Der Sternenwald
»Alles… tot.«
110 KÖNIGIN ESTARRA
Wenn Estarra liebende Anteilnahme, Applaus und das staunende Funkeln in den Augen der Menschen, die sie bewunderten, nicht mehr ertragen konnte, kehrte sie in den königlichen Flügel des Flüsterpalastes zurück, um dort mit ihrer Trauer allein zu sein. Sie würde den armen Beneto nie wieder sehen.
Seit dem Hochzeitstag verehrte man sie in der Terranischen Hanse, für ihre Art zu gehen oder sich zu kleiden. Eine andere Frau an ihrer Stelle hätte so viel Aufmerksamkeit vielleicht genossen, aber Estarra glaubte zu ersticken. Sie ertrug es nicht mehr, insbesondere jetzt nicht, nach dem Angriff auf Corvus Landing.
Sie hatte nicht einmal Gelegenheit gefunden, um ihren Bruder zu trauern. Nie ließ man sie in Ruhe.
Beim Angriff der Hydroger hatte der grüne Priester Nahton der entsetzten Estarra und ihrem Mann von allen Einzelheiten der Zerstörung berichtet. Während Peter neben ihr stand und sie stützte, schilderte Nahton, was er durch den Telkontakt sah: erst die Zerstörung von Colony Town und dann die des Hains. Er war zutiefst erschüttert gewesen. Estarra hatte geweint, als das Netzwerk des Weltwaldes seine letzten Worte übermittelte. Und dann sein Tod…
Die Höflinge, die Estarra ihr Beileid aussprachen, waren ihrem Bruder nie begegnet. Die meisten von ihnen hatten noch nicht einmal etwas von Corvus Landing gehört. Benetos direkter, eindringlicher Bericht ließ den Zorn der Öffentlichkeit auf die Hydroger wachsen. Der Feind war unbarmherzig, schlug gnadenlos zu.
Estarra stellte sich Beneto während seiner letzten Momente vor, dachte daran, wie er den Stamm eines Weltbaums umklammerte, dem Weltwald seine Gedanken schickte, mehr noch, seine Seele, während die Hydroger alles vernichteten und dem wehrlosen Hain Tod brachten. Und anschließend zogen sie weiter, auf der Suche nach einem neuen Ziel…
Die ganz offensichtlich von Herzen kommende Anteilnahme des gemeinen Volks wusste Estarra durchaus zu schätzen. Die Bürger schickten Blumen, Gedichte und Beileidsschreiben. Sie errichteten Denkmäler, nicht nur für den Bruder der Königin, sondern für alle unschuldigen Hanse-Kolonisten auf Corvus Landing. Sie waren unbeteiligt gewesen an dem Krieg, den die Menschen nie gewollt hatten. Jetzt waren sie ihm zum Opfer gefallen.
Die neue Tragödie und andere Erinnerungen an die verzweifelte Situation der Menschen halfen dabei, jene noch immer schmerzenden Wunden zu heilen, die der königlich verordnete Geburtenstopp geschaffen hatte. Der Menschheit blieb keine andere Wahl und die Bürger begriffen, wie sehr ihr König gelitten haben musste, als er diese notwendige Entscheidung traf. Mehr als jemals zuvor sahen sie bewundernd zu König Peter und seiner Königin auf.
Die nach Golgen entsandten, von Kompis bemannten Erkundungsschiffe waren spurlos verschwunden. Keine Berichte wurden von dem mit Kometen bombardierten Gasriesen übermittelt und Sondierungsdrohnen suchten vergeblich nach Trümmern. Man schrieb die Schiffe ab.
Peter war nicht überrascht.
»Nach einer Analyse der von den Sondierungsdrohnen gewonnenen Daten nimmt die TVF an, dass die Hydroger hinter dem Verschwinden der Erkundungsflotte stecken«, sagte OX.
Peter traf sich mit dem Lehrer-Kompi in einem Zimmer, in dem ein mittelalterlicher König vielleicht seine Berater empfangen hätte. Es war ihm inzwischen zur Angewohnheit geworden, mit OX zu sprechen, wenn ihm irgendetwas Sorgen bereitete.
»Alle anderen mögen das für offensichtlich halten«, sagte Peter. »Ich bin gleich zu Anfang der Meinung gewesen, dass es eine schlechte Idee war, die Schiffe nach Golgen zu schicken. Ein unnötiges Risiko. Jetzt muss ich die Namen weiterer Märtyrer nennen, die ihr Leben ließen. Sechs Menschen tot und viele TVF-Ressourcen verloren, für nichts.«
Peter senkte den Kopf und überlegte einige Sekunden lang. »Und ich werde da einen gewissen Verdacht nicht los. Fünf Mantas und ein Moloch verschwinden auf mysteriöse Weise. Was ist, wenn nicht die Hydroger dafür verantwortlich sind, sondern die neuen Soldaten-Kompis, OX?«
»In diesem Zusammenhang habe ich beunruhigende neue Daten gesammelt, König Peter«, sagte der Lehrer-Kompi. »In der Vergangenheit befanden sich jeweils nur etwa zehn bis zwölf Klikiss-Roboter auf der Erde und erregten kaum Aufmerksamkeit. Gelegentlich arbeiteten sie in Industriebetrieben und Orbitalstationen, leisteten dort wertvolle Dienste.«
»Ja, ich weiß.«
»Seit der Demontage von
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