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Der Tee der drei alten Damen

Der Tee der drei alten Damen

Titel: Der Tee der drei alten Damen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Glauser
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von dem Fünfspitzen-Stern waren auf die gleiche, mattschimmernde Art Abbilder von Insekten eingewoben – Bienen und Hummeln, Wespen und Mücken, angedeutet zwar nur, in Umrissen, aber deutlich erkennbar.
    Pillevuit lachte laut und fett. »Entschuldigen Sie«, sagte er, als er wieder zu Atem gekommen war, »aber ich kann nicht anders. Wenn ich mir diesen alten Lumpen Eltester – Gott sei seiner Seele gnädig, denn er hat viele Leute ruiniert – wenn ich mir diesen alten Lumpen als Hohenpriester vorstelle, so lächert es mich gewaltig.« O'Key schwieg, und schweigend machten sich die beiden an die Durchsuchung der Küche.
    Aber in der Küche saß Herr Staatsanwalt de Morsier auf einem Schemel und dichtete. Er hatte einen Bleistift zwischen die Zähne geklemmt und starrte mit abwesenden Blicken auf den oberen Teil des Küchenschrankes. Ganz unwillkürlich folgte Pillevuit der Richtung des Blickes, eine ungewöhnliche Geschäftigkeit nahm von ihm Besitz, er packte einen Schemel, schleppte ihn zum Schrank, erwischte etwas Schwarzes, das nur mit einem Zipfel über die Kante ragte, und schwenkte es triumphierend in der Hand.
    »Ein Wollshawl«, trompetete er, »ein schwarzer Wollshawl!« Er roch dran, nieste, schüttelte sich: »Riecht nach alter Frau. Kampferspiritus. Da.« Auch O'Key mußte riechen und bestätigte die Meinung des Kommissars.
    »Sehr interessant«, sagte eine Stimme hinter ihnen. Der Staatsanwalt hatte die Gefilde der Inspirationen verlassen.
    Im Laden puffte es, ein heller Schein blendete in die dämmrige Lücke.
    »Wenn ihr fertig seid, kommt dann hier herein!« rief Pillevuit. Photograph und Experte erschienen in der Tür.
    »Wir haben nicht viel gefunden«, klagte der Photograph. »Die Abdrücke sind alle verwischt, nur hier«, er hob eine weithalsige Flasche hoch, mit eingeschliffenem Glasstöpsel (»Folla Hyoscyamii« stand darauf), »ist ein deutlicher Abdruck zu sehen: Ein Daumen. Wir müssen dann ins Spital und den Abdruck vom Apotheker haben. Vielleicht handelt es sich um den seinen. Obwohl er einem kleinen Daumen gehört, einem Frauendaumen, möchte ich fast sagen. Nun, Eltester war ja auch von kleiner Statur.« Der Experte nickte, er war mehr schweigsamer Natur und zündete umständlich einen Stumpen an. Er zog ein Blatt aus der Tasche und reichte es Pillevuit. O'Key nahm es ihm sanft aus den Händen. Es schien Pergament zu sein, sehr alt, mit vielen schwarzen Runzeln bedeckt und einer verwischten Schrift. Es sah aus, als sei das Papier mit großer Gewalt zerrissen worden. Die Buchstaben, die noch erkennbar waren, gehörten zu Worten, und O'Key entzifferte:
Nomi…
Recip…
Datu…
Atropa bell…
Mandrag…
Assa foe…
Misce sub sign…
cum oleo amygda…
    »Ich verstehe einiges. Offenbar handelt es sich um ein Rezept aus irgendeinem alten Zauberbuch. Aber der Mann, der es geschrieben hat, muß Apotheker gewesen sein. Sie haben übrigens Glück, daß ich mich einmal mit Chemie beschäftigt habe, bevor ich den einträglicheren Beruf eines Reporters ergriffen habe. Das erste Wort ist ja leicht verständlich, die Anrufung irgendeiner Gottheit, ›Im Namen‹, wohl im Namen unseres Freundes mit den Fliegenflügeln, dessen Bekanntschaft wir auf der Münze gemacht haben. Wird Behemoth oder Abraxas oder sonstwie heißen. Dann kommt ›Recipe‹, der Beginn eines Rezeptes. ›Datu…‹ ist auf ›Datura‹ zu ergänzen, das Nächste ist ›Atropa belladonna‹ – ›Tollkirsche‹ aber der alte Herr gibt nicht an, ob es sich um Blätter oder Wurzeln handelt, ist ja gleich; ›Mandragora‹ kennen Sie sicher, die Alraunwurzel, die unter den Galgen wächst und menschliche Gestalt hat. Aber sie enthält ein Tropeïn, genau wie die beiden vorhergehenden Pflanzen. Dann das Feinste vom Ganzen, ›Assa foetida‹ – faules Fleisch – und all diese Ingredienzien sind zu mischen mit Bittermandelöl, und zu mischen sind sie unter irgendeinem astrologischen Zeichen, wahrscheinlich wenn der alte Jupiter in einem besonders wirksamen Hause steht. Übrigens hat der große Arzt Paracelsus – von dem haben Sie doch gehört, Kommissar? – ebenfalls ein derartiges Rezept gegeben. Es ist Hexensalbe, Kommissar, und daß das Rezept dieser Hexensalbe gerade in der puritanischen Stadt Genf sich erhalten hat, ist eine zarte Ironie des Schicksals. Denn ich sage Ihnen vielleicht nichts Neues, wenn ich Sie daran erinnere, daß eine Hexensalbe zugleich ein sehr wirksames Aphrodisiakum war, eine Salbe, welche die Liebe

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