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Der Südstern oder Das Land der Diamanten

Der Südstern oder Das Land der Diamanten

Titel: Der Südstern oder Das Land der Diamanten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Vandergaart dem Edelstein eine der jetzt durch langen Gebrauch eingeführten Formen, welche alle unter die folgenden Abtheilungen fallen: Der »Brillant von doppeltem Gut«, der »Brillant von einfachem Gut« und die »Rosette«.
    Der doppelte Brillant besteht aus vierundsechzig Facetten, einer Tafel und der Culasse.
    Der Brillant von einfachem Gut bildet oben nur die Hälfte des vorigen. Die Rosette hat nur einen flachen Untertheil und einen kuppelartig von Facetten unterbrochenen Obertheil.
    Ausnahmsweise hatte Jacobus Vandergaart wohl auch eine »Briolette«, d. h. einen Diamant zu schneiden, der ohne ein eigentliches Ober-oder Untertheil mehr die Gestalt einer Birne hat. In Indien versieht man die Brioletten mit einem Loche in der Nähe des dünneren Endes, um eine Schnur hindurch zu ziehen.
    »Pendeloques« dagegen, welche der alte Steinschneider weit häufiger unter die Hände bekam, bilden nur Halbbirnen mit Tafel und Culasse, die an der Vorderseite Facetten tragen.
    Wenn der Diamant geschnitten ist, muß er, um vollkommen zu sein, noch polirt werden. Das geschieht mittelst einer Art Schleifscheibe aus hartem Stahl von etwa achtundzwanzig Centimeter Durchmesser, welche parallel mit der Tischplatte läuft und sich, getrieben von einem großen Schwungrad mit Handgriff, zwei-bis dreitausendmal in der Minute dreht. Gegen diese eingeölte und mit, von früheren Schliffen herrührendem Diamantstaub überpuderte Scheibe drückte Jacobus Vandergaart eine nach der anderen die Seiten seines Steines, bis dieselben eine hinreichende Politur angenommen hatten. Das Schwungrad wurde bald von einem kleinen Hottentotten in Bewegung gesetzt, den er tageweise miethete, bald von einem Freunde wie Cyprien, der sich nicht nehmen ließ, ihm diesen Dienst gelegentlich aus Gefälligkeit zu erweisen.
    Während der Arbeit wurde dann munter geplaudert. Ost schob Jacobus Vandergaart die Brille auf die Stirn und hielt kurze Zeit inne, um irgend eine Geschichte aus vergangener Zeit zu erzählen.
    Von Südafrika, das er seit vierzig Jahren bewohnte, wußte er sehr viel zu berichten. Daß seine Unterhaltung einen eigenen Reiz hatte, lag darin, daß sie die Ueberlieferungen des Landes widerspiegelte, welche noch heute frisch im Andenken sind.
     

    »Wir zogen immer weiter…« (S. 59.)
     
    Vor Allem wurde der alte Steinschneider niemals müde, seinen patriotischen und persönlichen Kummer zu schildern. Die Engländer waren in seinen Augen die abscheulichsten Diebe, welche die Erde je gesehen. Die Verantwortlichkeit für seine wohl etwas übertriebenen Anschauungen muß auf ihm ruhen bleiben, doch kann man ihm dieselben wohl einigermaßen verzeihen.
     

    Jacobus Vandergaart. (S. 61.)
     
    »Das ist nicht zu verwundern, wiederholte er gern, daß die Vereinigten Staaten von Nordamerika sich für unabhängig erklärt haben, ebenso wie Indien und Australien bald dasselbe thun dürften. Welches Volk möchte eine solche Tyrannei ertragen?… O, Herr Méré, wenn der Welt alle die Ungerechtigkeiten bekannt wären, welche diese auf ihre Geldsäcke und ihre Macht zur See so stolzen Engländer verübt haben, dann hätte die menschliche Sprache nicht Ausdrücke genug, sie ihnen in’s Gesicht zu schleudern.
    »Soll ich Ihnen erzählen, was sie mir, mir, der ich mit Ihnen spreche, angethan haben? fuhr Jacobus Vandergaart fort. Hören Sie mich an und dann werden Sie ja urtheilen können, ob man darüber zweierlei Meinung sein kann.«
    Da Cyprien ihm versicherte, daß ihm das große Freude machen werde, fuhr das Männchen fort wie folgt:
    »Ich bin in Amsterdam im Jahre 1806 auf einer Reise, die meine Eltern dahin gemacht hatten, geboren. Später kam ich dahin zurück, um mein Geschäft zu erlernen; meine ganze Kindheit verlief dagegen am Cap, wohin meine Familie schon vor fünfzig Jahren ausgewandert war. Wir waren Holländer und stolz darauf es zu sein, als Großbritannien sich plötzlich der Colonie – provisorisch, wie es hieß – bemächtigte. John Bull läßt aber nicht wieder los, was er einmal gepackt, und 1815 wurden wir durch das auf einem Congreß versammelte Europa feierlich für Unterthanen des Vereinigten Königreichs erklärt.
    »Ich frage Sie, was hatte Europa sich in die Angelegenheiten unserer afrikanischen Provinzen einzumischen?
    »Ja, für englische Unterthanen, aber wir wollten das nicht sein, Herr Méré! In der Ueberzeugung, daß Afrika groß genug sei, uns ein Vaterland zu geben, das uns, uns allein gehörte, verließen wir die

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