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Der Teufel in uns - Mord in Bonn

Titel: Der Teufel in uns - Mord in Bonn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mathias Lempertz GmbH
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auf dessen Händen und Armen sich so komische, schorfige Flecken breitgemacht hatten. Wenn sie nur an ihn dachte, kam ihr fast das Mittagessen hoch!
    Als sie einen Würgereiz verspürte, konzentrierte sie ihre ganze Aufmerksamkeit auf Jonas, der im rechten Winkel zu ihr unter einem verschwommen wirkenden Werk in Pastellfarben am Kopfende des Tisches saß.
    Anscheinend hatte er sie schon länger beobachtet. Als sie ihm in die graugrünen Augen schaute, schenkte er ihr ein liebevolles Lächeln. Tabea lächelte verlegen zurück. Das hatte Tina, die gleich links von ihm saß, mitbekommen, denn sie berührte Jonas am Arm und fing an, sich mit ihm zu unterhalten. Der hatte sich ihr auch sofort zugewandt!
    Wegen des Geräuschpegels im Raum konnte Tabea nicht viel von dem verstehen, was Tina sagte, aber sie konnte deutlich sehen, wie sie den Mann mit Blicken verschlang. Dieses ordinäre Weibsbild musste aufgehalten werden!
    Aber fast noch übler war Tinas alternde Arbeitskollegin Gerlinde, die sich heute einen Platz an Jonas’ anderer Seite erkämpft hatte. Sie glaubte doch tatsächlich, Chancen bei ihm zu haben! Mit ihrer spießigen 08/15-Kleidung und ihrer biederen Frisur! Sie war –
    Jonas erhob sich und bat um Ruhe. Trotzdem dauerte es eine gute Minute, bis die Aufforderung bei allen im Raum angekommen war. Doch dann herrschte absolute Stille. Alle Gesichter waren zu Jonas gedreht, der die Fingerspitzen seiner zarten, gepflegten Hände zusammenlegte und mit seiner kräftigen und zugleich sanften Stimme anhob: „Liebe Freunde und Mitstreiter! Kommen wir nun zum nächsten Punkt. Seit unserer Gründung vor drei Monaten hat unsere Gemeinde viele Gläubige hinzugewinnen können.“
    Allerdings. Das konnte man riechen. Tabea zog vorsichtig Luft durch die Nase. Vielleicht sollte mal jemand ein Fenster öffnen!
    „Euch ist sicher aufgefallen, dass es allmählich eng wird in den Gasträumen, in denen wir uns treffen. In einem Jahr, vielleicht schon früher, werden wir einen richtig großen Saal anmieten müssen, und das wird teuer. Deshalb habe ich darüber nachgedacht, ob wir unser Geld nicht lieber dafür ausgeben, uns ein eigenes Gemeinde-Zentrum zu bauen, mit Halle und allem, was dazugehört.“
    Ein Moment überraschter Stille. Dann ging die Diskussion los. Tabea war natürlich von Jonas´ Vorschlag begeistert. Klang das nicht ganz danach, dass der Mann plante, endlich sesshaft zu werden? Hier in Bonn, an der Seite von Tabea Römer?!
    Sie sah sich um: Tina lächelte zufrieden. Sie wirkte, als habe sie längst von Jonas’ Idee gewusst. Das entfachte sofort wieder ihre Eifersucht. War die Frau blind? Sah sie nicht, dass sie einen anderen Verehrer hatte? Konnte sie Jonas nicht denen überlassen, die ihn mehr brauchten?!
    Unwillkürlich wandte sich Tabea nach rechts. Zwei Plätze weiter saß dieser vollbärtige Waldschrat, der die meiste Zeit nur Augen für Tina hatte. Im Moment machte er ein noch missmutigeres Gesicht als sonst. Dass sich Jonas in Bonn niederlassen wollte, schien ihm in keinster Weise in den Kram zu passen.
    Wenn sich da nicht eine Tragödie anbahnte!

    *

    Gottfried war in den Anblick von Tinas Profil vertieft, als er merkte, dass er beobachtet wurde. Er sah sich um und blickte in die blaugrünen Katzenaugen der mageren Tabea. Sie wusste, was los war. Ärger stieg in ihm hoch. Was ging sie das an?!
    Andererseits – sie war genauso hinter Jonas her wie Tina, vielleicht sollte er sie zu seiner Verbündeten machen. Er schenkte ihr den Hauch eines Lächelns. Hoffentlich verstand sie das nicht falsch. Wenigstens sah sie woanders hin.
    Zurück zu Tina. Sie würden perfekt zusammenpassen, sie war keine Schönheit, aber eine Persönlichkeit. Die meisten Leute in diesem Raum hatten sich im Lauf der letzten Monate ihre Lebensgeschichten erzählt: Hier war definitiv das geballte Elend der ganzen Gegend versammelt.
    Es wurmte Gottfried, dass Tina so gar nicht zu begreifen schien, was er für sie empfand. Vielleicht tat sie auch nur so, weil sie ihn für langweilig hielt. Für dumm. Für verschroben. Vielleicht sogar für verrückt.
    Doch wirklich verrückt waren hier einige andere! Dieser Holger zum Beispiel, der neben Tabea saß und praktisch den halben Saal mit seiner Fahne belästigte. Dieser Mann hatte die buschigsten Augenbrauen, die Gottfried je gesehen hatte. Er schien zu glauben, dass niemand bemerkte, wie er immer wieder unter den Tisch schaute, vor die Tür ging oder auffällig unauffällig mit den Augen

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