Der sterbende König (German Edition)
unbehelligt zu lassen, «aber es wird anerkannt», er zögerte bei diesem Wort, als wäre es im Vorhinein sorgfältig ausgewählt worden, «es wird anerkannt, dass er kein geborener Kämpfer ist. Er ist ein großartiger Herrscher», fuhr er dann hastig fort, um das höhnische Lachen zu ersticken, das er von mir erwartete, «und seine Verwaltung ist bewunderungswürdig, aber er hat nun einmal keine Begabung für die Kriegsführung.»
«Aber ich», sagte ich.
Beocca lächelte. «Ja, Uhtred, die hast du, aber du hast keine Begabung für respektvolles Verhalten. Der König erwartet, dass du Herrn Æthelred mit Respekt begegnest.»
«Ich behandle ihn mit allem Respekt, den er verdient», versprach ich.
«Und seiner Frau wird gestattet werden, nach Mercien zurückzukehren», sagte Beocca, «unter der Voraussetzung, dass sie ein Frauenkloster stiftet, genauer gesagt, dass sie ein Frauenkloster baut.»
«Sie soll eine Nonne werden?», fragte ich wütend.
«Stiftet und baut!», sagte Beocca. «Und sie kann frei wählen, wo sie dieses Nonnenkloster stiften und bauen will.»
Ich musste lachen. «Soll ich etwa neben einem Nonnenkloster wohnen?»
Beocca runzelte die Stirn. «Wir können nicht wissen, welchen Ort sie sich aussuchen wird.»
«Nein», sagte ich, «gewiss nicht.»
Also hatten die Christen die Sünde geschluckt. Ich vermutete, dass die Lebenserfahrung Edward eine neue Nachsichtigkeit gegenüber der Sünde gelehrt hatte, und das war keine schlechte Sache, denn es bedeutete, dass Æthelflæd nun die Freiheit hatte, mehr oder weniger nach ihren Wünschen zu leben, auch wenn das Frauenkloster für Æthelred herhalten musste, damit er behaupten konnte, seine Frau habe sich ein Leben in heiliger Einkehr erwählt. In Wahrheit aber wussten Edward und sein Rat, dass sie Æthelflæd in Mercien brauchten, und mich brauchten sie ebenfalls. Wir waren der Schild von Wessex, allerdings sah es so aus, als sollten wir nicht das Schwert der Sachsen sein, denn Beocca sprach eine strenge Mahnung aus, bevor er das Gasthaus verließ. «Der König wünscht ganz ausdrücklich, dass die Dänen in Frieden gelassen werden», sagte er. «Sie dürfen nicht gereizt werden! So lautet sein Befehl.»
«Und wenn sie uns angreifen?», fragte ich ungehalten.
«Selbstverständlich kannst du dich verteidigen, aber der König wünscht nicht, dass ein Krieg angefangen wird. Nicht, bevor er gekrönt ist.»
Widerwillig erklärte ich mich mit dieser Richtlinie einverstanden. Vermutlich war es sinnvoll, dass Edward Frieden haben wollte, während er sich in seinem neuen Königreich Autorität verschaffte, aber ich bezweifelte, dass ihm die Dänen diesen Gefallen tun würden. Ich war sicher, dass sie Krieg wollten, und zwar vor Edwards Krönung.
Diese Zeremonie würde nicht vor dem nächsten Jahr stattfinden, sodass den Ehrengästen genügend Zeit blieb, ihre Anreise in die Wege zu leiten, und deshalb ging ich, als die Herbstnebel kühler und die Tage kürzer wurden, endlich nach Fagranforda.
Es war ein gesegneter Ort mit lieblichen, niedrigen Hügeln, trägen Flussläufen und fruchtbarer Erde. Alfred war in der Tat großzügig gewesen. Der Verwalter war ein griesgrämiger Mercier namens Fulk, dem ein neuer Herr nicht willkommen war, und kein Wunder, hatte er doch gut von den Erträgen des Besitztums gelebt und war dabei noch von dem Priester unterstützt worden, der die Rechnungsbücher führte. Dieser Priester, Pater Cynric, versuchte mich davon zu überzeugen, dass die Ernten in letzter Zeit mager ausgefallen waren und dass die Baumstümpfe im Wald standen, weil die Bäume an einer Krankheit eingegangen wären und nicht etwa, weil man sie wegen des Holzwertes gefällt hatte. Er legte die Dokumente vor, und sie passten zu den Zahlscheinen, die ich aus dem Schatzamt von Wintanceaster mitgebracht hatte, worauf Pater Cynrid heiter auf die Übereinstimmungen hinablächelte. «Wie ich Euch erklärt habe, Herr», sagte er, «haben wir den Besitz für König Alfred in gleichsam heiliger Treue bewahrt.»
«Und niemand ist je von Wessex gekommen, um Eure Rechnungsbücher zu prüfen?»
«Aus welchem Grund denn?», fragte er. Seine Stimme klang überrascht und belustigt bei diesem Gedanken. «Die Kirche lehrt uns, als Arbeiter im Weinberg des Herrn zu wirken.»
Da raffte ich alle Dokumente zusammen und warf sie in das große Feuer des Saals. Pater Cynric und Fulk sahen sprachlos vor Überraschung zu, wie die Pergamente von den Rändern her angesengt
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