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Der Tag Delphi

Titel: Der Tag Delphi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Land
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Monument befand, schaltete er auf Vergrößerung. Sofort darauf wurde die Menschenschlange sichtbar, die noch immer draußen wartete. Das Bild war unglaublich scharf, wie der Präsident bemerkte, fast wie von einer Fernsehkamera, die einen Schwenk über die Tribüne bei einem Baseballspiel machte.
    »Ich könnte es Ihnen so nahe heranholen, daß Sie den Gesichtsausdruck eines dieser Touristen studieren könnten«, erklärte Cantrell. »Außerdem kann ich den Bildschirm in maximal sechzehn Segmente aufteilen, damit uns nichts entgeht.« Mit einem stolzen Lächeln führte er die Funktionen vor. »Ich habe mir gedacht, Sie würden vielleicht gern persönlich die Ereignisse des Tags Delphi verfolgen«, sagte der General, als er die Vorführung abgeschlossen hatte.
    Die Digitaluhr über der Tür zeigte 6:47:35 in hellen roten Ziffern an. Auf der übrigen Fläche der großen Wand befanden sich Landkarten verschiedener Regionen, auf denen der Fluß von Daten und Informationen als Gitternetz dargestellt war. Jede Netzlinie war erleuchtet – oder ›heiß‹, wie es im geläufigen Jargon hieß. Ein paar sporadische Lichtblitze zeigten Strom- oder Systemausfälle an, die schnellstens korrigiert wurden. Männer und Frauen auf Drehstühlen tippten Informationen in Tastaturen ein, die mit hochentwickelten Monitoren verbunden waren, die sich seitlich versetzt zwischen der Vorderwand und der Galerie befanden, wo der Präsident saß. Dies war der Routinebetrieb in Mount Weather, wo die Kommunikationen und Datenübermittlungen des Landes ständig überwacht wurden. Nur in einem vom Präsidenten verkündeten Ernstfall übernahm ein Notsystem, das als Prometheus bezeichnet wurde, die Priorität über dieses Netzwerk. Ansonsten blieb Mount Weather auf diese Weise über alle Vorgänge auf dem laufenden und sorgte sofort für Ausgleich, wenn sich irgendein Fehler im System zeigte.
    Cantrell trat hinter ein speziell trainiertes Überwachungsteam von Delphi, das die üblichen Angestellten ersetzt hatte und aufmerksam die Uhrzeit verfolgte. Kurz vor 6:50 ging er hinter die Wand zu einem schwarzen Kästchen, das in der Nähe der stählernen Zugangstür angebracht war. Als Vorsitzender der Stabschefs trug er jederzeit einen Originalschlüssel bei sich, der in den Schlitz paßte, durch den eine Reihe von Notstandsoperationen eingeleitet wurden. Er zog ihn aus der Tasche und hob das flache Ende hoch, so daß der Präsident es sehen konnte. Dann ließ er es in den dafür vorgesehenen Schlitz gleiten. Eine rote Lampe über dem Kästchen wechselte seine Farbe zu Grün. Cantrell drehte den Schlüssel herum.
    Ein roter Schalter kam mit einem Klicken zum Vorschein, als die Sicherheitsabdeckung zurückglitt. Die Uhr zeigte 6 Uhr 49 und 45 Sekunden an.
    »Ich stehe kurz davor, Ihre Amtszeit offiziell zu beenden«, teilte Cantrell dem Präsidenten mit.
    Um Punkt 6 Uhr 50 drückte er den Schalter in die Aus-Stellung. Eine Alarmsirene ertönte dreimal. Die Farben aller Netzlinien an der Vorderwand wechselten von Grün zu Rot. Der Alarm ertönte noch dreimal.
    Erschrocken sah der Präsident zu, wie das leuchtende Gitternetz, das wie ein Straßenplan für das gesamte Land aussah, von Ost nach West erlosch. Im selben Augenblick wurden die Satellitenkanäle, die für die Übertragung von Fernseh- und Radiosendungen verantwortlich waren, abgeschaltet. Menschen, die gerade ein Telefongespräche geführt hatten, wurden mitten im Satz oder Wort abgeschnitten. Jegliche Datenübertragung wurde unvermittelt eingestellt. Die Technik war unerbittlich, sie machte keine Ausnahmen. Prometheus hatte übernommen.
    Die Schlacht von Washington hatte offiziell begonnen.

Sechsunddreißigstes Kapitel
    McCracken und die Gruppe aus fünf Midnight Riders näherten sich dem Turm des alten Postamts aus verschiedenen Richtungen. Das ehemalige Hauptpostamt der Vereinigten Staaten und die spätere Verrechnungsstelle für Regierungsüberschüsse war zu einem großzügigen Einkaufszentrum namens Pavillon umgebaut worden. Das riesige Gelände im Innenhof bot jede Menge Raum zum Einkaufsbummel, viele Tische im Restaurantbereich des Pavillon luden zum Imbiß oder zur Mahlzeit ein, während durch das restaurierte Glasdach neun Stockwerke höher Tageslicht hereinströmte.
    Gleichzeitig hatte man sich mit der Aussichtsplattform auf dem zwölften Stockwerk und den berühmten Kongreßglocken um eine historisch gerechte Restaurierung bemüht. Das melodische Geläut war in der ganzen Stadt zu

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