Der Tempel der vier Winde - 8
Tischlerhobel hingen neben Hämmern und anderen Werkzeugen an der Wand hinter der Werkbank.
Teilweise fertiggestellte Stühle, die man bis zur Endfertigung mit gedrehten Tauen fest zusammengebunden hatte oder die in Nut- und Federzwingen trockneten, standen überall auf dem Fußboden herum. Auf einem Sägebock, an dem der Großvater gestanden hatte, als sie den Innenhof betraten, lag ein gespaltenes Eschenscheit, das er mit einem Zugmesser bearbeitet hatte.
Clive, ein breitschultriger junger Mann, schien gewillt, seinem Vater das Reden zu überlassen.
»Was fehlt diesen Kindern?« fragte Erling. Drefan räusperte sich und überließ die Antwort Richard.
Richard war so müde, daß er sich kaum noch auf den Beinen halten konnte. Fast kam es ihm vor, als schlafe er und dies sei nur ein böser Traum.
»Sie haben die Pest. Zu meiner Erleichterung sehe ich, daß Darby gesund ist.«
Erling fiel das faltige Kinn herunter. »Die Guten Seelen mögen uns das ersparen!«
Clive erbleichte. »Meine Töchter sind krank.«
Plötzlich machte er kehrt und rannte zur Treppe, blieb dann aber unvermittelt stehen. »Bitte, Meister Drefan, werdet Ihr Euch um sie kümmern?«
»Selbstverständlich. Zeigt uns den Weg.«
Oben waren Darbys Mutter, seine Großmutter und die Tante damit beschäftigt gewesen, Fleischpasteten zuzubereiten. In einem Kessel, den man in die Feuerstelle gehängt hatte, kochten Pastinaken, und vom Wasserdampf waren die Fenster beschlagen.
Die drei Frauen warteten, durch Clives Rufe alarmiert, mit aufgerissenen Augen oben mitten im Gemeinschaftszimmer. Der Anblick der Fremden erschreckte sie, sie verbeugten sich jedoch sofort, als sie Kahlans weißes Kleid erblickten. Im Kleid der Mutter Konfessor mußte Kahlan niemandem in Aydindril vorgestellt werden und, was das anbetraf, auch niemandem in den gesamten Midlands.
»Hattie, dieser Mann hier, Meister Drefan, ist ein Heiler, und er ist gekommen, um sich die Mädchen anzusehen.«
Hattie, das kurze, sandfarbene Haar mit einem Kopftuch nach hinten gebunden, wischte sich die Hände an der Schürze ab. Ihr Blick huschte zwischen all den Menschen hin und her, die in ihrem Heim standen. »Danke, hier entlang, bitte.«
»Wie geht es ihnen?« fragte Drefan Hattie auf dem Weg nach hinten ins Schlafzimmer.
»Beth klagt seit gestern über Kopfschmerzen«, antwortete Hattie. »Davor war ihr sehr übel. Die üblichen Kinderkrankheiten, weiter nichts.« Für Richard klang dies eher wie ein flehentliches Bitten. »Ich habe ihr etwas schwarzen Andorn zur Beruhigung gegeben.«
»Das ist gut«, versicherte ihr Nadine. »Ein Aufguß aus Flohkraut könnte auch helfen. Ich habe etwas dabei. Ich lasse es hier, für den Fall, daß sie es braucht.«
»Danke für Eure Freundlichkeit«, sagte Hattie, deren Besorgnis mit jedem Schritt wuchs.
»Was ist mit dem anderen Mädchen?« erkundigte sich Drefan.
Hattie hatte die Tür fast erreicht. »Lily ist nicht so krank, fühlt sich aber nicht recht wohl. Vermutlich stört es sie nur, daß ihre Schwester die ganze Aufmerksamkeit und Tee mit Honig bekommt. Kinder sind so. Sie hat ein paar kleine, runde Entzündungen an den Beinen.«
Drefan zögerte kurz.
Beth hatte Fieber, aber nicht übermäßig. Sie hatte einen rasselnden Husten und beklagte sich, ihr Kopf tue weh. Drefan überging sie fast ganz. Er betrachtete Lily auf die analytische Art, die ihm eigen war, wie sie in die Decken gewickelt dasaß und sich ernst mit ihrer Lumpenpuppe unterhielt.
Die Großmutter nestelte nervös an ihrem Kragen herum und verfolgte von der Tür aus, wie Hattie sich umständlich an der Bettdecke zu schaffen machte. Die Tante wischte Lilys Stirn mit einem feuchten Lappen ab, während Nadine ein paar tröstliche Worte zu dem Mädchen sagte. Nadine hatte wirklich eine beruhigende, freundliche Art an sich. Sie wählte Kräuter aus den Ledersäckchen in ihrem Beutel aus und wickelte sie zu mehreren Stoffpäckchen zusammen, während sie der aufmerksam zusehenden Mutter Anweisungen für die Zubereitung gab.
Richard und Kahlan gingen zusammen mit Drefan zu dem jüngeren Mädchen hinüber. Kahlan hockte sich hin, sprach mit ihr und erzählte ihr, was für eine hübsche Puppe sie habe, damit sie sich nicht vor Richard und Drefan ängstigte. Lily warf besorgte Blicke in ihre Richtung, während sie mit Kahlan schwatzte. Kahlan schlang einen Arm um Richard, um Lily zu zeigen, daß man sich vor ihm nicht fürchten müsse. Richard zwang sich zu lächeln.
»Lily«,
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