Der suendige Engel
Sas-Bahu, geopfert wurden.
Und niemand wußte, was zuvor mit ihnen angestellt wurde. Es hieß, daß auch der Vampirkönig selbst zuvor noch sein Vergnügen mit den Opfern hatte - ohne deren Jungfräulichkeit zu betasten. Aber es gab zahlreiche Greuelgeschichten darüber, was er ansonsten mit ihnen anstellte.
»Da haben wir ja noch jemanden«, sagte einer der Vampire. Sie waren so weit heran, daß Nizams Versteckspiel nutzlos geworden war. Obwohl sie innerlich in Aufruhr war, trat sie mit aufrechter Gestalt aus ihrem Versteck heraus. Das Mondlicht verfing sich in ihren schönen Gesichtszügen und umfloß ihre fast vollendete Figur.
Die Blicke der Häscher huschten gierig über ihren Körper. Nizam spürte die Blicke fast körperlich, so als strichen die rauhen Hände der Häscher bereits über ihre glatte, kühle Haut.
Es war kein unangenehmes Gefühl. Unter anderen Umständen hätte sie die Blicke der Männer vielleicht sogar genossen.
Jetzt aber überdeckte die Angst ihr Verlangen.
Dennoch: Sie dachte nicht daran, sich vor diesen Kerlen zu demütigen.
»Was wollt ihr von mir?« fragte sie mit fester Stimme.
»Wir sind auf der Suche nach einem Täubchen wie dir«, sagte einer der Häscher. Sie waren nun so weit herangekommen, daß sie einen Halbkreis um Nizam bildeten. Wohlgefällig wanderten ihre Blicke noch immer über ihren Körper.
Nizam war hochgewachsen, und ihr Gewand betonte die vollendeten Rundungen ihres Körpers mehr als daß es sie verbarg. Selbst die Knospen ihrer voll erblühten Brüste zeichneten sich unter dem dünnen Stoff ab.
»Unser aller Herr wird zufrieden mit dir sein. So schnell wie heute war unsere Suche noch nie von Erfolg gekrönt. Natürlich werden wir uns erst noch vergewissern müssen, daß du eine Jungfrau bist.«
Die Häscher lachten grausam. »Und wenn nicht ... nun, in diesem Fall kannst Du uns noch viel Freude bereiten.«
»Wenn ihr mich anrührt, werdet ihr es büßen!« rief Nizam. »Mein Vater wird euch bis in euer schändliches Grab verfolgen!«
Die Drohung schien die Vampire nur noch mehr zu erheitern.
»Wer sich gegen den König auflehnt, ist des ewigen Todes«, antwortete einer der Häscher. »Du weiß genau, welche Nacht heute ist. Die Nacht des Hundertsten Mondes. Die Nacht, in der wir unserem Gründervater Gandhara Sas-Bahu Ehre und Dank zu erweisen haben. Du hast dein Schicksal selbst gewollt, wenn du dich in dieser Nacht hier draußen herumtreibst.«
Der Ring schloß sich dichter um sie. Eine feste Hand griff nach ihrer Schulter.
»Nein!«
Nizam schrie auf. Blitzartig tauchte sie unter dem Arm des Häschers hinweg. Die Überraschung war auf ihrer Seite. Die Vampire hatten nicht mit Widerstand gerechnet. Vor allen Dingen nicht mit Nizams Schnelligkeit.
Wie der Blitz befreite sie sich aus dem Halbkreis der Häscher und lief davon. Instinktiv war sie der Versuchung nahe, ihre vampirische Fähigkeit, sich in eine Fledermaus zu verwandeln, zu entfalten, um sich mit ledrigen Schwingen in die Nacht zu erheben.
Aber die Metamorphose hätte wertvolle Zeit gekostet. Zeit, in der ihre Verfolger sich vielleicht schon auf sie gestürzt und sie überwältigt hätten.
Außerdem würde keine Macht der Welt sie davon abhalten, sich ebenfalls in Fledermäuse zu verwandeln, um ihr in die Lüfte zu folgen. Nein, vielleicht boten die verwinkelten Gassen Al'Theras mehr Chancen, ihrem Schicksal doch noch zu entkommen.
Al'Thera bestand aus fünf ringförmig angeordneten Teilen, deren fünfter, äußerer Ring die Stadtmauer bildete. Nizam befand sich auf den Straßen des vierten Rings. Sie konnte die hohen Wälle der Stadtmauer bereits sehen.
Es war die falsche Richtung! Dort würde sie nur den Wachen in die Hände fallen! Sie schlug ein paar Haken und tauchte in den engen Gassen zwischen den Häusern unter. Die Häscher folgten ihr dichtauf. Sie hörte kaum deren Schritte, weil sie sich mit der Gewandtheit von Raubtieren bewegten. Dunkle Schatten, deren Jagdinstinkt nun vollends erwacht war.
Aber auch Nizams Urinstinkte waren nun vollends erwacht. Sie erinnerte an eine nachtschwarze Katze, die mit den Schatten verschmolz.
Kurz bevor sie eine Querstraße erreichte, tauchten vor ihr plötzlich weitere Vampire auf. Nizam sprang zur Seite und huschte in eine enge Passage.
Ihre Flucht kam ihr plötzlich so sinnlos vor. Wohin sollte sie sich wenden? Letztlich würde sie im Kreis laufen. Und ihre Verfolger wurden immer zahlreicher. Wahrscheinlich steckten sie hier überall und
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