Der Strand von Falesa
Gentleman.
»Vilivili«, sagte er – besser konnten sie meinen Namen nicht aussprechen –, »ich mich freuen.«
Daran ist nicht zu zweifeln: Wenn ein Kanakenhäuptling höflich sein will, dann kann er es wirklich sein. Bei seinem ersten Wort wußte ich, wie die Sachen standen. Uma brauchte mir erst gar nicht zu sagen: »Er nicht Angst haben vor Ese jetzt, kommen und bringen Kopra.«
Ich sage Ihnen, ich schüttelte dem Kanaken die Hand, wie wenn er der beste Weiße in Europa wäre.
Die Sache stand so: Case und er waren hinter dem gleichen Mädel her, oder wenigstens hatte Maea ihn in Verdacht, und da hatte er beschlossen, dem Händler einen Streich zu spielen. So hatte er sich denn fein herausgeputzt, ließ ein paar von seinem Gefolge sich sauber anziehen und sich bewaffnen, um die Sache recht öffentlich zu machen, und dann hatte er bloß gewartet, bis Case aus dem Dorf war, und war nun gekommen, um mir seine Kundschaft zuzuwenden. Er war ein reicher Mann und hatte Einfluß. Ich vermute, der Mann machte jährlich seine fünfzigtausend Nüsse. Ich gab ihm dafür den Inselpreis und noch ein Viertelcent darüber, und was den Kredit anbetraf, so hätte ich ihm das ganze Lager von meinem Kaufladen und die Einrichtung noch dazu auf Pump gegeben – so freute ich mich, ihn zu sehen! Ich muß sagen, er kaufte wie ein Gentleman – Reis und Konserven und Zwieback genug für ein Gelage, das eine ganze Woche gedauert hätte, und Kleiderstoffe bolzenweise. Übrigens war er ein netter Mensch, er hatte viel Humor, und wir machten alle möglichen Witze miteinander, meistens allerdings mit Vermittlung von Uma als Dolmetscherin, denn er konnte nur wenig Englisch, und mein Inselkanakisch hatte noch keine Farbe. Soviel sah ich deutlich: Er konnte in Wirklichkeit nicht sehr böse auf Uma gewesen sein und hatte auch keine wirkliche Angst gehabt, sondern offenbar sich nur so gestellt, weil er vielleicht gedacht hatte, Case hätte einen großen Anhang im Dorf und könnte ihm von Nutzen sein.
Dies brachte mich nun auf den Gedanken, daß wir alle beide etwas in der Klemme waren. Was er getan hatte, war gegen die Stimmung des ganzen Dorfes und konnte ihm vielleicht seinen Einfluß kosten. Ja noch mehr: Nach dem Gespräch, das ich am Strande mit Case gehabt hatte, dachte ich, es könnte mir selber wohl mein Leben kosten. Case hatte mir ziemlich deutlich gesagt, er würde mich niederknallen, wenn ich jemals Kopra bekäme; nun würde er nach Hause kommen und finden, daß der beste Kunde im ganzen Dorf in den anderen Laden gegangen war. Ich hielt es daher für das beste, erst einmal die Sache mit dem Abschießen in Ordnung zu bringen.
Darum sagte ich zu Uma: »Hör mal, Uma, sage ihm, es tue mir leid, daß ich ihn habe warten lassen, aber ich war im Busch und sah mir Cases Tiapolo-Bude an.«
»Er mögen wissen, Ihr nicht Angst haben?« übersetzte Uma die Antwort des Kanaken.
Ich lachte heraus und rief:
»Na, wovor denn? Sag ihm, der ganze Zauber ist weiter nichts als ein Spielzeugladen! Sag ihm, in England geben wir solche Sachen den kleinen Kindern zum Spielen.«
»Er mögen wissen, Ihr hören Teufel singen?« war die nächste Frage.
Hierauf antwortete ich: »Sieh mal, ich kann es jetzt im Augenblick nicht machen, weil ich gerade keine Banjosaiten auf Lager habe; aber das nächste Mal, wenn das Schiff vorbeikommt, will ich so einen Singeteufel hier auf dieser Veranda anbringen, und dann kann er selber sehen, wieviel Teufelei dabei ist. Sag ihm, sobald ich die Saiten kriegen kann, will ich ihm einen für seine kleinen Krabben machen. Man nennt das Ding eine Tirolerharfe, und du kannst ihm sagen, der Name bedeute auf englisch, daß kein Mensch, der nicht ein verdammter Schafskopf ist, auch nur einen Cent dafür gibt.«
Jetzt war er zufrieden, und er freute sich so, daß er wieder mal sein Englisch versuchen mußte und mich fragte:
»Sie sprechen wahr?«
»Will ich meinen. Spreche wie Bibel. Hole die Bibel her, Uma, wenn du so ein Ding hier hast, und ich will sie küssen. Oder ich will dir noch was Besseres sagen«, rief ich, denn plötzlich schoß mir das Richtige durch den Kopf. »Frag ihn, ob er sich fürchtet, selber am hellen Tage dorthin zu gehen?«
Anscheinend fürchtete er sich nicht; er sagte, bei Tage und in Gesellschaft könne er es wohl riskieren.
»Na, dann ist es gut!« sagte ich. »Sage ihm, der Mann ist ein Schwindler, und die ganze Zauberei im Walde ist ein Narrenkram! Und wenn er morgen da hinaufgehen will, so
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