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Der Teufel trägt Prada

Der Teufel trägt Prada

Titel: Der Teufel trägt Prada Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Weisberger
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zugewachsen war, nachdem ich sie gestern Abend um elf in Gesellschaft eines äußerst höflichen Zeitgenossen namens William zurückgelassen hatte, der, soweit ich das beurteilen konnte, weder nach Rocky-Shirt noch nach wüsten Tattoos aussah.
    »Alex, jetzt mal im Ernst! Du willst mir doch nicht erzählen, dass irgendein Schlägertyp hier durch die Wohnung geistert – auf offizielle Einladung oder auch nicht – und dir das wurschtegal ist? Das ist ja wohl lächerlich! Wir müssen irgendwas tun«,
sagte ich und erhob mich vom Stuhl, wie immer im Zweifel, ob die Gewichtsverlagerung nicht den gesamten Balkon zum Absturz bringen würde.
    »Jetzt mach mal halblang, Andy. Ein Schlägertyp ist er ganz sicher nicht.« Er blätterte eine Seite weiter. »Ein Punk-Grunge-Freak vielleicht, aber kein Schlägertyp.«
    »Na, das freut mich aber. Scheiße noch mal, kommst du jetzt mit und hilfst mir nachsehen, was da los ist, oder willst du hier verschimmeln?«
    Er wich noch immer meinem Blick aus, und mir wurde endlich klar, wie gekränkt er wegen des verpfuschten Abends war. Verständlich, logisch, aber ich war ebenso sauer, dass ich arbeiten musste, und es war verdammt noch mal kein Fitzelchen daran zu ändern. »Ruf doch einfach, wenn du mich brauchst.«
    »Na schön«, knurrte ich und warf mich für den Sturmangriff auf das Nebenzimmer in die Brust. »Mach dir ja keine Vorwürfe, wenn du mich in Einzelteilen auf den Badezimmerfliesen wiederfindest. Wen kümmern schon solche Kleinigkeiten...«
    Wie ein kampflustiger Stier stampfte ich eine Weile durch die Wohnung und suchte nach Anzeichen dafür, dass der Typ tatsächlich da war. Das Einzige, was mir ins Auge stach, war eine leere Flasche »Ketel One« in der Spüle. Hatte Lily es wirklich geschafft, in der Zeit von Mitternacht bis jetzt eine Literflasche Wodka zu kaufen, zu köpfen und zu killen? Ich klopfte an ihre Tür. Keine Antwort. Zweiter Versuch, etwas nachdrücklicher, auf den eine männliche Stimme mit dem nahe liegenden Kommentar reagierte, es hätte geklopft. Als weiter nichts kam, drehte ich den Türknopf.
    »Hallo? Jemand zu Hause?« Das Vorhaben, nicht in den Raum zu spähen, hielt ich keine fünf Sekunden durch. Mein Blick schweifte über zwei Paar verknäuelte Jeans am Boden, einen BH, der am Schreibtischstuhl baumelte, und den überquellenden Aschenbecher, der die Bude stinken ließ wie nach einer Studentenparty; dann wanderte er ohne Umschweife zum Bett, wo meine
beste Freundin mit dem Rücken zu mir auf der Seite lag, nackt wie Gott sie geschaffen hatte. Daneben, fast verschwindend in ihrem Bettzeug, ein kränklich wirkender Typ mit Schweißspur anstelle eines Oberlippenbarts und fettiger Kopfbehaarung. Mit den unzähligen verschlungenen, grausigen Tattoos hob er sich kaum von Lilys blaugrün karierter Tagesdecke ab. Ein Goldring zierte seine Augenbraue, von den Ohren hing jede Menge Glitzermetall, und aus seinem Kinn sprossen zwei kleine, vorne abgerundete Stacheln. Gnädigerweise trug er Boxershorts, die allerdings so schmutzig, schmuddelig und schmierig aussahen, dass ich – na ja, beinahe – lieber darauf verzichtet hätte. Er nahm einen Zug aus seiner Zigarette, ließ lässig den Rauch entweichen, als wäre er Humphrey Bogart persönlich, und nickte vage in meine Richtung.
    »Ho«, sagte er und wedelte mir mit seiner Fluppe zu. »Was dagegen, wennssu die Tür zumachs, Schätzchen?«
    Wie bitte? »Schätzchen«? Dieser Schleimbeutel von Australier wollte mir frech kommen?
    »Was rauchst du denn da – Crack ?« Wozu noch länger gute Manieren heucheln. Angst hatte ich sowieso keine. Er war kleiner als ich und wog keine 60 Kilo – das Schlimmste, was mir nach augenblicklicher Einschätzung der Lage passieren konnte, war, dass er mich anfasste. Was er mit Lily vermutlich ausgiebig getan hatte – eine Vorstellung, die mir Schauer über den Rücken jagte, doch meine süße Freundin schlief in seinem Windschatten ungerührt weiter. »Was zum Teufel bildest du dir eigentlich ein? Das hier ist meine Wohnung, und du verzischst dich jetzt, und zwar pronto!«, trumpfte ich auf, vom Zeitdruck ungemein beflügelt: Immerhin blieb mir noch genau eine Stunde, um mich für den bislang stressigsten Abend meiner Karriere in Schale zu schmeißen; nebenbei noch einen ausgeflippten Junkie aus der Wohnung zu schmeißen, davon war in der Spielanleitung keine Rede gewesen.
    » Maaaaaaaaaannn . Jetzt reg dich mal ab«, hauchte er und
nahm einen weiteren Zug. »Sieht doch

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