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Der Tag, an dem John Dillinger starb

Der Tag, an dem John Dillinger starb

Titel: Der Tag, an dem John Dillinger starb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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Aufseher dabei?«
     »Nein.«
     »Und unten im alten Gefängnis?«
     »Dort hab ich vorhin Hilfssheriff Blunk gesehen«, berichtete der Alte eifrig.
     »Gut, den schnappen wir uns anschließend.«
     Dillinger trat in den langen Korridor zwischen den vergitter­
    ten Zellen hinaus. Dort hielten sich rund ein Dutzend Männer auf: die aus zuverlässigen Häftlingen bestehende Putzkolonne. Die Kalfaktoren, deren Tagesarbeit jetzt begann, klapperten mit Eimern und Schrubbern und unterhielten sich gut gelaunt miteinander.
     Dillinger trat auf die Gruppe zu und blieb stehen. Der vorder­ ste Häftling nahm ihn fast augenblicklich wahr; er war dabei gewesen, seinen Mop auszuwringen, aber jetzt erstarrte er mitten in dieser Bewegung und glotzte Dillinger sprachlos an. Sein Schweigen erfaßte die anderen wie eine Welle. Plötzlich war es mäuschenstill.
     »In die Zelle mit euch!«
     Dillinger machte eine Bewegung mit der Pistole und trat einen Schritt zurück, um die Männer vorbeizulassen, als sie nacheinander in der Zelle verschwanden. Es gab keine Schwie­ rigkeiten, aber bei Männern dieser Art hatte er auch keine erwartet.
     »Du bleibst hier«, wies er Youngblood an. »Ich hol dich später ab.« Er nickte Cahoon zu. »Los, wir müssen weiter!«

    Als Hilfssheriff Ernest Blunk, der im ersten Stock Dienst hatte, Cahoon seinen Namen rufen hörte, kam er, ohne zu zögern, die Treppe herauf – und stand Dillinger gegenüber, der eine
    schußbereite Pistole in der Hand hielt.
     »O Gott, o Gott«, sagte Blunk, der in diesem Augenblick mehr Angst als je zuvor in seinem Leben hatte.
     Dillinger nahm ihm die Pistole ab, die er in einem Halfter an der rechten Hüfte trug, und steckte sie in seine Jackentasche. »Ist sonst noch jemand dort unten?«
     Blunk, ein vernünftiger Mann, unternahm keinen Täu­ schungsversuch. »Niemand, Mr. Dillinger.«
     »Und der Direktor?«
     »Mr. Baker ist in seinem Büro im Erdgeschoß.«
     »Okay, dann gehen wir runter und holen ihn.« Er schob Ca­
    hoon den Flur entlang zu Youngblood, der mit dem Schlüssel in der Hand vor ihrer ehemaligen Zelle stand. »Sperr ihn zu den anderen und wart hier auf mich.«
     Wie Blunk gesagt hatte, war der Korridor im ersten Stock menschenleer. An der Treppe im Erdgeschoß angelangt, blieben sie stehen.
     »Los, Sie wissen, was Sie zu tun haben!« drängte Dillinger flüsternd.
     Blunk nickte seufzend. »He, Lou, du wirst hier oben ver­ langt!« rief er.
     »Von wem denn, verdammt noch mal?« erkundigte sich eine Stimme, und an der Treppe erschien Lou Baker, der Gefäng­ nisdirektor, und eilte hinauf. Er hatte schon fast die oberste Stufe erreicht, als er den Kopf hob und Dillinger mit einer Pistole in der Hand vor sich stehen sah.
     Baker erstarrte mitten in der Bewegung, blieb jedoch unter diesen Umständen erstaunlich ruhig.
     »Johnny, was soll der Unsinn, verdammt noch mal? Hier kommen Sie doch nicht raus! Allein der Haupteingang wird von mindestens zehn Nationalgardisten mit Maschinenpistolen bewacht.«
     »Na, das wird die Sache erst interessant machen«, meinte Dillinger gelassen. »Los, rauf mit euch beiden!«
    Kurze Zeit später sperrte Youngblood Blunk und den Ge­
    fängnisdirektor zu den anderen in die Zelle. Er schloß hinter ihnen ab. »Okay, wie geht’s jetzt weiter?«
     »Du bleibst vorerst hier«, erklärte Dillinger ihm. »Ich komme gleich wieder.«
     »Sie würden mich doch nicht im Stich lassen, Mr. Dillinger?« fragte Youngblood besorgt.
     »Eines mußt du dir bei mir vor allem merken«, sagte Dillin­ ger. »Ich hab mein Leben lang noch keinen Menschen im Stich gelassen!« Er machte kehrt und ging den Korridor entlang davon.

    Der Wachhabende an der abgesperrten Gittertür, die den Zugang zu den Büroräumen an der Vorderfront des Gefängnis­ gebäudes sicherte, war an diesem Morgen ein Kalfaktor, der an seinem Schreibtisch saß und eine Zeitung las. Die Schlagzeile verkündete: Staatsfeind Nummer eins endlich hinter Gittern. Daneben war Dillinger abgebildet. Als der Kalfaktor auf ein leises Pochen hin den Kopf hob, sah er Dillinger in Person mit einer Schußwaffe in der Hand jenseits des Gitters vor sich stehen.
     »Sperr auf!« verlangte Dillinger flüsternd.
     Der Kalfaktor hätte beinahe seinen Schlüsselbund fallen lassen, so eifrig bemühte er sich, diesem Befehl nachzukom­ men. Die Tür zu den Büroräumen stand halb offen; hinter ihr war ein Pfeifen zu hören.
     »Wer ist das?« fragte Dillinger

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