Der Tag Delphi
zuzusehen, wie das Land sich selbst ruiniert, und heute hatte es den Anschein, als hätten wir die ganze Zeit über recht gehabt.«
Cleese schob die Haare an der rechten Seite seines Kopfes zurück, wo eine häßliche Narbe zum Vorschein kam. »Das ist mein Andenken an die 68er Konferenz in Chicago. Von einem Bullen mit Schlagstock. Damals bin ich in die Knie gegangen. Und er hat nur gegrinst. Das genau ist die Mentalität, die die Dinge so lange beim Alten läßt, bis sie sich von selbst erledigen. Es ist wahrscheinlich das Höchste, was wir jemals erreichen werden, das Land vor diesem Bullen mit dem Schlagstock zu retten. Aber was soll's? Das ist schon genug.«
»Was soll das heißen, Häuptling?« fragte Sal Belamo, nachdem sich bei dem Anschluß, an den er und Johnny Wareagle den Bericht über ihre Fortschritte weiterleiten sollten, niemand meldete.
Sie hatten jetzt schon seit fast zwei Tagen daran gearbeitet und den Miravo-Luftwaffenstützpunkt in einem immer größeren Umkreis auf der Suche nach dem nuklearen Waffenlager von Delphi durchkämmt. Mit dem Hubschrauber, den man ihnen zur Verfügung gestellt hatte, konnten sie ein sehr großes Terrain absuchen, bis jetzt jedoch ohne Erfolg. Als Johnny an diesem frühen und klaren Samstagmorgen zu dem kleinen Landeplatz zurückkehren mußte, um die Maschine wieder auftanken zu lassen, hatte er die Gelegenheit genutzt, den Stand der Dinge an die Nummer zu übermitteln, die man ihnen gegeben hatte. Daß am anderen Ende der Leitung niemand antwortete, ließ vermuten, daß der schlimmste Fall eingetreten war oder bald eintreten würde.
»Meinst du, wir sollten die Sache abblasen und nach Hause gehen, Häuptling?«
»Nein, Sal Belamo. Unsere Aufgabe ist nach wie vor, die Atomwaffen zu finden. Um das übrige kümmert sich Blainey.«
Sie liefen über das Rollfeld und bestiegen wieder den Hubschrauber.
»Schlechte Neuigkeiten«, berichtete Tom Wainwright, der Pilot, und blickte von seinen Instrumenten auf. »Da braust ein ziemlich heftiger Sturm durch die Rockies heran. Innerhalb einer Stunde wird genau über unserem Zielgebiet ein Blizzard toben.«
»Der nächste Flugplatz ist vierzig Minuten entfernt«, sagte Wareagle. »Bringen Sie uns dorthin.«
Der Sturm hatte bereits eine dünne Schneedecke über das Landefeld geweht, als sie dort eintrafen. Ein paar Minuten später, so sagte Wainwright, hätte der Wind eine Landung unmöglich gemacht.
»Wenn sie nichts dagegen haben, würde ich mich jetzt gern wieder auf die Socken machen.«
»Ihr Job ist noch nicht beendet«, sagte Johnny zu dem Piloten, während Sal aus dem Hubschrauber stieg, um nach dem Fahrzeug zu sehen, das hier auf sie warten sollte. »Sie müssen für mich eine Nachricht überbringen.«
Tom Wainwright sah Johnny an. »Nach Washington?«
»Nein«, sagte Wareagle und gab ihm einen Zettel. »Arizona.«
Wainwright studierte die Koordinaten, die auf dem Zettel standen. »Ich werde eine Ewigkeit brauchen, bis ich mit dem Hubschrauber dort bin.«
Johnny zeigte auf die drei Learjets, die direkt neben dem Rollfeld standen. »Man hat uns eine dieser Maschinen zur Verfügung gestellt. Wenn Sie die Koordinaten erreicht haben, geben Sie dem Verantwortlichen das hier.« Damit reichte er Wainwright einen Umschlag, in dem sich zwei Seiten befanden, die er mit der bestmöglichen Handschrift beschrieben hatte, die er während des unruhigen Fluges bewerkstelligen konnte.
»Sind Sie sicher, daß man mich dort landen läßt?«
»Geben Sie die Kennzeichnung durch, die unter den Koordinaten steht.«
Wainwright riß die Augen auf. »Was zum …« Er sah Wareagle an. »Ich war schon mal dort. Diese Kennzeichnung ist fünfundzwanzig Jahre alt!«
»Genau deshalb wird man Sie auch landen lassen.«
Als Sal Belamo in einem GMC Jimmy mit Vierradantrieb auf das Rollfeld gefahren kam, war Wainwright bereits auf dem Weg zu den Learjets.
»Was jetzt?« fragte Sal durch das Fenster.
Der feine Schnee auf Johnnys Schultern und Haar brachte die kupferfarbene Farbe seiner Haut noch mehr zur Geltung. »Wir machen uns in südwestlicher Richtung auf den Weg in die Berge, die wir noch nicht gecheckt haben.«
Belamo seufzte, als er sich umdrehte und feststellte, daß der Blizzard den Himmel in dieser Richtung beherrschte, soweit er sehen konnte. »Ich hatte befürchte, daß du das sagen würdest.«
Das Colorado-Pfadfinderfähnlein 116 befand sich gerade auf Exkursion in der Wildnis der Rocky Mountains, als der Sturm einsetzte.
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