Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tag der Dissonanz

Der Tag der Dissonanz

Titel: Der Tag der Dissonanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Dean Foster
Vom Netzwerk:
auszubrechen. Und wenngleich sie auch über kräftige und klare Stimmen verfügten, war doch kein einziges von ihnen fähig, auch nur anstandshalber die Andeutung einer Melodie wiederzugeben. So waren die Reisenden dazu gezwungen, den ganzen Weg bis Timswitz eine schier unendliche Serie gekreischter Lieder über sich ergehen zu lassen. Als einer der Passagiere die Verwegenheit aufbrachte, sich zu beschweren, wurde ihm nahegelegt, auszusteigen und lieber zu Fuß zu gehen.
    Darüber hinaus gab es unterwegs zwei unfahrplanmäßige Pausen, einmal als das Gespann hungrig wurde und stehen blieb, um auf einer saftigen Wiese zu grasen, durch welche sich der Weg praktischerweise gerade schlängelte; und ein zweites Mal, als die beiden Mähren ein hitziges Streitgespräch darüber begannen, welche von ihnen die schöneren Fesseln besaß. Als sie endlich in Timswitz ankamen, war es schon dunkel. »Kommt schon!« schnauzte der Leithengst. »Bewegt euch gefälligst, da hinten! Unser Stall wartet. Ich weiß ja, daß ihr alle bloß zwei Beine abgekriegt habt, aber das ist schließlich kein Grund, hier rumzulungern.«
    »Also wirklich!« Eine der empörten Reisenden war eine elegant gekleidete Füchsin. Ihre Rute war mit Goldketten durchwirkt, und ihr reichverzierter Hut hing ihr schrecklich schief über die Ohren, von der Holperfahrt der Kutsche durchgeschüttelt und verrückt. »In meinem ganzen Leben bin ich noch nie so unhöflich behandelt worden! Ich verspreche Ihnen, daß ich mich bei der nächstbesten Gelegenheit bei Ihrem Firmenmanager beschweren werde.«
    »Mit dem sprichst du gerade, Schwester«, sagte der Hengst.
    »Wenn du dich beschweren willst, dann tust du es besser gleich, von Angesicht zu Angesicht.« Er musterte sie von oben bis unten. »He, eigentlich solltest du dich dafür bedanken, daß wir dir die Extrapfunde nicht zusätzlich berechnet haben.«
    »Also wirklich!« Ihre Rute schlug dem Hengst über das Maul, als sie sich umdrehte und davonstolzierte, um ihr Gepäck zu holen.
    Nur die Tatsache, daß seine Gefährtin auf ihn einredete, hielt den Hengst davon ab, mit seinen Zähnen eine Portion aus dem flauschigen Anhang zu beißen.
    »Beherrsch dich, Dreal!« bat sie ihn. »Es lohnt sich nicht, die zahlende Fracht zu beißen. Ist eine miserable Öffentlichkeitsarbeit.«
    »Wette, die arbeitet nur in der Öffentlichkeit«, schnaubte er.
    »Was hält diese gestreiften Ratten da hinten auf? Ich brauche eine Striegelung und ein bißchen süßes Alfalfagras.«
    »Das weiß ich doch, Liebster«, sagte sie und drückte ihm dabei mit der Schnauze gegen den Hals. »Aber du mußt wirklich versuchen, eine professionelle Einstellung zu bewahren.«
    »Ja, ja, ich weiß«, hörte Jon-Tom den Hengst sagen, als er zur Station hinüber schritt. »Ist ja nur, daß ich manchmal glaube, wir wären besser dran gewesen, uns irgendwo einen kleinen Hof auf dem Land zu kaufen und ein paar Hausmäuse und vielleicht ein oder zwei Menschen für die Drecksarbeit anzuheuern.«
    Jon-Tom war der einzige, der ins Büro trat. Die Füchsin und die anderen Passagiere hatten sich bereits auf den Weg zu anderen Zielen begeben.
    »Kann ich Ihnen helfen?« fragte der ältliche Marder, der hinter einem niedrigen Schreibtisch saß. Mit seinem langgezogenen Oberkörper und seiner kurzen Hüftpartie erinnerte der Sekretär Jon-Tom an Mudge. Der Marder war allerdings noch schlanker, und anstelle von Mudges greller Kappe und hell leuchtender Weste und Hose trug er dunkle Shorts und ein ärmelloses weißes Hemd, einen Augenschutz und eine Zweistärkenbrille.
    »Ich bin fremd in der Stadt.«
    »Ich vermute, daß Sie überall fremd sind«, erwiderte der Marder ahnungsvoll.
    Jon-Tom ignorierte die Bemerkung. »Wo kann man als Besucher in Timswitz hingehen, wenn man sich ganz harmlos vergnügen und unterhalten will?«
    »Nun, hm«, antwortete der Marder steif, »ich selbst habe Familie. Versuchen Sie es mal im Goldenen Seehund. Dort gibt es Folklore-Darbietungen unterschiedlichster Art und gelegentlich auch ein Saitentrio aus Kolansor.«
    »Sie haben mich wohl nicht recht verstanden.« Jon-Tom grinste vielsagend. »Ich will mich amüsieren, aber nicht mit Kultur.«
    »Verstehe.« Der Marder seufzte. »Na schön, wenn Sie die Hauptstraße bis zur Geburtslilienallee und diese bis zum Ende entlanggehen, stoßen Sie auf zwei kleine Seitenstraßen, die in zwei getrennte Sackgassen führen. Nehmen Sie die nördliche. Wenn der Gestank und der Lärm nicht genügen

Weitere Kostenlose Bücher