Der Tempel der vier Winde - 8
ins Maul stopfte. Dann hielt er inne und richtete sich in ihrer Hand auf, um die in die Backen gestopften Körner zu sortieren. Zufrieden ließ er sich wieder zusammensacken und stemmte seine kleinen Füße abermals gegen Rainas Finger.
Der Mord-Sith entfuhr ein leises Lachen.
Berdine küßte sie auf die Stirn. »Ich liebe dich, Raina«, sagte sie leise.
»Ich liebe dich, Berdine.«
Richard spürte, wie Rainas Muskeln erschlafften, als sie in seinen Armen starb, während Reggie dahockte und ihr Körner aus der Hand fraß.
55. Kapitel
Kahlan stand hinter Richard, der auf seinem Stuhl in seinem Arbeitszimmer saß, hatte ihm die Arme um den Hals geschlungen, die Wange auf den Kopf gelegt und weinte.
Richard rollte Rainas Strafer zwischen seinen Fingern hin und her. Berdine hatte gemeint, Raina habe gewollt, daß er ihn bekomme.
Die Mord-Sith hatte um Erlaubnis gebeten, zur Burg der Zauberer hinaufgehen und es Cara mitteilen zu dürfen. Sie hatte auch gefragt, ob sie deren Schicht bei der Wache der Sliph übernehmen könne, da Cara bereits die letzten drei Tage oben gewesen war.
Richard hatte ihr erklärt, sie möge tun, was immer sie wolle und so lange sie wolle, und wenn er ihre Wachschicht übernehmen oder ihr Gesellschaft leisten solle, brauche sie nur zu fragen. Sie hatte geantwortet, sie wolle lieber eine Weile alleine sein.
»Wieso hat der Tempel keine Nachricht geschickt?«
Kahlan strich ihm übers Haar. »Ich weiß es nicht.«
»Was sollen wir bloß tun?« fragte er. Er erwartete keine Antwort. »Ich weiß einfach nicht, was ich machen soll.«
Kahlan ließ ihre Hände von seinen Schultern über die Oberarme gleiten. »Glaubst du, du findest in den Aufzeichnungen über die Verhandlung einen Hinweis?«
»Nach allem, was ich weiß, könnte es die allerletzte Zeile sein, die mir irgend etwas Brauchbares liefert.« Er schüttelte langsam den Kopf. »Wir werden alle längst tot sein, bevor ich die letzte Zeile übersetzt habe.«
Richard hakte Rainas Strafer zum Amulett an die Kette auf seiner Brust. Die rote Farbe des Strafers paßte gut zu dem Rubin.
Es war eine ganze Weile still im Raum, bevor er es aussprach: »Jagang wird gewinnen.«
Kahlan drehte seinen Kopf zu sich herum. »Das darfst du nicht sagen.«
Er zwang sich zu lächeln. »Du hast recht. Wir werden ihn besiegen.«
An der Tür klopfte es. Auf Richards Frage, wer dort sei, steckte Ulic den Kopf zur Tür herein.
»General Kerson möchte wissen, ob Ihr ihm eine Minute Eurer Zeit widmen könntet, Lord Rahl.«
Kahlan gab Richard einen leichten Klaps auf die Schulter. »Ich werde gehen und Drefan und Nadine von Rainas Tod erzählen.«
Richard brachte sie zur Tür. Draußen wartete General Kerson, in der Hand die üblichen Berichte.
»Ich komme gleich nach«, sagte Richard.
Kahlan ging und überließ es Richard, sich die Berichte des Generals anzuhören. Egan schloß sich ihr an. Es war ein eigenartiges Gefühl, von Egan alleine beschützt zu werden, ohne eine Mord-Sith. Früher schien stets eine von ihnen in der Nähe gewesen zu sein.
»Mutter Konfessor«, setzte Egan an, »soeben sind im Palast einige Personen eingetroffen, die Euch und Lord Rahl sprechen möchten. Ich habe ihnen erklärt, alle seien sehr beschäftigt. Ich wollte Lord Rahl nicht unnötig damit belasten.«
»Angesichts des ganzen Ärgers ist der Saal der Bittsteller sicher voll von Menschen, die uns sprechen wollen.«
»Sie warten nicht im Saal der Bittsteller. Die Wachen haben sie angehalten, als sie einen der Empfangssäle betreten wollten. Sie sind nicht gerade überheblich, so wie manche anderen Abgesandten, die ich erlebt habe, aber sie legen eine merkwürdige Hartnäckigkeit an den Tag.«
Kahlan sah den riesenhaften, blonden D’Haraner stirnrunzelnd an. »Haben sie gesagt, wer sie sind? Hast du das herausfinden können?«
»Sie sagten, sie seien Andolier.«
Kahlan blieb mit einem Ruck stehen und packte Egans mächtigen Arm. »Andolier! Und die Wachen haben sie hereingelassen? Sie haben Andolier in den Palast gelassen?«
Egan runzelte verwirrt die Stirn. »Ich weiß nicht, wie sie hereingekommen sind. Nur, daß sie hier sind. War das falsch, Mutter Konfessor?«
Die Hand des Mannes ging sofort zum Schwert. »Nein, das eigentlich nicht. Nur … Gütige Seelen, wie soll man jemandem die Andolier erklären?« Sie suchte nach den passenden Worten. »Genaugenommen sind sie – gar keine Menschen.«
»Wie soll ich das verstehen?«
»Es gibt Geschöpfe der Magie,
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