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Der Thron der Welt

Der Thron der Welt

Titel: Der Thron der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Lyndon
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bekannte Krankheit.»
    Wayland stellte eine selbsterfundene Rätselfrage:
     
    «Ich bin durch die Lüfte geflogen und übers Meer gesegelt,
    Ich habe meinen Meister warm und trocken gehalten.
    Eines Tages hat er mich verlassen, ist im Mondlicht nordwärts gezogen.
    Ein Mann hat mich aufgehoben, ein Messer genommen, und mich beinahe nackt geschält.
    Und mich in einen schwarzen Teich getaucht,
    Erst als er mich tropfend wieder herausholte, konnte ich meine Geschichte erzählen.»
     
    «Ich hoffe, das ist nichts Unanständiges», sagte der Bischof.
    Wayland schüttelte lächelnd den Kopf.
    Richard starrte angestrengt nachdenkend vor sich hin. «Ich weiß die Antwort. Sag nichts.» Dann klatschte er in die Hände. «Ein Gänsekiel!»
    Hero sah Raul beim Tanz mit einer vollbusigen Witwe zu, die von ihm mit der unbeholfenen Förmlichkeit eines gezähmten Bären herumgeschoben wurde. Hinter ihnen tauchte ein Reitertrupp aus der Dunkelheit auf. Es waren sechs Reiter, und ihre Gesichter wurden von den Flammen blutrot gefärbt, als sie Steigbügel an Steigbügel auf der anderen Seite des Feuers anhielten.
    Vallon war schon aufgestanden. «Sie werden in Anwesenheit des Bischofs keinen Unfrieden stiften.»
    Vallon hatte Hero erzählt, wie geschwächt Drogo war, doch nun, mit geschnittenen Haaren und wieder wohlgenährt, sah er genauso aus, wie Hero ihn in Erinnerung hatte. Auf dem Pferd neben ihm saß ein gutaussehender junger Mann, der nur Helgi sein konnte. Vallon hatte Heros Fragen nach dem Grund ihres Streits abgetan, doch Garrick hatte ihm erzählt, dass es etwas mit Helgis Schwester zu tun haben müsse. Auch viele andere Gäste hatten die Ankunft der Reiter bemerkt und kamen heran, um festzustellen, was es damit auf sich hatte.
    «Die Einladung besagte, dass keine Waffen mitgebracht werden dürfen», sagte Vallon. «Daher werde ich euch nicht bitten, uns Gesellschaft zu leisten.»
    Die Männer blieben in den Sätteln. «Wir segeln morgen bei Tagesanbruch», entgegnete Drogo. «Vor der Überfahrt nach Norwegen holen wir meine Männer ab.»
    «Sieht so aus, als wäre deine Reise ein Misserfolg geworden.»
    «Diese Reise ist noch lange nicht zu Ende. Ich bekomme dich schon noch zu fassen.»
    Ihre Blicke bohrten sich ineinander, dann riss Drogo sein Pferd herum, und die Reiter verschwanden in der Dunkelheit. Vallon klatschte in die Hände. «Wir feiern weiter.»
     
    Beim ersten Tageslicht wurden die Leinen des Schiffsverbands losgemacht und die Segler aus dem Hafen gerudert. Eine Meile vom Ufer entfernt begann eine Brise die Segel zu blähen, und der Verband segelte langsam südwärts.
    Vallon stieß den Atem aus. «Jetzt haben wir sie endgültig zum letzten Mal gesehen.»
    «Drogo wird in Norwegen auf uns warten», sagte Hero.
    «Soll er ruhig. Wir halten nur, um die Mönche von Bord zu lassen.»
    Hero sah den kleiner werdenden Schiffen nach.
    Vallon klopfte ihm auf die Schulter. «Vergiss ihn. Wir haben zu tun.»
    Die Vorbereitungen für ihre Reise nahmen drei Tage in Anspruch. Wayland beauftragte ein paar Kinder damit, Vögel für die Falken zu fangen. Weil sie die Pferde mitnehmen wollten, nahmen sie genügend Futter und Wasser an Bord, um zwei Wochen auf See zu überstehen. Sie flickten Segel und Tauwerk und statteten das Ruder mit einer neuen Verzurrung aus Walrosshaut aus.
    Es war nach Mitternacht, als Raul Vallon meldete, alles sei erledigt.
    Vallon sah zu den Sternenwirbeln hinauf. «Wenn das so ist, geht es sofort los. Hero, hol die Mönche. Raul, bring die Pferde an Bord.»
    In der Nachtstunde, in der die meisten Menschen am tiefsten schlafen, schob sich die
Shearwater
aus dem Hafen. Nur der Hafenmeister war da, um sich zu versichern, dass sie über die Sandbank kamen. Er hielt eine Fackel hoch über den Kopf. «Kommt bald wieder!», rief er.
    «Das werden wir», antwortete Hero.
    Doch er wusste, dass er, außer in Gedanken und Erinnerungen, niemals mehr nach Island zurückkehren würde. Aber Erinnerungen graben sich tief ein, und sie überwinden jede Entfernung. Er beobachtete, wie das Fackellicht am Ufer immer kleiner wurde, dann hob er seinen Blick mit einer Mischung aus Aufregung und Furcht zur Unendlichkeit des Sternenzeltes.

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    Das Weiße Meer und Rus
    XXVIII
    A m nächsten Abend fuhren sie um die Reykjanes-Halbinsel und nahmen Kurs auf Südwest. Nachts peilte Hero den Polarstern an, um ihren Breitengrad festzustellen. Die Morgendämmerung kam mit Nebel, und die Sonne schimmerte

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