzelte Hunde lagen auf der morastigen Straße, und der Gestank verbrannten Fleisches mischte sich in den dunklen Rauch. Eine Frauenleiche, nackt und aufgequollen, trieb in einem Teich. Raben waren auf ihre Schulter geflattert und rissen an dem aufgedunsenen Körper. Schwarz angetrocknetes Blut verklebte die Furchen des flachen Scheuersteins beim Wasser. Eine riesige Ulme ragte über dem Dorf empor, aber eine Seite hatte durch das brennende Kirchendach Feuer gefangen und war verkohlt, sodass der Baum wie vom Blitz gespalten erschien, eine Hälfte im üppigen Grün des Laubwerks, die andere schwarz, versengt und trocken. Die Ruinen der Kirche brannten noch, und es gab keinen einzigen Überlebenden, der uns den Namen des Ortes hätte sagen können. Ein Dutzend in den Himmel ziehende Rauchsäulen in der Umgebung verrieten uns, dass noch mehr Dörfer in Schutt und Asche verwandelt worden waren.
    Wir waren nach Osten geritten, den Spuren von Haestens Kampfverband gefolgt, dann waren die Hufabdrücke in südlicher Richtung abgeschwenkt und hatten sich einer noch breiteren Spur der Verwüstung angeschlossen. Diese Spur war von Hunderten, vielleicht Tausenden Pferden in die Erde getrampelt worden, und der Rauch am Himmel ließ erkennen, dass die Dänen auf das südlich gelegene Tal der Temes zuhielten, um dahinter in die wohlhabenden Landstriche von Wessex einzufallen.
    «In der Kirche liegen Tote», berichtete mir Osferth. Seine Stimme war ruhig, aber ich erkannte trotzdem, wie zornig er war. «Viele Tote», sagte er. «Sie müssen die Leute darin eingesperrt und die Kirche dann in Brand gesteckt haben.»
    «Als hätten sie einen Palas abgefackelt», sagte ich und dachte an die lodernden Flammen, die aus dem Palas Ragnars des Älteren weit empor in den Nachthimmel geschlagen waren, und an die Schreie der Menschen, die darin in der Falle saßen.
    «Kinder sind auch dabei», sagte Osferth und konnte seine Wut nicht mehr verbergen. «Ihre Körper sind auf die Größe von Säuglingen geschrumpft!»
    «Gott hat ihre Seelen zu sich genommen», versuchte Æthelflæd ihn zu trösten.
    «Es gibt kein Mitleid mehr auf Erden», sagte Osferth und hob den Blick zum Himmel, an dem sich graue Wolken und schwarzer Rauch vermischten.
    Auch Steapa sah zum Himmel hinauf. «Sie gehen nach Süden», sagte er. Er dachte an seinen Befehl, nach Wessex zurückzukehren, und war beunruhigt, weil ich ihn in Mercien festhielt, während eine Dänenhorde seine Heimat bedrohte.
    «Oder nach Lundene?», fragte Æthelflæd. «Vielleicht ziehen sie bis zur Temes südwärts und dann flussab nach Lundene.» Sie machte sich die gleichen Gedanken wie ich. Ich dachte an die heruntergekommene Befestigungsanlage der Stadt und daran, dass Eohrics Späher den Wall in Augenschein genommen hatten. Alfred hatte die große Bedeutung Lundenes gekannt, deshalb hatte er mir damals befohlen, die Stadt zu erobern, aber kannten die Dänen sie auch? Wer auch immer die Garnison in Lundene hielt, beherrschte die Temes, und die Temes führte tief in das Gebiet von Mercien und Wessex hinein. In Lundene wurde so viel Handel getrieben, und so viele Straßen führten dorthin, dass derjenige, der über Lundene befehligte, den Schlüssel zum gesamten südlichen Britannien in Händen hielt. Ich sah nach Süden zu den enormen Rauchschwaden, die über den Himmel zogen. Eine dänische Armee war vermutlich erst am Tag zuvor auf diesem Weg vorgerückt, aber war es ihr einziger Truppenverband? Belagerte eine andere Einheit Lundene? Hatte

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