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Der Sturm aus dem Nichts

Der Sturm aus dem Nichts

Titel: Der Sturm aus dem Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James G. Ballard
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Trümmer einer Welt vorüberjagten.
     
    Von Hardoons Raum in der Pyramide fuhren sie in einem kleinen Lift hinunter zum Verbindungstunnel zwischen Pyramide und den etwa zweihundert Yards entfernten Bunkern. Mißtrauisch, in dem Bewußtsein des massiven Bauwerks über seinem Kopf, schritt Maitland über den feuchten Beton und zählte die Lampen an den Tunnelwänden.
    Als sie sich der Mitte des Tunnels näherten, begann der Boden unter ihren Füßen leicht zu schwanken. Aus dem Gleichgewicht gebracht, taumelte Maitland gegen die Wand. Der Wachmann stützte ihn mit einer Hand. Maitland dankte dem Mann und bemerkte den Ausdruck von Angst auf dessen Gesicht.
    »Was ist los?« fragte Maitland.
    Der Wachmann, ein großer, schlanker Junge mit Bartstoppeln im Gesicht sah ihn finster an. »Was meinen Sie?«
    Maitland schwieg einen Augenblick. »Sie sehen ängstlich aus.«
    Der Wachmann warf ihm einen drohenden Blick zu, dann murmelte er Unverständliches. Sie gingen weiter. Im Gang stand Wasser, etwa einen Zoll hoch. Maitland merkte deutlich, daß sich die Tunnelwände bewegten.
    »Wie tief sind wir hier unten eigentlich?« fragte er. »Fünfzig Fuß. Vielleicht jetzt auch weniger.«
    »Soll das heißen, daß jetzt auch der Unterboden weggetragen wird? Großer Gott, dann stehen die Bunker ja wohl bald ganz im Freien! Woraus besteht denn der Untergrund hier? Aus Lehm?«
    »Keine Ahnung«, erwiderte der Wachmann. »Kies oder so, glaube ich.«
    »Kies?« Maitland blieb stehen.
    »Was haben Sie gegen Kies?« fragte der Wachmann mürrisch.
    »Nichts. Nur ist er ziemlich lose.« Maitland zeigte auf die Tunnelwände und fragte: »Warum lecken die? Weil sie sich bewegen. Irgendwo müssen sie gerissen sein.«
    Der Wachmann zuckte die Achseln. »Dann warten Sie mal, bis Sie die Bunker sehen! Da ist es wie in einer Schiffsbilge.«
    »Aber die Wände bewegen sich doch nicht tatsächlich, oder?« Maitland untersuchte einen der feinen Risse oben an der Decke. Nach unten zu wurde er breiter, bis er unter ihren Füßen mindestens sechs Zoll weit auseinanderklaffte. Unaufhaltsam drang hier Wasser ein und breitete sich auf dem Betonboden aus.
    »Gestern waren zwei Bauingenieure hier unten«, berichtete ihm der Wachmann vertraulich. »Sie sagten irgend etwas von einem unterirdischen Strom, der den Boden löst oder so.«
    »Sie sollten den Alten lieber warnen«, meinte Maitland. »Wenn der Tunnel hier absäuft, ist er abgeschnitten.«
    »Ach, das macht nichts. Der hat alles, was er braucht, da oben. Ganze Kühlschränke voll Lebensmittel und Wasser und seinen eigenen Generator.«
    Unruhig sah sich der Wachmann im Tunnel um. Während sie auf Kroll warteten, sah sich auch Maitland um und bemerkte, daß sich der Tunnel in der Mitte ziemlich gesenkt hatte. Von der Senke aus stiegen die beiden Teile im Winkel von zwei, drei Grad auf.
    Kroll voraus, schritten sie durch einen Irrgarten von Gängen, Treppen und schwach erhellten Rampen, durchzogen von riesigen Lüftungsschächten und Stromkabeln. Unaufhörlich arbeiteten die Generatoren. Hin und wieder sah Maitland durch offene Türen in winzige Zellen hinein, wo hemdsärmelige Männer inmitten ihrer Ausrüstung auf provisorischen Bettgestellen hockten.
    Über eine Treppe stiegen sie in die unterste Etage des Bunkersystems hinunter. Maitland schätzte, daß hier im ganzen etwa vierhundert Mann untergebracht und außerdem genügend Vorräte für sechs Monate vorhanden waren.
    Endlich waren sie unten angekommen und betraten einen feuchten, schmalen Gang, eine Sackgasse, an deren Ende unter einer Laterne zwei Wachen saßen. Sie sprangen auf, als sich Kroll näherte, und grüßten beflissen. Dann schlossen sie rechterhand eine schmale Tür auf.
    Kroll winkte Maitland heran, stieß ihn brutal durch die Tür und schlug sie hinter ihm ins Schloß.
    Hier endlich fand Maitland seine Gefährten wieder. Im matten Licht einer roten Sturmlampe hockten sie auf ihren Betten. Lanyon stieß einen Jubelruf aus, als er Maitland sah, und half ihm, die Jacke auszuziehen. Patricia Olsen steckte ihm eine Zigarette an, und Maitland streckte sich dankbar auf einer der harten Roßhaarmatratzen aus.
    »Sie haben mit ihm gesprochen, nicht wahr, Doktor?« fragte Lanyon, als Maitland sich ein wenig ausgeruht hatte. »Und er hat Ihnen alles über seinen moralischen Widerstand gegen den Wind erzählt, ja?«
    Maitland nickte, die Augen vor Müdigkeit halb geschlossen. »Alles. Er hat mir sogar gezeigt, wie der Wind an sein

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