Der Tanz der besseren Gesellschaft (German Edition)
Albums um, zeigte auf eine der abgelichteten Damen und erklärte: „Unsere bekannteste Darstellerin am hiesigen Theater, die Triebling. Spielt immer die Heldinnenrollen. Das hier ist die naive Kollegin von ihr, das Fräulein Lassranoftski aus Rumänien. Naiv sind aber nur ihre Rollen am Theater, ansonsten sehr zu empfehlen. Dann hätten wir hier ein besonderes Gespann, Mutter und Tochter nämlich. Sehr aufregend können auch die beiden Generalstöchter sein. Die beiden blonden Schlampen sind siebzehn und neunzehn Jahre alt und gleichen einander wie die linke Arschbacke der rechten. Und weil sie einander jeden Genuss neiden, kommen sie zu den Rendezvous immer gemeinsam – eine Herausforderung für einen richtigen Mann wie Sie es einer sind, Herr Baron, wenn Sie mir die Vertraulichkeit gestatten.
Es ist übrigens beileibe kein Zufall, dass Ihnen beinahe jede der Damen, die ich Ihnen bisher gezeigt habe, bekannt ist. Diese Frauen pflegen auch untereinander Umgang, sie sind mehr oder weniger freundschaftlich verbunden und alle wissen von der besonderen Art Amüsement, der sie frönen. Sie kommen auch immer wieder zusammen zu kleinen Abendgesellschaften, die sie Kränzchen nennen. Bei diesen Kränzchen berichten sie einander von ihren amourösen Eskapaden und ergötzen sich in geselliger Runde gleich noch einmal daran. Übrigens, falls Herr Baron Interesse zeigen, es stünde in meinen Möglichkeiten, Ihnen eine Einladung zu einem dieser Kränzchen zu verschaffen.“
Hermann hatte Johanns Ausführungen mit größtem Interesse verfolgt und reagierte jetzt ganz euphorisch: „Aber für mein Leben gern, mein Bester. So eine Einladung musst du mir unbedingt besorgen.“
„Betrachten Sie die Angelegenheit als erledigt, geschätzter Baron. Nun habe ich aber noch das besondere Vergnügen, Ihnen etwas gänzlich Außergewöhnliches zu zeigen, meine sogenannte geheime Kollektion nämlich.“
Mit diesen Worten holte Johann ein zweites, kleineres Album hervor, das er unter seiner Livree verborgen gehalten hatte. Er schlug es auf und überreichte es P. „Diese Damen gehören nicht zum Kreis der Erwähnten, sondern gehen ihren frivolen Neigungen ganz im Verborgenen nach. Unter den verdorbenen ,feinen' Damen gelten sie als schlichte, ganz und gar biedere Frauen. Ich kann Ihnen jedoch versichern“, fügte er vielsagend hinzu, „dass dem keinesfalls so ist.
Ich werde mich nun zurückziehen, um Ihnen in aller Ruhe die Auswahl zu ermöglichen. Zögern Sie nicht zu klingeln, sobald Sie eine Entscheidung getroffen haben oder aus sonstigem Grund meiner Dienste bedürfen.“
Johann wandte sich zum Gehen, aber der Baron rief ihn zurück.
„Moment, Johann. Es bleibt noch die Frage zu klären, wie lange es bei den Damen jeweils dauern würde, bis ein Schäferstündchen möglich wird.“
Johann neigte devot den Kopf. „Das hätte ich beinahe vergessen, Herr Baron.“ Er fischte ein Blatt Papier aus seiner Jackentasche und zeigte es Hermann. „Dies ist ein Verzeichnis der Zeitpunkte, die die Damen ihrem Vergnügen widmen. Wie Herr Baron sicher bemerkt haben, sind unter jedem Bild in den Alben Zahlen eingetragen. Die Entsprechungen auf dem Papier bezeichnen jeweils Spalten, in denen genau aufgelistet ist, zu welchen Tagen und Stunden die liebesbegeisterten Damen verfügbar sind.“
„Sie sind wahrlich ein Pfundskerl, mein lieber Johann“, sagte P. und ließ eine Zehn-Gulden-Banknote fallen, die der Kellner mit unverhohlener Freude wieder aufhob. Danach zog er sich ohne weitere Umschweife zurück und ließ Hermann mit der Qual der Wahl allein.
Das Betrachten der zahlreichen Schönheiten, in das er sich sofort wieder vertiefte, war tatsächlich eine aufs angenehmste quälende Angelegenheit. Der Baron fühlte sich ein wenig wie ein Schmetterling, der von Blume zu Blume flattert, überall kostet und sich doch nie entscheiden kann aus Furcht, nicht das allerbeste Angebot zu erwischen.
Schließlich wurde er des Suchens überdrüssig und verfiel auf eine praktischere Lösung des süßen Problems: „Heute ist Donnerstag“, sagte er sich, „also schaue ich einfach welche heute möglich wäre und die wird es dann.“
Er überflog das Verzeichnis und fand rasch das Gesuchte: Nr. 5 bot sich donnerstags von vier bis sieben Uhr abends an, Nr. 28 erst ab zehn, dafür jedoch die ganze Nacht, und schließlich stand noch die Nr. 7 aus der Geheimkollektion zur Verfügung, täglich von sechs bis acht; die brauchte es offenbar besonders
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