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Der Talisman

Der Talisman

Titel: Der Talisman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King und Peter Straub
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Schrotthaufen.
    Jack drückte sich an die Wand und starrte mit geweiteten Augen auf den Haufen, als erwartete er, dass sich die Rüstung im nächsten Augenblick wieder zusammensetzte. Doch als nichts dergleichen geschah, wendete er sich nach links, der Halle zu – und sah, wie sich drei weitere Rüstungen langsam auf ihn zubewegten. Eine trug ein halb vermodertes Banner mit einem Zeichen, das Jack bekannt vorkam: er hatte es auf den Standarten der Eskorten gesehen, die Morgan von Orris’ schwarze Kutsche auf der Grenzlandstraße begleiteten. Morgans Zeichen – aber er wusste, dass dies nicht Morgans Kreaturen waren; dass sie sein Banner trugen, war nur eine Art morbider Scherz gegenüber dem Eindringling, der gekommen war, sie ihrer einzigen Daseinsberechtigung zu berauben.
    »Nicht noch mehr«, flüsterte Jack heiser. Das Plektron zitterte in seinen Fingern. Irgendetwas war mit ihm geschehen; es hatte Schaden gelitten, als er mit seiner Hilfe den Ritter vernichtete, der aus der Reiherbar gekommen war. Das Elfenbein, das vorher die Farbe frischer Sahne gehabt hatte, war deutlich vergilbt; außerdem war es von feinen Rissen durchzogen.
    Die Rüstungen klirrten stetig auf ihn zu. Eine zog langsam ein langes Schwert mit einer unheildrohenden doppelten Spitze.
    »Nicht noch mehr«, stöhnte Jack. »O Gott, bitte, nicht noch mehr. Ich bin so müde, ich kann nicht, nicht noch mehr, nicht noch mehr …«
    Travelling Jack, ole Travelling Jack …
    »Speedy, ich kann nicht!« schrie er. Tränen rannen über sein schmutziges Gesicht. Die Rüstungen näherten sich mit der Unerbittlichkeit von Autoteilen auf dem Fließband. In ihrer kalten, schwarzen Leere heulte ein arktischer Wind.
    … du bist in Kalifornien, um ihn zu holen.
    »Bitte, Speedy, nicht noch mehr!«
    Sie griffen nach ihm – schwarzmetallene Robotergesichter, rostige Beinschienen, Kettenpanzer voll Moos und Schimmel.
    Musst dein Bestes geben, Travelling Jack, flüsterte Speedy kraftlos, und dann war er verschwunden, und es lag an Jack allein, zu bestehen oder unterzugehen.

 
Zweiundvierzigstes Kapitel
     
    Der Talisman
     
    1
     
    Ihr habt einen Fehler gemacht, meldete sich in Jacks Hirn eine geisterhafte Stimme, als er vor der Reiherbar stand und die anderen Rüstungen auf sich zukommen sah. Vor seinem inneren Auge erschien ein wütender Mann – im Grunde nicht mehr als ein großer Junge –, der auf einer Westernstraße auf die Kamera zuschritt, erst einen Revolvergürtel umschnallte und dann noch einen, so dass sie sich über seinem Bauch kreuzten. Ihr habt einen Fehler gemacht – ihr hättet beide Ellis-Brüder umlegen sollen!
     
    2
     
    Von allen Filmen seiner Mutter hatte Jack Last Train to Hangtown, 1960 gedreht und 1961 uraufgeführt, immer am besten gefallen. Es war ein Film von Warner Brothers, und wie in vielen der billigeren Filme, die Warner Brothers in dieser Zeit herausbrachten, waren die Hauptrollen mit Schauspielern besetzt, die in dem halben Dutzend Fernsehserien von Warner Brothers beschäftigt waren. Jack Kelly von der Maverick- Show hatte in Last Train mitgespielt (der weltmännische Spieler) und Andrew Duggan von Bourbon Street Beat (der böse Rinderbaron). Clint Walker, der im Fernsehen einen Typ namens Cheyenne Bodie spielte, war Rafe Ellis (der ehemalige Sheriff, der noch ein letztes Mal die Kanone umschnallen muss). Die Rolle des Tanzlokal-Mädchens mit willigen Armen und goldenem Herzen hatte ursprünglich Inger Stevens spielen sollen, aber Miss Stevens musste sich mit einer schweren Bronchitis ins Bett legen, und Lily Cavanaugh war eingesprungen. Es war die Art von Rolle, die sie selbst im Koma hätte spielen können. Einmal, als seine Eltern dachten, er schliefe, unterhielten sie sich im Wohnzimmer, und als er barfuss ins Badezimmer tappte, um sich ein Glas Wasser zu holen, hörte er seine Mutter etwas so Bemerkenswertes sagen, dass er es nie vergaß. »All die Frauen, die ich gespielt habe, wussten, wie man fickt, aber keine einzige wusste, wie man furzt«, hatte sie gesagt.
    Will Hutchins, der gleichfalls in einem anderen Warner Brothers-Programm mitspielte (es trug den Titel Sugarfoot), war auch dabei gewesen. Vor allem der Rolle wegen, die Hutchins darin spielte, war Last Train to Hangtown Jacks Lieblingsfilm. Es war diese Figur – Andy Ellis genannt –, die sich jetzt, als die Rüstungen den dunklen Gang entlang auf ihn zumarschierten, seinem erschöpften, taumelnden, überbeanspruchten Hirn aufdrängte.
    Andy Ellis war

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