Der Sternenhuter - Unter dem Weltenbaum 04
es ist zu spät für Euch, Ihr könnt mich nicht
mehr umstimmen. Nichts, was Ihr vorbringen könntet,
würde die Schmerzen lindern, die Ihr mir zugefügt habt. Ich
liebe Euch immer noch, aber ich gehe, damit Aschure Eure
Frau werden kann. Und laßt Euch nicht zu lange Zeit damit,
sie zu heiraten. Die junge Frau ist ein wertvoller Juwel, den
zu verlieren Ihr Euch nicht leisten könnt.«
Sie lächelte immer noch, aber in ihrem Blick stand alle
Bitterkeit, die sie nicht mehr zurückhalten konnte. »Ich
werde die mir zugedachte Rolle in der Prophezeiung
erfüllen. Macht Euch darum also keine Sorgen. Doch
jetzt hört mir gut zu: Ich nehme hiermit mein Versprechen zurück, Euch zu heiraten, das ich Euch zu Gorken
gab. Dies tue ich allein für Aschure, nicht für Euch.« Ihre
Stimme klang härter. »Was zwischen uns gewesen ist, ist
nicht mehr. Wird niemals mehr sein. Ihr seid frei.« Aber
was ist mit mir? dachte sie, bin ich auch frei?
Faraday sah ihn noch einen Augenblick an, um sich
seine Züge tief einzuprägen. Dann beugte sie sich vor
und küßte ihn auf den Mund.
»Alles Gute, Axis.«
Die Königin erhob sich und eilte zur Tür. Der Krieger
wollte ihr folgen, aber in diesem Moment erwachte Caelum und fing an zu schreien. Als Axis seinen Sohn endlich wieder beruhigt hatte, war sie schon lange fort.
Faraday blieb nur so lange in der geöffneten Tür stehen,
bis der größte Alaunt hineingefunden hatte, dann schloß
sie sie rasch hinter sich.
Noch mehr Personen hatten sich in der Zwischenzeit
im Vorraum eingefunden, alle von angstvoller Anteilnahme erfüllt. Sie sahen die Königin besorgt an.
Sie zwang sich zu einem Lächeln, obwohl sie das Gefühl hatte, ihr Gesicht müsse zerspringen. »Allen geht es
gut. Gebt ihnen noch eine oder besser zwei Stunden, dann
geht hinein. Sie möchten bestimmt mit Euch reden, ebensosehr wie Ihr mit ihnen.« Faraday nickte kurz Isgriff zu
und brachte sogar noch ein aufmunterndes Lächeln für
Axis’ Mutter fertig. Magariz saß hinter ihr und hielt ihre
Hand. »Rivkah, dürfte ich Euch kurz sprechen?«
Diese nickte, und die beiden begaben sich nach draußen
auf den Flur, um ungestört miteinander reden zu können.
»Rivkah, ich gehe. Ich will und kann mich nicht zwischen diese beiden stellen … Ach, liebe Freundin, die
Prophezeiung kann so grausam zu uns sein …« Die
Stimme brach ihr.
Axis’ Mutter nahm sie in die Arme, wiegte sie leicht
und spendete ihr Trost. Endlich richtete Faraday sich
wieder auf und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht.
»Rivkah, ich muß mit den Wächtern sprechen. Doch
danach trete ich meine Reise an. Ich weiß nicht, ob wir
uns je Wiedersehen werden.«
Nun füllten sich auch Rivkahs Augen mit Tränen. Faraday hatte recht, die Weissagung verstand sich darauf,
sie zu quälen. Aschure hatte sie wie eine Tochter ins
Herz geschlossen, und ähnlich betrachtete sie auch Faraday Vor allem verband die beiden Frauen jedoch, daß sie
beide einmal Herzogin von Ichtar gewesen waren. Arme
Faraday, sie verdiente es ebenso wie Aschure, ihr Glück
zu finden.
»Ach, das werde ich schon«, lächelte die Königin. »Irgendwann … irgendwo. Aber eines müßt Ihr mir noch
verraten. Habe ich vorhin richtig gesehen? Hielt Fürst
Magariz wirklich Eure Hand? Soll das etwa bedeuten,
daß …«
Rivkah wurde tatsächlich rot, und Faraday lachte.
»Rivkah«, sagte sie dann, »ich möchte Euch zum Abschied ein Geschenk geben.«
Unvermittelt beugte sie sich vor und küßte die Freundin fest auf den Mund. Rivkah erschauderte, als Energie
sie wie ein Blitz durchfuhr. Sprachlos starrte sie Faraday
dann an und fühlte sich … wie wiederbelebt. Lebendig
und voller Wärme.
»Eine Gabe der Mutter«, lächelte Faraday. »Nutzt sie
gut.«
Damit wandte sie sich ab und schritt davon. Sie hinterließ ein Abschiedsgeschenk, das Axis in einigen Jahren
mehr Kopfschmerzen bereiten sollte als Gorgrael.
Denn dabei handelte es sich um Faradays Rache an
dem Mann, der sie betrogen hatte.
34 Z AUBERIN
Drei Stunden später rief der Krieger eine Versammlung
seiner Befehlshaber, der Wächter und seiner engsten
Freunde ein. Einige Dinge mußten endlich zur Sprache
kommen, und Axis war es müde, vor seinen Vertrauten
Geheimnisse zu haben. Und auch wenn sich unter den
Personen in seinem Gemach Wolfstern befinden sollte,
um finstere Pläne zu schmieden, konnte er das eben auch
nicht ändern. Seine Eltern, Morgenstern und er hatten das
Rätsel um Wolfstern für sich behalten,
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