Der Sternenschwarm
hübschen Tisch und hatten jeder ein Glas vor sich. Saton schlürfte langsam ein heißes Mixgetränk, das ihn allmählich wiederbelebte, und fühlte sich trotzdem unbehaglich. Vielleicht hätten sie sich nie mit ihrem neuen Bekannten abgeben sollen, der eben zuversichtlich behauptete: »Auf Dansson werden Sie bestimmt glücklich!«
»Woher wollen Sie wissen, daß wir hier glücklich werden?« fragte Corbis. »Vielleicht werden wir eher todunglücklich. Vielleicht haben wir schrecklich Heimweh.«
Slen-Kater lächelte. »Sie werden hier bestimmt glücklich«, versicherte er ihr. »Das ist unvermeidbar.«
»Meine Gefährtin wollte damit nur sagen, daß uns hier alles fremd vorkommt«, erklärte Saton, um keine Mißstimmung aufkommen zu lassen. »Selbst die Anlage der Stadt erscheint uns völlig neuartig; wir finden es seltsam, daß hier so riesige Gebäude zwischen weiten Parks errichtet werden. Allein das Gebäude, in dem wir uns jetzt befinden, ist fast so groß wie eine Stadt.«
»Es ist eine Stadt«, antwortete Slen-Kater. »Dansson besteht aus einem Netz von Städten, die miteinander in Verbindung stehen, aber unabhängig voneinander bestimmte Funktionen ausüben.«
Das Gebäude, in dem sie im zehnten Stock in einem Café saßen, bildete einen riesigen Keil, dessen Spitze fast die Wolken berührte. Saton warf einen Blick auf ihre Umgebung und fragte dann: »Welche besondere Funktion hat dieses Gebäude?«
»Nun, wir bezeichnen es als Classifornium. Es ist eine Art ... nun, eine Kombination aus Museum und Zoo. Die Ausstellungsstücke kommen aus allen Teilen der Galaxis. Ich kann Ihnen zumindest einige Räume zeigen, wenn Sie es nicht schon sehr eilig haben.«
Saton sah aus dem Augenwinkel heraus, daß Corbis ihm ein Zeichen gab, sie sollten sich von diesem Warmblüter trennen, sobald sie erfahren hatten, wo Klein-Istino lag; er wußte auch, daß sie damit recht hatte. Aber in ihm war eine Veränderung vorgegangen. Eine intellektuelle Neugier hatte ihn erfaßt. Er wollte um jeden Preis einen Blick in dieses seltsame Museum werfen. Er kannte diese Neugier von früher her; sie war dafür verantwortlich, daß er jahrelang gearbeitet und gelernt hatte, um endlich die Tests zu bestehen, die ihm die Möglichkeit gaben, seinen dunkelgrünen Heimatplaneten zu verlassen und nach Dansson zu fliegen.
»Wir haben genügend Zeit«, meinte Saton.
»Wunderbar!« sagte Slen-Kater.
Als er aufstand, um ihre Getränke zu bezahlen, flüsterte Corbis: »Wir müssen ihn loswerden, Saton. Warum hängst du dich an ihn?«
»In seiner Gesellschaft sind wir ebenso sicher wie in jeder anderen«, erklärte Saton ihr. »Findest du nicht auch, daß ein Museum ein gutes Versteck ist, falls wir bereits gesucht werden? Nach Klein-Istino kommen wir noch früh genug.«
Corbis wandte sich schulterzuckend ab. Ihr Blick fiel auf eine Zeitung, die ein anderer Gast des Cafés auf dem Nebentisch zurückgelassen hatte. Sie griff danach und hoffte, irgendeinen Hinweis auf den Stadtteil zu finden, in dem ihre Artgenossen lebten – vielleicht sogar einen Stadtplan, auf dem die ungefähre Richtung angegeben war.
Sie konnte die Schlagzeile lesen, in der von einer Rekordernte auf der südlichen Halbkugel die Rede war. Aber das Kleingedruckte ... in früheren Zeiten, als ihre Vorfahren sich der Dunkelheit angepaßt hatten, waren die meisten Netzhautzapfen allmählich durch Stäbchen ersetzt worden, da die Unterscheidung zwischen Hell und Dunkel wichtiger als die Farbempfindlichkeit war. Aus diesem Grund konnte sie ihre Augeneinstellung nicht weit genug verändern, um Details dieser Art noch deutlich zu sehen. Sie warf die Zeitung irritiert auf den Tisch zurück.
Als Slen-Kater wieder vor ihnen stand, erhoben sie sich – Saton bereitwillig, Corbis zögernd – und folgten ihm ins Classifornium hinüber.
Slen-Kater schien zu erraten, was Besucher von anderen Planeten besonders faszinieren würde, denn er führte sie ins Inficarium, wo sich eine fremdartige und wunderbare Welt vor ihnen auftat. Als sie fast erschrocken in der Tür des ersten riesigen Saals stehenblieben, lächelte Slen-Kater verständnisvoll. »Auf Dansson und den meisten Planeten unseres Sektors gibt es praktisch keine Infektionskrankheiten mehr«, erklärte er ihnen. »Deshalb besteht die Gefahr, daß wir allmählich vergessen, welche große Rolle ansteckende Krankheiten früher im Leben der Menschen gespielt haben. Da heutzutage keine Infektionskrankheiten mehr auftreten, sterben
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