Der Thron der roten Königin
besetzt Guildford und schlägt sich siegreich in Scharmützeln im Westen und im Osten des Landes. Es gelingt ihm, die Rebellen in ihren eigenen Grafschaften zu halten. Er schickt eine verzweifelte Warnung an den König: Die Grafschaften im Süden erheben sich im Namen der früheren Königin und ihrer gefangenen Söhne, der Prinzen.
Richard, kampfgestähltes Oberhaupt des Hauses York, marschiert im schnellen Tempo einer yorkistischen Armee gen Süden, schlägt sein Hauptquartier in Lincoln auf und stellt in allen Grafschaften Heere auf, besonders in denen, die sein Vorrücken freudig bejubeln. Männer aus Wales melden ihm den Verrat des Duke of Buckingham und informieren ihn, dass der Herzog schon auf dem Vormarsch ist und sich durch die Walisischen Marken nach Norden bewegt. Dass er Männer rekrutiert und wohl bei Gloucester oder vielleicht auch bei Tewkesbury den Severn überschreiten will, um mit seinen eigenen Leuten und seinen walisischen Rekruten in das Herz Englands vorzustoßen. Sein geliebter Freund Henry Stafford marschiert unter seiner Standarte hinaus, so stolz und mutig, wie er einst für Richard gekämpft hat, nur dass er jetzt gegen ihn marschiert.
Richard wird weiß vor Zorn und umklammert seinen rechten Arm, seinen Schwertarm, oberhalb des Ellbogens, als bebte er vor Wut und müsste ihn ruhig halten. «Ein Mann mit dem besten Grund, treu zu sein!», ruft er aus. «Die falscheste Kreatur auf Gottes Erden. Ein Mann, der alles bekommen hat, worum er bat. Niemals wurde ein unwürdiger Verräter besser behandelt! Ein Verräter!»
Sofort sendet er Befehle zum Aufstellen der Truppen in sämtliche Grafschaften Englands, verlangt ihre Loyalität, ihre Waffen und ihre Männer. Dies ist die erste und größte Krise seiner neuen Regentschaft. Er ruft die Truppen herbei, damit sie den yorkistischen König unterstützen, er verlangt die Loyalität, die sie seinem Bruder gezollt und ihm versprochen haben. Er warnt alle, die bei seiner Krönung vor nicht einmal sechzehn Wochen gejubelt haben, dass sie jetzt zu dieser Entscheidung stehen müssen, sonst werde England an die unheilige Allianz zwischen dem falschen Duke of Buckingham, der Hexe und ehemaligen Königin sowie dem Thronräuber Tudor fallen.
Es gießt in Strömen, und von Norden weht ein scharfer Wind. Es ist unnatürliches Wetter, Hexenwetter. Wenn er England erreichen will, solange die Unterstützer der Königin sich erhoben haben und Buckingham marschiert, muss mein Sohn jetzt Segel setzen. Aber wenn es hier, im Süden Englands, schon so stürmisch ist, dann fürchte ich das Schlimmste für das Wetter in der Bretagne. Er muss genau im richtigen Moment landen, um den müden Sieger der ersten Schlacht zu erwischen, und ihn in einen weiteren Kampf zwingen, auch wenn dieser des Kämpfens überdrüssig ist. Doch wie ich dort an meinem Fenster stehe und den Regen vom Himmel fallen und den Wind die Bäume im Garten peitschen sehe, weiß ich, dass er bei diesem Wetter nicht lossegeln kann – der Wind fegt jaulend gen Süden. Ich glaube nicht, dass es ihm bei so einem Sturm gelingt, auch nur den Hafen zu verlassen.
***
Am nächsten Tag regnet es noch heftiger, und der Flusspegel steigt stetig an. Er hat schon die Stufen am Fuß unseres Gartens überflutet, und die Bootsführer ziehen Stanleys Barkasse den Garten herauf bis in den Obstgarten, hinaus aus den wirbelnden Fluten, denn sie fürchten, die Strömung könnte sie von ihrem Liegeplatz losreißen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Henry bei so einem Wetter Segel setzen kann, und selbst wenn er aus dem Hafen käme, glaube ich nicht, dass er sicher über den Kanal an Englands Südküste gelangte.
Mein Netz an Informanten, Spionen und Verschwörern ist fassungslos über diesen heftigen Regen, der sich wie eine Waffe gegen uns richtet. Die Straßen nach London sind nahezu unpassierbar, niemand kommt mit Nachrichten durch. Es ist schier unmöglich, auf einem Pferd von London nach Guildford zu gelangen, und da die Flusspegel weiter steigen, hört man überall an den Strömen von Überflutungen und Ertrunkenen. Der Tidenhub ist unnatürlich hoch, und der mächtige Fluss schießt Tag und Nacht gegen die einströmenden Gezeiten an. Hochaufschäumende Wogen reißen am Flussufer ganze Häuser, Kaimauern, Landungsstege und Docks mit sich. Niemand erinnert sich, je ein solches Wetter erlebt zu haben, einen Regensturm, der Tage währt und sämtliche Flüsse Englands über die Ufer treten lässt.
Ich habe
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