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Der Talisman (German Edition)

Der Talisman (German Edition)

Titel: Der Talisman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth von Bismarck
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Zauberei hat das nichts zu tun! Wir Mönche zaubern nicht. Die Fähigkeiten, die dich so erstaunen, sind uns durch die Konzentration unseres Geistes möglich. Um diese Kräfte nutzen zu können, braucht man viele Jahre Übung. Aber Zauberei kann eigentlich jeder Mensch lernen! Schau, Yasha, der Mönch Tashi führt dir einen richtigen Zaubertrick vor!« Tashi zeigte Yasha seine linke Hand und fragte: »Wie viele Finger siehst du?« Yasha zählte drei, dann fragte der Mönch listig: »Wo ist dein Talisman?« Der Junge griff an seine Brust. Der Talisman war weg. Entsetzt schaute er Tashi an. Der lachte und zog den Talisman vom Hals des dicksten Mönchs. »Das ist Zauberei!«, erklärte er: »Ich lenkte dich mit einer Hand ab und während du noch meine Finger zähltest, nahm ich mit der freien Hand deinen Talisman und reichte ihn heimlich Mönch Thagpa. So einfach ist das. Aber was wir dir jetzt zeigen, ist keine Zauberei.«
    Die drei Mönche zwinkerten sich verschwörerisch zu und kicherten. Dann schlossen sie ihre Augen und siehe da, auf einmal schwebten sie zwei, drei Meter über dem Schnee, um dann wieder sanft auf dem Boden vor ihren dampfenden Teeschalen zu landen. Yasha war fasziniert.
    »Bitte! Sagt mir,
    wieso wusstet ihr, dass ich hier
    auf dem Mount Everest bin?«, fragte der Junge. Darauf lächelte Mönch Tashi und sagte: »Wir waren unterwegs, um die Reinkarnation unseres verstorbenen Lamas zu finden. Da merkten wir, dass uns irgendetwas störte. Als wir danach forschten, fanden wir dich.«
    Dann erklärten die Mönche Yasha, was Reinkarnation bedeutet. Und das ist so: Die Religion der Tibeter ist der Buddhismus. Sie glauben daran, dass alle Menschen nach ihrem Tod so oft wiedergeboren werden, bis sie irgendwann als wirklich weise und gute Menschen gelebt haben. Bei den heiligen Lamas ist das anders. Sie haben bereits alle Leben, die notwendig sind, durchlebt und kehren nach ihrem Tod immer wieder freiwillig auf unsere Welt zurück. Es ist ein Geschenk, das sie ihren Mitmenschen aus Liebe machen, um ihre Kenntnisse weiterzugeben.
    Und jedes Mal, wenn ein heiliger Lama stirbt, begeben sich weise Mönche auf die Reise, um nach der Wiedergeburt, der Reinkarnation, zu suchen. Das kann sehr lange dauern, aber sie finden sie immer.
    Meist ist es ein Kind.
    Die Mönche erkennen
    die kleine Reinkarnation an verschiedenen Zeichen. Zum Beispiel kann das Kind Fragen über Geschehnisse beantworten, die es unmöglich wissen kann. Und es erkennt Gegenstände, die dem verstorbenen Lama gehört haben, weil sie dem Kind aus seinem früheren Leben vertraut sind.
    »Und ihr seid extra auf 8 848 Meter geklettert, nur weil ich euch gestört habe?«, bohrte Yasha weiter. Schon wieder kicherten die drei freundlichen Mönche und schauten ihn verschmitzt an. Tashi wollte gerade zu einer weiteren Erklärung ansetzen, da flog plötzlich eine dicke gelbe Wolke mitten unter sie. Schnell erhoben sich die drei Mönche und verbeugten sich tief. Die Wolke begann sich aufzulösen und was eben noch wie gelbe Watte aussah, verwandelte sich in einen uralten Mann mit wehendem gelbem Gewand. »Lieber Himmel, sie können sogar fliegen!«, dachte Yasha. »Eure Heiligkeit!«, sagten die drei Mönche auf Yasha zeigend, »Yasha und sein Talisman haben die Energieströme gestört!« Der alte Lama musterte Yasha missmutig und wandte sich wieder den drei Mönchen zu: »Wir haben keine Zeit zu verlieren!« Dann flüsterte er zitternd vor Aufregung: »Ich glaube, ich habe die kleine Reinkarnation gefunden. Der Junge lebt mit seinen Eltern in Tshanar. Kommt schnell, lasst uns schauen, ob das Kind die Zeichen kennt!«
    »Und ich?«, fragte Yasha angsterfüllt. »Ich kann doch nicht fliegen!« Wollten die Mönche ihn etwa auf dem eisigen Berg alleine zurücklassen? Da sagte der liebe Mönch Tashi zu ihm: »Was dein Geist will, wirst du auch schaffen. Du musst nur sagen: Ich kann, ich kann, ich kann und fest daran glauben!«
    Das hörte sich sehr
    einfach an, aber ob es auch
    bei ihm klappen würde? Yasha hatte da so seine Zweifel. Trotzdem schloss er seine Augen und sagte ganz laut: »Ich kann, ich kann, ich kann fliegen!« Und, welch Wunder, er erhob sich in die Luft und beeilte sich, seinen seltsamen neuen Freunden zum Dorf Tshanar zu folgen. Zwei-, dreimal kreisten sie hoch oben über dem Dorf. Yasha konnte die armseligen Häuser kaum von den riesigen Felsbrocken unterscheiden und starrte angestrengt nach unten.
    Da entdeckte er ein sehr helles Licht. Sie

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