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Der stumme Tod

Der stumme Tod

Titel: Der stumme Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kutscher
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wirken.
    Da erst fiel ihr auf, dass etwas nicht stimmte. Kein Donner.
    Stattdessen ein helles metallenes Geräusch, ein leises Pling; hinter ihr musste ein kleines Metallteil auf den Boden geknallt sein.
    Sie schloss die Augen. Nein! Bitte nicht!
    Nicht irgendeine bescheuerte Technikpanne! Nicht, wo sie gerade so gut gewesen war!
    Doch.
    »Scheiße«, hörte sie Dressler fluchen. »Auus!«
    Trotz ihrer geschlossenen Augen merkte sie, dass sich das Licht veränderte. Bevor sie die Lider wieder öffnen konnte, spürte sie den Schlag. Ein Schlag wie von einem riesigen Hammer, er traf sie an der Schulter, am Oberarm, im Nacken, ein einziger gewaltiger Schlag. Als sie die Augen wieder aufriss, fand sie sich schon am Boden. Was war passiert? Sie hörte etwas knacken und spürte, es kam aus ihrem Körper, etwas in ihr musste zerbrochen sein. Der Schmerz packte sie so unvermittelt und brutal, dass ihr für einen Moment schwarz vor Augen wurde. Sie sah die Tücher und Stahlgerüste an der Studiodecke, Victors entsetztes Gesicht, das sie anstarrte, bevor es aus ihrem Blickfeld verschwand.
    Sie wollte aufstehen, doch es ging nicht, sie wollte weg, denn etwas verbrannte ihr Gesicht, verbrannte ihre Haare, die ganze linke Seite, es schmerzte unerträglich. Nicht einmal den Kopf konnte sie wegdrehen, irgendetwas drückte sie zu Boden und wollte sie verbrennen. Alles in ihr wollte sich aufbäumen gegen den Schmerz, aber ihre Beine gehorchten ihr nicht, sie bewegten sich nicht mehr, nichts an ihrem Körper bewegte sich; wie eine meuternde Armee verweigerte er sämtliche Befehle. Sie roch versengtes Haar und verbrannte Haut, hörte jemanden schreien, stellte irritiert fest, dass das ihre eigene Stimme sein musste, und dennoch schien es ihr, als schreie da jemand anders, als könne sie das gar nicht sein, als gehöre das gar nicht zu ihr, das da schrie und schmerzte und sich einfach nicht mehr bewegen wollte, nur noch schreien wollte, schreien, schreien, schreien.
    Victors Gesicht kehrte zurück, kein Gesicht mehr, eine Grimasse, weit aufgerissene Augen, die sie anstarrten, ein bizarr verzerrter Mund, nicht das Gesicht seiner Filmhelden, gleichwohl entschlossen. Erst als sie das Wasser auf sich zukommen sah, das wie eine unförmige Qualle unendlich lang in der Luft zu schweben schien, bevor es sie erreichte, erst in diesem unendlichen Augenblick wusste sie, was er da tat.
    Und wusste, dass es das Letzte war, das sie jemals sehen würde. Dann war da nur noch Licht. Ein gleißendes Licht, das sie restlos umgab, nein, nicht nur umgab: Sie selbst war Licht, für den Bruchteil einer Sekunde war sie Teil einer nie zuvor erfahrenen Helligkeit und sah so klar wie noch nie. Und wusste, dass es genau diese Helligkeit war, die sie unumkehrbar und für immer in die Dunkelheit stürzen würde.

Kapitel 3
    Die Sch. wehrte sich heftig. »Baumgart« zwang sie aber auf den Rücken und versuchte, ihr das Beinkleid herunterzuziehen. Auf
    ihre Drohung, sie werde schreien, wenn er nicht von ihr abließe, meinte »Baumgart« höhnisch, sie solle nur schreien, hier höre sie doch niemand. Im weiteren Ringen sagte die Sch. dann, dass sie eher sterben würde, als ihm zu Willen zu sein, worauf »Baumgart« erwiderte: »Dann sollst du sterben ... «
    »Haben der Herr noch einen Wunsch?« »Dann sollst du sterben«, murmelte er. »Wie bitte?«
    Rath blickte von seiner Zeitschrift auf. Der Kellner stand an seinem Tisch, in der Hand ein Tablett mit schmutzigem Geschirr. »Ach, schon gut«, sagte Rath. »Nicht weiter wichtig.«
    »Kann ich dem Herrn noch etwas bringen?«
    »Im Moment nicht, danke. Ich erwarte noch jemanden.« »Sehr wohl.«
    Der Kellner räumte die leere Kaffeetasse vom Tisch und drehte ab. Ein beleidigter Pinguin. Rath blickte ihm hinterher, wie er sein Tablett durch die Stuhlreihen balancierte. Das Cafe füllte sich langsam. Bald würde er den freien Stuhl an seinem Tisch verteidigen müssen.
    Sie kam zu spät. Sie kam sonst nie zu spät. Ob sie nicht begriffen hatte, um was es ging? Oder kam sie nicht, weil sie es begriffen hatte?
    Sie hätte ihn nicht im Büro anrufen dürfen. Sie hatte es einfach nicht verstanden. Sie hatte ihm einen Gefallen tun wollen, so wie sie ihm immer und immer wieder Gefallen tun wollte, nach denen er überhaupt nicht verlangt hatte. Nur deswegen hatte sie unbedingt mit ihm ins Resi gewollt, das müsse ihm doch gefallen, als Rheinländer, hatte sie gesagt und ihm die Karten für den Kostümball

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