Der Tempel der vier Winde - 8
Scheide zurück, als Cara sie anknurrte, froh darüber, jemanden zu haben, an dem sie ihre schlechte Laune auslassen konnte.
»Eine grauenhafte Nacht für einen Ausritt, Mutter Konfessor«, sagte einer der Soldaten, glücklich darüber, daß er das Wort an jemand anderes als die Mord-Sith richten konnte.
»Eine grauenhafte Nacht, um hier draußen Wache zu schieben«, gab sie zurück.
Der Mann blickte über die Schulter nach hinten. »Jede Nacht, in der man hier oben bei der Burg Wache schieben muß, ist grauenhaft.«
Kahlan lächelte. »Die Burg wirkt finster, Soldat, aber sie ist nicht so schlimm, wie sie aussieht.«
»Wenn Ihr es sagt, Mutter Konfessor. Ich für meinen Teil könnte ebensogut vor der Unterwelt Wache schieben.«
»Es hat doch niemand versucht, in die Burg zu gelangen, oder?«
»Wenn, dann hättet Ihr entweder davon gehört oder unsere Leichen hier gefunden, Mutter Konfessor.«
Kahlan drängte ihren großen Hengst weiter. Nick schnaubte und setzte sich auf dem glatten Schnee rutschend wieder in Bewegung. Sie vertraute ihm unter diesen Bedingungen und überließ ihm die Führung. Cara und Berdine folgten ihr, ruhig im Sattel hin- und herschwankend. Unten bei den Stallungen hatte Cara das Pferd an der Kandare gepackt, dem Tier ins Auge gesehen und ihm befohlen, ihr keine Schwierigkeiten zu bereiten. Kahlan hatte das eigenartige Gefühl, daß der Braune die Warnung verstanden hatte.
Kahlan konnte die steinernen Mauern zu beiden Seiten der Brücke gerade eben erkennen. Nur gut, daß die Pferde den Abgrund dahinter nicht sehen konnten. Daß Nick nicht scheuen würde, wußte sie, aber bei den anderen beiden war sie nicht sicher. Die jähen Felswände des gähnenden Abgrunds fielen Tausende von Fuß ab. Wenn man keine Flügel hatte, gab es nur diesen einen Weg in die Burg der Zauberer.
Im vom Schnee reflektierten Dämmerlicht verschmolz die riesige Burg mitsamt ihren hochaufragenden Mauern aus dunklem Stein, ihren Brustwehren, Bollwerken, Türmen, Wehrgängen und Brücken mit der tintenschwarzen Dunkelheit des Berges, in den man sie hineingebaut hatte. Für jenen, der keine Magie besaß oder mit Magie nicht umzugehen wußte, bot die Burg einen düsteren Anblick unverkennbarer Bedrohlichkeit.
Kahlan war in Aydindril aufgewachsen und unzählige Male oben in der Burg gewesen, meist allein. Selbst als Kind hatte man ihr wie auch den anderen Konfessoren erlaubt, die Burg zu betreten. Als sie noch klein war, hatten die Zauberer mit ihr herumgealbert, in den Gängen Fangen gespielt und gelacht. Die Burg war für sie ein zweites Zuhause: bequem und sicher, einladend und beschützend.
Aber ihr war klar, daß in der Burg Gefahren lauerten, wie in jedem anderen Zuhause auch. Ein Zuhause konnte ein sicherer, einladender Ort sein, solange man nicht so unklug war, in die Feuerstelle zu laufen. Auch in der Burg gab es Orte, die man besser mied.
Erst als sie älter war, betrat sie die Burg nicht mehr allein. Ab einem bestimmten Alter wurde es für einen Konfessor gefährlich, überhaupt irgendwo allein hinzugehen. Hatte ein Konfessor erst die ersten Geständnisse entgegengenommen, war er ohne den Schutz seines Zauberers nirgendwo mehr sicher.
Ab einem bestimmten Alter machte sich ein Konfessor Feinde. Familienangehörige von Verurteilten glaubten selten, einer ihrer Lieben könne ein schlimmes Verbrechen begangen haben, oder aber sie gaben dem Konfessor die Schuld am Todesurteil des Betreffenden, obwohl ein Konfessor lediglich dessen Rechtmäßigkeit bestätigte.
Ständig kam es zu Mordversuchen an Konfessoren. Nie fehlte es an Leuten, angefangen bei einfachen Bürgern bis hin zu Königen, die einem Konfessor nach dem Leben trachteten.
»Wie werden wir ohne Lord Rahl durch die Schilde gelangen?« fragte Berdine. »Damals hat uns seine Magie ermöglicht, sie zu durchschreiten. Diesmal werden wir sie nicht passieren können.«
Kahlan lächelte den beiden Mord-Sith beruhigend zu. »Richard hat nicht gewußt, wohin er ging. Er ist einfach durch die Burg geirrt und hat instinktiv den richtigen Weg gefunden. Ich kenne die Wege, die keine Magie erfordern. Vielleicht gibt es dort ein paar schwache Schilde, aber die kann ich passieren. Und wenn ich sie passieren kann, dann kriege ich Euch ebenfalls hindurch, indem ich Euch bei der Hand nehme, genau wie Richard Euch durch die kräftigeren Schilde hindurchgebracht hat.«
Cara murrte übelgelaunt. Sie hatte gehofft, die Schilde würden sie aufhalten.
»Ich war schon
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