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Der Teufel trägt Prada

Der Teufel trägt Prada

Titel: Der Teufel trägt Prada Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Weisberger
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wirklich jammerschade.

2
    Ich war ein ahnungsloser Engel, als ich zum ersten Vorstellungsgespräch meines Lebens antrat und in einen der berühmten Elias-Clark-Fahrstühle stieg, in denen sich alles, aber auch alles auf und ab bewegte, was in der Modewelt Rang und Namen hatte. Ich wusste nicht, dass die einflussreichsten Klatschkolumnisten, Societypersönlichkeiten und Medienmanager der Stadt wegen der perfekt geschminkten, atemberaubend gekleideten Wesen, die in den edlen Aufzügen geräuschlos nach oben entschwebten, schlaflose Nächte verbrachten. Ich hatte noch nie Frauen mit derart blondem Blondhaar gesehen und wäre nie auf die Idee gekommen, dass allein die Strähnchen vom Starfriseur 6000 Dollar im Jahr kosteten oder dass dem Eingeweihten ein einziger Blick genügte, um anhand der Farbgebung den Coloristen zu identifizieren. Ich hatte auch noch nie so schöne Männer gesehen, die ihre hart erarbeiteten, aber nicht zu muskelbepackten Traumfiguren in eng anliegenden Rollkragenpullovern und knackigen Lederhosen zu Schau stellten. Taschen und Schuhe, die ich noch niemals an einem lebenden Menschen zu Gesicht bekommen hatte, verkündeten stolz, wo sie herkamen: Prada! Armani! Versace! Von der Bekannten einer Bekannten – einer Redaktionsassistentin bei der Zeitschrift Chic – hatte ich gehört, dass es solchen Accessoires hin und wieder sogar vergönnt war, in diesen Fahrstühlen ihren Schöpfern zu begegnen, ein gewiss auch für Miuccia, Giorgio oder Donatella freudiges Wiedersehen mit einem Paar Stiletto-Pumps aus der Sommersaison 2002 oder einem tropfenförmigen
Handtäschchen aus der letzten Frühjahrskollektion. Als ich in den Elias-Clark-Aufzug stieg, wusste ich, dass in meinem Leben eine Veränderung bevorstand – bloß ob es eine Veränderung zum Besseren war, das wusste ich nicht.
    Die ersten 23 Jahre meines Lebens war ich eine eher biedere Provinzpflanze gewesen, aufgewachsen in einer idyllischen Kleinstadt wie aus dem amerikanischen Bilderbuch. Kindheit und Jugend in Avon, Connecticut, verliefen nach dem üblichen Klischee: High-School-Sport, Jugendgruppe, harmlose »Saufgelage« bei Freunden, die eine sturmfreie Bude hatten. In der Schule trugen wir Jogginghosen, am Samstagabend schlüpften wir in unsere Jeans und warfen uns zum Tanztee oder für einen Ball mit braven Rüschenkleidern in Schale. Und dann aufs College! Es war wie eine neue, aufregende Welt, die sich nach der High School auftat. Dort war für jeden etwas geboten, ganz gleich ob Künstler, Aussteiger oder Computerfreak. Auf dem College standen mir sämtliche Möglichkeiten offen. Ich hatte die Qual der Wahl, welchen intellektuellen oder kreativen Interessen ich mich widmen, welches abseitige oder esoterische Orchideenfach ich studieren wollte. Nur ein Fach war im Vorlesungsverzeichnis nicht vertreten: die Haute Couture. Die vier Jahre in Providence, in denen ich Seminare über die französischen Impressionisten besuchte und mir ellenlange Hausarbeiten zur englischen Literatur abrang, bereiteten mich in keiner – nein, in keinster Weise – auf meine erste »richtige« Arbeitsstelle vor.
    Ich schob den Augenblick der Wahrheit so lange wie möglich hinaus, indem ich mir nach dem Examen erst mal ein bisschen Geld zusammenpumpte und einen Trip über den großen Teich machte. Einen Monat lang klapperte ich mit dem Zug halb Europa ab, sah dabei aber, wie ich zugeben muss, wesentlich mehr Strände als Museen. Fast der Einzige, mit dem ich während dieser Zeit in Kontakt blieb, war mein Freund Alex, mit dem ich damals schon seit drei Jahren zusammen war. Er wusste genau,
dass mir das Alleinreisen nach spätestens fünf Wochen auf den Keks gehen würde, und weil er seine Stelle als Lehrer erst im September antreten musste, überraschte er mich in Amsterdam. Bis dahin hatte ich Europa ziemlich abgegrast, und weil Alex im Sommer davor schon dort gewesen war, schmissen wir nach einem verrückten Nachmittag in einem Coffee Shop unsere Traveller Checks zusammen und kauften kurz entschlossen zwei Flugtickets nach Bangkok.
    Dann reisten wir kreuz und quer durch Südostasien. Wir gaben am Tag kaum mehr als zehn Dollar aus und redeten über unsere Zukunftspläne. Er freute sich schon wahnsinnig darauf, an einer Schule unterrichten zu dürfen, die mitten in einem der sozialen Brennpunkte der Stadt lag, war begeistert von der Idee, junge Seelen zu formen und sich für die Armen und Benachteiligten einzusetzen. Typisch Alex. Ich verfolgte keine derart

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