Der Teufel in Thannsüß (German Edition)
Händen und schlug es dem Pfarrer ins Gesicht. Thomas Hellermann flog rückwärts durch die Luft und prallte gegen die Stollenwand. Ein lautes Knacken ertönte, als sein rechter Arm unter der Wucht des Aufpralls brach. Das Messer fiel ihm aus der Hand. Er stützte sich an der Wand ab und schüttelte benommen den Kopf. Erik stürzte sich auf ihn und drosch den schweren Stahlzylinder auf seinen Schädel. Einmal, zweimal, ein drittes Mal, bis Erik den Schädelknochen brechen hörte. Dann endlich hielt er inne.
Der Pfarrer sank zu Boden. Erik stand schwer atmend über ihm. Thomas Hellermann hob den Kopf und sah ihn verwundert an. Dann kehrte das verzerrte Lächeln auf sein Gesicht zurück. „Ich liebe den Herrn“, flüsterte er, „denn er hat mein lautes Flehen gehört und sein Ohr mir zugeneigt an dem Tag, als ich zu ihm rief.“
Erik hob das vom Blut klebrige Bolzenschussgerät hoch und drückte es dem Pfarrer an die Stirn.
„Wollen Sie einen wehrlosen alten Mann töten, Erik?“
Erik antwortete nicht.
„Dieser Apparat ist für Tiere“, keuchte der Pfarrer.
„Ich weiß “, flüsterte Erik.
Dann drückte er den Abzug.
Erik fiel auf die Knie. Er hatte keine Kraft mehr. Das Bolzenschussgerät glitt aus seinen Händen und polterte über den Steinboden. Alle Hoffnung, alles Glück, alles Leben in ihm waren erloschen. Die Kälte in seinen Gliedern spürte er schon lange nicht mehr. Aber auch in seinem Herzen war nur noch Kälte, und sie fühlte sich fremd und furchtbar an. Er nahm Maries Kopf vorsichtig in seine Arme und strich ihr mit einer zitternden, gefühllosen Hand über die Stirn. Ihr Gesicht leuchtete wie Eis im Licht der Carbidlampe. Er hätte alles dafür gegeben, noch einmal ihre Stimme zu hören. Er legte eine Hand auf die Rundung ihres Bauches, doch es war keine Bewegung mehr darin. Lange Zeit hielt er sie in seinen Armen. Er dachte nicht. Er fühlte nicht.
Schließlich legte er sich neben sie. Er presste seine Nase in ihr Haar, wie er es früher immer getan hatte, doch der Tod hatte auch ihren Duft mit sich genommen. Er legte seinen Arm über ihre Brust, als wollte er sie zudecken. Er zog das Deckenbündel mit dem Kind zu sich heran und legte es zwischen Marie und sich selbst. Fast so, als wäre es ihr eigenes Kind, das sie nun niemals haben würden.
Dann kam die erlösende Dunkelheit über ihn.
Als er erwachte, wusste er nicht, wie lange er geschlafen hatte. Es hätten Minuten oder Jahre sein können. Sein Blick fiel auf die Stollendecke über ihm. In der Decke befand sich ein etwa zwei Quadratmeter großes Loch. Ein Schacht führte senkrecht in die Höhe. Milchiges, trübes Licht drang daraus in die Tiefe des Stollens vor. Erik richtete sich auf. Einer alten Gewohnheit folgend, zog er die Uhr seines Vaters aus der Tasche und klappte sie auf. Die Uhr lief rückwärts.
Ein Klappern näherte sich durch den Stollen. Es klang, als würden Hufe über den Steinboden laufen. Eine Gestalt schälte sich aus der Dunkelheit. Erik wusste, dass es der schwarze Geißbock war, noch bevor er ihn sah. Der Geißbock lief aufrecht auf seinen Hinterläufen wie ein Mensch. Er durchschritt die Lichtinsel einer Carbidlampe und bleckte die gelben Zähne. Dann trat er aus dem Schein der Lampe und tauchte erneut in die Dunkelheit ein. Das Klappern seiner Hufe auf dem felsigen Untergrund kam stetig näher. Als der Geißbock ins Licht der nächsten Carbidlampe trat, hatte seine Gestalt sich verändert. Er war jetzt ein Mensch.
Erik kannte den Mann. Er war riesig. Kein einziges Haar wuchs auf seinem runden, glänzenden Schädel. Der Mann trat näher, blieb vor Erik stehen und blickte auf ihn hinunter. „Erik“, sagte der Mann. „Steh auf.“ Seine Stimme war warm und angenehm.
Erik erhob sich zitternd. Seine Beine waren völlig gefühllos, und er stürzte zurück auf den Stollenboden.
„Es ist eine Schande, dass deine Frau und dein ungeborenes Kind sterben mussten“, sagte der Mann. „Man hätte sie nicht in die Angelegenheit hineinziehen dürfen.“ Er schüttelte den Kopf. „Jetzt ist es leider zu spät.“ Er warf ihm einen verschwörerischen Blick zu. „Es sei denn, du möchtest, dass ich es ungeschehen mache.“
„Was ungeschehen machen?“ Erik sah ihn verwirrt an.
„Den Tod deiner Frau, Erik. Den Tod deines Kindes.“
„Was tun Sie hier? Wer sind Sie?“, flüsterte er.
„Wir sind uns schon begegnet, Lehrer.“
„Ich weiß. In der Hütte am Rande des Gletschers.“
„Ja.“ Der
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