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Der Tag, an dem das UFO vom Himmel fiel

Der Tag, an dem das UFO vom Himmel fiel

Titel: Der Tag, an dem das UFO vom Himmel fiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Halperin
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wenn du diesen Brief beantwortest? Danke.)
    Sandra und ich saßen auf der Couch, während Sergeant Pepper und seine Lonely Hearts Club Band aus dem Plattenspieler kam. Es gab keinen Alkohol auf dieser Party, aber ich fühlte mich betrunken. Ich erklärte Sandra, obwohl ich nicht an Gott glaube, wünschte ich doch, es gäbe einen Tag des Jüngsten Gerichts, damit ich weiß, dass es im Universum Gerechtigkeit gibt und ich bekomme, was ich verdient habe – was es auch sein mag.

    Ich sagte ihr: »Selbst wenn ich verdammt würde, wollte ich gerichtet werden.« Was besser ist als die Alternative, nämlich ohne Urteil verdammt zu sein, doch das habe ich ihr nicht gesagt, weil ich nicht glaubte, dass sie es verstehen würde. Ich ließ meine Hand auf ihrem Arm, und sie nahm ihren Arm nicht weg. Nach einer Weile küsste ich sie, wie die meisten um uns herum es taten. Anfangs erwiderte sie den Kuss. Dann machte sie sich los.
    Sie sagte: »Ich habe einen Freund.«
    Er studiert im zweiten Jahr an der Rutgers University. Sie hat ihn im Sommer kennengelernt, als ich in Israel war, und durch ihn ist sie mit der Anti-Vietnamkriegsbewegung in Kontakt gekommen. Wir unterhielten uns über Vietnam, was einfacher war, als über ihren Freund zu reden. Wir waren uns einig, dass der Krieg falsch war, dass alle Kriege falsch sind, weil damit nie irgendwas erreicht wird. Selbst ein Krieg wie eurer, den ihr – wie ich weiß – führen musstet, weil die Araber euch sonst alle getötet hätten. Selbst wenn ein Krieg in sechs Tagen gewonnen werden kann, wie es bei euch der Fall war.
    Und doch muss es wundervoll gewesen sein, als die beiden Städte eins wurden und Juden und Araber sich umarmten und auf den Straßen tanzten. Sag mir – warst du dort, an jenem Tag? Und Rochelle?
     
    Ich muss wohl unglücklich ausgesehen haben. Sandra muss gemerkt haben, dass sich meine Miene verfinsterte. Gerade hatte ich versucht, mein erstes Mädchen zu küssen, und bekam zu hören, dass sie mit einem anderen ging! Nach einer Weile nahm sie meine Hand.
    »Keine Sorge«, sagte sie. »Am College wirst du bestimmt eine Freundin haben. Die Mädchen da werden dich mögen.«
    Das kann ich nur hoffen.

    Bald ist der August vorbei. Noch dreieinhalb Wochen, dann fährt mich mein Vater rauf zum College, und ich wohne nicht mehr zu Hause. Ich habe endlich meinen Führerschein, also könnte ich auch mal das Fahren übernehmen, wenn er mich nicht allzu nervös macht.
    Ich gehe zur Carthage University. Es ist dasselbe College, auf dem auch meine Eltern waren, wo sie sich vor dem Zweiten Weltkrieg kennengelernt haben. Mrs Colton war auch dort. Damals hieß sie noch nicht »Colton«. Ich glaube, sie und mein Vater waren ein Paar, bevor er meine Mutter kennenlernte. Ich glaube, sie haben die Beziehung sogar noch aufrechterhalten, nachdem er geheiratet hatte, sogar nachdem meine Mutter krank wurde. Vielleicht besonders nachdem sie krank wurde.
    Habe ich dir je von dem Brief erzählt, den mein Vater bekam, im Frühling, bevor meine Mutter starb? Der mit »Me(g) hitabel C.« unterschrieben war, den sie aufgemacht hat und der sie zum Weinen brachte, in ihrem letzten Frühling auf Erden? Natürlich war »Me(g)hitabel C.« Meg Colton.
    Ich schätze, aus Loyalität zu den Toten sollte ich Mrs Colton hassen. Aber vor allem langweilt und nervt sie mich.
    Als Dad uns letzten März einander vorstellte, kreischte sie mich erst mal an: »Meine Güte, du bist deiner Mutter ja wie aus dem Gesicht geschnitten!« Ich glaube, seitdem meint sie, ich bin meine Mutter und komme von den Toten, um sie für das, was sie getan hat, zu richten, weil sie sich an meinen Mann herangemacht hat, als ich im Sterben lag. Deshalb waren sie so erpicht darauf, mich diesen Sommer wieder nach Israel zu schicken, damit ich nicht im Weg war, damit sie bei dem, was sie tun, kein schlechtes Gewissen haben müssen. Bei dem, was sie damals getan haben …
    Natürlich.

    Deshalb durfte ich letzten Sommer nach Israel fahren.
    Damit ich nicht dabei war, damit ich nichts von ihm und Mrs Colton erfuhr.
    Er hätte mich aufhalten können. Er wusste, dass sie sterben würde. Ich wusste es auch, aber ich konnte es nicht zugeben, weil ich so dringend aus diesem Haus rausmusste. Er hätte sich mit mir hinsetzen und sagen können: Junge, du hast deine Reise ehrlich gewonnen, aber du kannst nicht fliegen. Nicht dieses Jahr. Nächsten Sommer, ja, das verspreche ich dir, aber nicht jetzt, denn sie ist sehr krank, und wenn du

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