Der Teufel trägt Prada
Knöchel war von meiner gesamten Familie mehr oder weniger fantasievoll bemalt worden.
»So ist es.«
Meine Schwester erschien in der Tür, auf dem Arm das vollgesabberte Baby, das bei unserem Anblick zufrieden gluckste. »Schaut mal, wer da ist«, flötete sie und ließ den Kleinen zu seinem Entzücken ein bisschen auf und ab hopsen. »Isaac, sag deiner Tante Andy, sie soll nicht so hässlich und garstig zu uns sein, wo wir doch alle ganz bald fahren. Machst du das für deine Mami, Schätzchen? Hm?«
Isaac tat sein Bestes und ließ ein sehr niedliches Babyniesen vernehmen. Jill strahlte, als wäre er soeben zu voller Männlichkeit erblüht und hätte uns Sonette von Shakespeare vorgetragen. »Hast du das gesehen, Andy? Hast du das gehört ? Ach mein Süßer, was bist du doch für ein Goldschatz!«
»Guten Morgen«, brummte ich und gab ihr einen Kuss auf die Wange. »Ich will nicht, dass ihr schon fahrt, das weißt du doch? Und Isaac darf herzlich gerne bleiben, so lange er will, vorausgesetzt er schläft von Mitternacht bis zehn Uhr morgens, wie sich das gehört. Mann, von mir aus kann sogar Kyle weiter hier herumhängen, er muss nur versprechen, nicht den Mund aufzumachen. Na, was sagst du? So kompliziert ist es doch gar nicht mit uns.«
Lily war schon über die Treppe nach unten zu meinen Eltern gehumpelt, die sich von Kyle verabschiedeten, bevor sie zur Arbeit fuhren.
Ich machte unsere Betten. Lily war aus dem Koma erwacht, als ich noch im Flugzeug saß, und nach Alex hatte ich sie als zweite wieder bei Bewusstsein gesehen. Sie hatten sie in der Folge von Kopf bis Fuß scheibchenweise mit allen nur erdenklichen
Tests unter die Lupe genommen, aber abgesehen von ein paar Platzwunden im Gesicht, am Hals und an der Brust sowie dem gebrochenen Fuß fehlte ihr absolut nichts. Sie sah natürlich furchtbar aus, aber das war nach dem Ringelpiez mit einem entgegenkommenden Fahrzeug nun auch nicht anders zu erwarten gewesen. Jedenfalls war sie schon wieder ganz munter auf den Beinen und für jemanden, der knapp an der Katastrophe vorbeigeschrammt war, geradezu unverschämt gut drauf.
Mein Dad hatte die Idee gehabt, dass wir unser Apartment von November bis einschließlich Dezember untervermieten und in der Zeit bei ihnen wohnen sollten. Ich war zwar nicht gerade erbaut davon, aber angesichts meines Kontostands blieb mir wenig anderes übrig. Außerdem schien es Lily ganz recht zu sein, ein Weilchen aus der Stadt mit ihrem Klatsch und Tratsch wegzukommen und abzuwarten, bis die Wogen sich etwas geglättet hatten. Wir hatten die Bude im Internet als perfekte »Ferienwohnung« im Herzen von New York angepriesen und waren wie vom Donner gerührt, als ein älteres schwedisches Ehepaar, dessen Kinder alle in der Stadt lebten, anstandslos den vollen von uns verlangten Preis akzeptierte – 600 Dollar mehr pro Monat, als wir selbst dafür zahlten. Mit dem Überschuss ließ es sich für uns mehr als gut leben, zumal meine Eltern uns Essen, frische Wäsche und einen nur leicht ramponierten Toyota zur Verfügung stellten. Die Schweden blieben bis Anfang Januar – dann begann für Lily wieder das Semester und für mich, tja, was auch immer.
Die offizielle Kündigung war durch Emily erfolgt. Nicht, dass über die Fortsetzung meines Beschäftigungsverhältnisses nach meinem kleinen verbalen Ausrutscher noch irgendwelche Zweifel bestanden hätten, aber Miranda hatte mir unbedingt noch eine verpassen müssen. Sprich: Es dauerte keine drei Minuten, bis die von mir so heiß geliebte, gnadenlos effiziente Runway -Maschinerie in Gang gesetzt war.
Eben saß ich im Taxi und befreite meinen linken Fuß von dem Würgegriff des Sadomaso-Stiefels, als das Telefon klingelte. Instinktiv fuhr ich zusammen, doch dann fiel mir unsere kleine Szene wieder ein. Es konnte nicht sie sein. Blitzschnell legte ich in Gedanken eine tabellarische Liste an: eine Minute, bis Miranda den Mund wieder zugeklappt und sich gefangen hatte, um den Gaffern ringsum kein Schauspiel zu bieten; eine weitere Minute, um ihr Handy zu finden und Emily zu Hause anzurufen, eine dritte, um ihr die unappetitlichen Details meiner historischen Entgleisung darzulegen, und die letzte schließlich für Emilys Versicherung, sie würde »persönlich dafür Sorge tragen, dass alle nötigen Maßnahmen ergriffen wurden«. Genau. Auch wenn die Rufnummernanzeige bei internationalen Verbindungen nicht funktionierte – es bestand nicht der leiseste Zweifel, wer da am Apparat
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