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Der Talisman

Der Talisman

Titel: Der Talisman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King und Peter Straub
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gewaltige Steine, schwarz wie die Sünde, mit rauen, von grünem Moos gefleckten Oberflächen. Widerliche weiße Würmer wanden sich durch die großen Poren in dem zerfallenden Mörtel zwischen den Steinen. In Abständen von fünf oder sechs Metern standen leere Leuchter vor den Mauern; die Fackeln, die einst dringesteckt hatten, waren längst verschwunden.
    Klirr.
    Diesmal blinzelte er nicht einmal. Die Welt zerglitt vor seinen Augen, schwankte wie ein durch klares, fließendes Wasser betrachteter Gegenstand. Die Wände bestanden wieder aus dunklem Mahagoni anstelle von Steinblöcken. Die Türen waren Türen, keine eisernen Fallgitter. Die beiden Welten, bisher durch eine Membran getrennt, so dünn wie ein Nylonstrumpf, begannen ineinander überzugehen.
    Und außerdem, begriff Jack, begann sich das, was von Jason in ihm steckte, mit seinem Jack-Wesen zu vermischen – etwas Drittes kam zum Vorschein, eine Art Amalgam aus beiden.
    Ich weiß nicht, was für eine Verbindung das ist, nicht genau – aber ich hoffe, sie ist stark – denn hinter diesen Türen lauert etwas – hinter allen Türen.
    Jack schob sich seitwärts auf die Halle zu.
    Klirr.
    Diesmal verwandelten sich die Welten nicht; solide Türen blieben solide Türen, und er nahm keine Bewegung wahr.
    Aber dahinter. Gleich dahinter …
    Jetzt hörte er etwas hinter der bemalten Doppeltür – in dem Himmel über der Marschlandschaft stand das Wort REIHERBAR. Es hörte sich an, als wäre eine große, rostige Maschine in Gang gesetzt worden. Jack drehte sich
    (Jason drehte sich)
    zur aufgehenden Tür
    (zum hochgehenden Fallgitter)
    seine Hand fuhr in
    (den Beutel)
    die Tasche
    (den er am Gürtel seines Wamses trug)
    seiner Jeans und schloss sich um das Gitarren-Plektron, das Speedy ihm vor so langer Zeit gegeben hatte.
    (und schloss sich um den Haifischzahn)
    Er wartete auf das, was aus der Reiherbar herauskommen würde, und die Wände des Hotels flüsterten leise: Wir haben Mittel, mit miesen Dieben wie dir fertigzuwerden. Du hättest kehrtmachen sollen, solange noch Zeit dazu war – denn jetzt, kleiner Junge, ist es aus mit dir.
     
    5
     
    Klirr-WUMM!
    Klirr – WUMM!
    Klirr-WUMM!
    Das Geräusch war laut, unbeholfen und metallisch. Es hatte etwas Erbarmungsloses und Unmenschliches an sich, das Jack mehr ängstigte, als ein menschenähnlicheres Geräusch es vermocht hätte.
    Es näherte sich schlurfend mit seinem eigenen langsamen, entnervenden Rhythmus.
    Klirr-WUMM!
    Klirr-WUMM!
    Dann trat eine lange Pause ein. Jack wartete, ein Stück von der bemalten Tür entfernt an die Wand des Ganges gepresst; seine Nerven waren so angespannt, dass sie zu summen schienen. Lange Zeit passierte überhaupt nichts. Jack begann schon zu hoffen, der Klirrer wäre durch eine interdimensionale Falltür wieder in die Welt verschwunden, aus der er gekommen war. Jack spürte, dass ihm in seiner unnatürlich steifen und angespannten Haltung der Rücken wehtat. Er entspannte sich.
    Und dann ein splitterndes Krachen, und eine riesige gepanzerte Faust mit stumpfen, fünf Zentimeter langen Dornen auf den Knöcheln durchschlug den abblätternden blauen Himmel auf der Tür. Jack presste sich an die Wand und rang nach Atem.
    Dann flippte er hilflos in die Region.
     
    6
     
    Auf der anderen Seite des Fallgitters stand eine Gestalt in einer schwärzlichen, rostigen Rüstung. Der zylindrische Helm, nur von einem schwarzen, waagerechten, kaum zwei Zentimeter breiten Augenschlitz unterbrochen, wurde von einem abscheulichen roten Federbusch gekrönt – weiße Würmer krochen darin herum. Jason sah, dass es die gleichen Würmer waren, die aus den Wänden des Zimmers von Albert dem Klops gefallen waren und sich dann über die ganze Thayer School ausgebreitet harten. Der Helm endete in einer Halsberge, die auf den Schultern des rostigen Ritters lag wie eine Stola auf denen einer Dame. Ober- und Unterarme waren mit schweren, an den Ellenbogen durch Armkacheln miteinander verbundenen Stahlschienen gepanzert. Die Kacheln waren mit uraltem Schmutz verkrustet, und wenn sich der Ritter bewegte, quietschten die Kacheln wie die schrillen, fordernden Stimmen ungezogener Kinder.
    Die gepanzerten Fäuste waren mit Dornen bewehrt.
    Jason drückte sich gegen die Steinmauer, starrte den Ritter an, war sogar unfähig, den Blick abzuwenden; sein Mund war trocken wie im Fieber, und seine Augäpfel schienen im Rhythmus des Herzschlags in ihren Höhlen zu pulsieren.
    In der rechten Hand hielt der Ritter einen

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