Der Südstern oder Das Land der Diamanten
geschickt wo er in der Weltausstellung auf dem Marsfelde im Jahre 1867 eine Stelle fand. Seit dieser Zeit ist dem Boden im Griqualande alljährlich an Diamanten ein Werth von 32 Millionen Mark entnommen worden. Als merkwürdiger Umstand verdient angeführt zu werden, daß das Vorkommen von Diamantenlagerstätten in diesem Lande früher einmal bekannt gewesen und später wieder vergessen worden ist. Alte Landkarten aus dem fünfzehnten Jahrhundert tragen an solchen Stellen die Bemerkung: »
Here Diamonds
« = »Hier gibt es Diamanten.«
Sechstes Capitel.
Lagergebräuche.
Man wird gerne zugestehen, daß der Inhalt dieses Gesprächs für den jungen Ingenieur nicht besonders angenehm war. Er konnte einer solchen Bemäkelung der Ehrenhaftigkeit des Mannes, den er noch immer heimlich als zukünftigen Schwiegervater betrachtete, keinen Geschmack abgewinnen. Deshalb gewöhnte er sich auch bald, die Ansichten des Jacobus Vandergaart über die Angelegenheit mit der Kopje als einer fixen Idee entsprungen zu betrachten, von der man gewiß Vieles abziehen müsse.
John Watkins, dem gegenüber er diese Sache einmal mit zwei Worten erwähnte, hatte erst statt aller Antwort laut aufgelacht und dann den Zeigefinger unter Kopfschütteln an die Stirne gelegt, wie um auszudrücken, daß es mit dem Verstande des alten Vandergaart nicht mehr ganz richtig sei.
War es denn nicht wirklich möglich, daß der Greis unter dem Eindruck der Entdeckung der Diamantenmine sich ohne hinreichenden Grund nur in den Kopf gesetzt hatte, dieselbe sei eigentlich sein Eigenthum? Jedenfalls hatte doch das Gericht ihm allseitig Unrecht gegeben, und man durfte doch als unwahrscheinlich ausschließen, daß die Richter absichtlich Recht für Unrecht angesehen hatten. Das sagte sich der junge Ingenieur zur Selbstentschuldigung, wenn er noch ferner mit John Watkins Umgang pflog, nachdem er erfahren, was Jacobus Vandergaart über diesen dachte.
Ein anderer Lagernachbar, bei dem Cyprien gelegentlich einmal gern vorsprach, weil er bei diesem das Leben des Boers in seiner ursprünglichen Färbung antraf, war ein Farmer Namens Mathys Pretorius, der unter allen Diamantengräbern des Griqualandes wohl bekannt war.
Obgleich erst vierzig Jahre alt, war doch Mathys Pretorius schon lange am weiten Becken des Oranjeflusses herumgeirrt, ehe er sich in diesem Lande ansiedelte. Das Nomadenleben hatte auf ihn aber nicht, wie auf Jacobus Vandergaart, die Wirkung, ihn magerer und reizbarer zu machen. Er war dabei vielmehr dick und fett, und das in solchem Maße geworden, daß er sich kaum auf den Füßen bewegen konnte. Man hätte ihn mit einem Elephanten vergleichen können.
Fast stets in einem ungeheuren Holzlehnstuhle sitzend, der ganz eigens für ihn gebaut war, um seine gewaltigen Körperformen aufzunehmen, verließ Mathys Pretorius das Haus nur im Wagen, in einer Art Preschwagen aus Weidengeflecht, vor den ein riesiger Strauß gespannt war. Die Leichtigkeit, mit welcher der Stelzfüßler die enorme Masse hinter sich herzog, lieferte einen sprechenden Beweis für die gewaltige Kraft seiner Muskeln.
Mathys Pretorius kam gewöhnlich nur nach dem Lager, um mit den Cantinenwirthen einen Handel in Gemüse abzuschließen. Er war höchst populär, leider von wenig beneidenswerther Popularität, weil diese sich auf seine ganz außergewöhnliche Verzagtheit gründete. Die Steingräber machten sich’s auch häufig zum Vergnügen, ihm durch Erzählungen von tausend Dummheiten einen entsetzlichen Schrecken einzujagen.
Bald wurde ihm ein bevorstehender Einfall von Basutos oder Zulus gemeldet; bald wieder stellte man sich in seiner Gegenwart so, als lese man in einer Zeitung einen Gesetzvorschlag, wonach in den englischen Besitzungen jedes Individuum von über dreihundert Pfund Gewicht den Tod erleiden sollte Oder man ließ ihn auch hören, daß sich ein toller Hund auf der Straße von Driesfontein gezeigt habe, und der arme Mathys Pretorius, der diesen Weg einschlagen mußte um nach Hause zu gelangen, erfand dann tausend Ausflüchte, um im Lager zurückzubleiben. Seine eingebildeten Befürchtungen verschwanden jedoch noch immer gegenüber der ernsthaften Angst, die ihn wegen etwaiger Entdeckung einer Diamantenmine auf seinem Grund und Boden plagte.
Lî mit seinem Wäschkorb. (S. 67.)
Er entwarf sich schon im Voraus ein entsetzliches Gemälde von dem, was dann geschehen müsse, wenn die habgierigen Menschen über seinen Gemüsegarten herfielen, seine Beete umwühlten und
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