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Der Strand von Falesa

Der Strand von Falesa

Titel: Der Strand von Falesa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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klappte.
    Solange ich im offenen Gelände war und mich nach der Lampe in meinem Haus richten konnte, ging es gut. Aber als ich auf den Fußweg kam, da wurde es so finster, daß ich blindlings herumtappte, gegen Bäume anrannte und dabei fluchte, wie einer, der im Schlafzimmer nach den Streichhölzern sucht. Ich wußte wohl, daß es gewagt war, Licht zu machen – denn meine Laterne mußte auf dem ganzen Weg bis zur Spitze des Kaps sichtbar sein, und da nach Sonnenuntergang niemals ein Mensch dorthin ging, so mußte darüber gesprochen werden, und Case mußte davon hören. Aber was sollte ich tun? Ich mußte entweder die Geschichte aufgeben und mich vor Maea blamieren, oder ich mußte die Laterne anstecken und auf gut Glück mich durchwinden, so gut ich's eben konnte.
    Solange ich auf dem Fußweg war, ging ich schnell; als ich aber an den schwarzen Strand kam, mußte ich laufen! Denn es war jetzt beinahe Hochwasser, und um mit meinem Pulver trocken zwischen der Brandung und dem steilen Felsen hindurchzukommen, mußte ich so schnell laufen, wie ich nur konnte. Trotz meiner Fixigkeit ging mir das Wasser bis über die Knie, und ich wäre beinahe über einen Felsblock gestolpert. Diese ganze Zeit über hielten die Eile, womit ich lief, und die frische Luft und der Seegeruch mich in Aufregung; als ich aber mal im Busch war und den steilen Pfad hinaufklomm, nahm ich die Sache leichter. Die Schrecknisse des Urwaldes waren ein gut Teil verblaßt, nachdem ich Meister Cases Banjosaiten und Puppen gesehen hatte; trotz alledem war es kein angenehmer Gang, und ich dachte so bei mir selber, daß die Teufelsjünger, wenn sie da hinaufgingen, wohl eine gräßliche Angst ausstehen mußten. Das Laternenlicht, das auf alle diese Baumstämme, gegabelten Äste, zusammengedrehten und verschlungenen Lianenstengel fiel, machte den ganzen Ort, oder soviel man eben davon sehen konnte, zu einem Rätsel sich bewegender Schatten. Sie kamen auf einen los, stramm und schnell wie Riesen, kehrten dann plötzlich um und verschwanden; sie schwebten einem über dem Kopf wie Keulen und flogen davon in die Nacht hinein wie Vögel. Der Waldboden flimmerte von faulem Holz, wie man an einer Streichholzschachtel noch einen Streifen nachleuchten sieht, wenn man ein Zündholz angerieben hat. Von den Zweigen über mir fielen große, kalte Tropfen auf mich herab wie Schweißtropfen. Es war sozusagen kein Wind da; nur ein leiser, eisiger Hauch von einer Landbrise, in der sich kein Blatt rührte; und die Harfen waren stumm.
    Aber lustig wurde ich zum erstenmal, als ich mich durch das Unterholz von wilden Kokossträuchern hindurchgearbeitet hatte und die Götzenpuppen auf der Mauer erblickte. Unheimlich sahen sie aus in dem Schein meiner Laterne, mit ihren bemalten Gesichtern und Muschelaugen, mit ihren Kleidern und den langen Haaren. Eine nach der andern holte ich sie alle herunter und stapelte sie zu einem Haufen auf dem Kellerdach auf, damit sie mit dem Rest gen Himmel fahren könnten. Dann suchte ich mir hinter einem der großen Steine am Eingang eine passende Stelle aus, grub mein Pulver und die beiden Bomben ein und legte meine Zündschnur. Und dann guckte ich mir noch mal den rauchenden Kopf an, bloß so, um Adieu zu sagen. Er qualmte mächtig.
    »Man munter!« sagte ich. »Sie werden gleich befördert!«
    Ich hatte erst die Absicht, die Lunte anzuzünden und mich sofort auf den Heimweg zu machen; denn von der Finsternis und dem faulen Holz und den Schatten der Laterne gruselte mir etwas. Aber ich wußte ja, wo eine von den Harfen hing, und es schien mir zu schade zu sein, wenn die nicht mit dem Rest in die Luft flögen; gleichzeitig aber mußte ich mir selber gestehen, daß die ganze Geschichte mir verdammt zum Halse heraushing und daß ich am liebsten zu Hause hätte sein wollen, hinter Tür und Riegel. Ich ging aus dem Keller ins Freie und überlegte mir das Ganze noch mal von vorne und hinten. Tief unter mir in der Ferne brauste die See am Strand; in der Nähe rührte sich kein Blatt; es war, wie wenn ich das einzige lebende Wesen auf dieser Seite von Kap Horn wäre. Na, wie ich da so stand und nachdachte, da war es, wie wenn der Busch erwachte und voll von leisen Geräuschen wäre. Leise Geräusche waren es nur und nichts Schlimmes dabei – ein kleines Knacken, ein kleines Rauschen –, aber nur blieb auf einmal der Atem stehen, und die Kehle wurde mir so trocken wie ein Schiffszwieback, Nicht vor Case hatte ich Angst – obgleich das ganz vernünftig

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