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Der Thron der Welt

Der Thron der Welt

Titel: Der Thron der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Lyndon
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Gedanken an die Zeit verschwendet, und er war überrascht, als ihm klar wurde, wie weit der Tag schon fortgeschritten war. Sie ließen das Langschiff und sein Opfer weiter hinter sich. Die Dämmerung begann über den Himmel zu kriechen, als sich die beiden Umrisse wieder trennten.
    «Sie verfolgen uns», sagte Raul.
    «Sie werden uns nicht einholen, bevor es dunkel ist.»
    Raul schaute zur Windfahne hinüber. «Der Wind dreht auf Nord. Die Wikinger wissen, dass wir zur Küste wollen. Sie werden versuchen, uns den Weg abzuschneiden und uns abzupassen.»
    «Irgendwelche Vorschläge?»
    «Warten, bis es dunkel ist, die Wikinger vorbeifahren lassen, und uns dann auf Luv halten. Bis morgen früh können sie leicht zwanzig Meilen in Windrichtung von uns entfernt sein. Zu weit für sie, um wieder zurückzurudern. So hätten wir genügend Bewegungsfreiheit, um uns einen sicheren Ankerplatz zu suchen.»
    «Sie denken sich vielleicht, dass wir auf diese Idee kommen.»
    «Vielleicht.»
    «Der Himmel klart auf, und wir haben zunehmenden Mond. Und wir wollen nicht, dass uns die Wikinger entdecken. Also Kurs halten.»
    «Aye, Hauptmann.»
    Vallon gähnte so heftig, dass er sich beinahe den Kiefer ausgerenkt hätte. «Weck mich auf, falls …» Er beendete den Satz mit einem erschöpften Winken.
    Dann trottete er zu seinem Schlaflager, legte sich hin und tastete nach seinem Schwert. Seine Lider flatterten, und dann war er eingeschlafen.
     
    Im Aufwachen schlug er eine Hand weg. Jemand rüttelte an seiner Schulter. Er setzte sich auf und streckte die Arme über den Kopf.
    «Mitternacht ist vorbei», sagte Wayland. «Raul hat gesagt, Ihr wollt geweckt werden, wenn es eine Veränderung gibt.»
    Vallon blinzelte. Alles hatte sich verändert. Der Falke auf Waylands Faust schien ein weißes Licht auszustrahlen. Der Hund saß neben seinem Herrn. Die Augen des Tieres schimmerten fahl, und sein pelziger Umriss war in die tiefsten Schatten an Deck getaucht. Vallon stand auf. Ein Vollmond mit einem Lichthof warf milchige Helligkeit über den Ozean. Kleine Wolken trieben wie Rauchschwaden niedrig über den Horizont und wurden heller, wenn sie durch die Mondstrahlen zogen. Das Meer schien sich in eine riesige Fläche aus zerknittertem Silber verwandelt zu haben. Auf Backbord schimmerte ein Segel.
    «Helgis Schiff», sagte Wayland.
    Vallon entdeckte ein weiteres Segel weit hinter dem glitzernden Kielwasser der
Shearwater
.
    «Das ist das andere isländische Schiff.»
    Vallon musterte das Meer in allen vier Himmelsrichtungen. «Und die Wikinger?»
    «Nicht zu sehen.»
    Ein Meteoritenschwarm glitt über den Himmel und verschwand nach und nach in den Tiefen des Alls. Das Falkenweibchen drehte den Kopf und begann sich zu putzen. Sie richtete sich auf und fuhr mit dem Schnabel an ihren Schwungfedern hinunter. Vallon strich dem Vogel über die Brust.
    «Wie schnell du ihn gezähmt hast.»
    «Das liegt nicht an mir. Er ist von Natur aus gutartig.»
    «Und wie geht es den anderen Falken?»
    «Bis jetzt sind sie recht gesund. Sie leiden nicht unter Seekrankheit wie die Menschen. Meine Hauptsorge ist, dass mir das Futter ausgehen könnte.»
    «Wir gehen an Land, sobald wir die Wikinger abgeschüttelt haben.»
    «Und was machen wir, wenn sie uns angreifen?»
    «Dann machen wir es ihnen so schwer wir möglich. Wie gut bist du mit Pfeilen versorgt?»
    «Mein Köcher ist voll.» Wayland hielt inne. «Es ist Syth, um die ich mir Sorgen mache – wenn ich getötet werde, meine ich. Ich weiß, was die Wikinger mit ihr machen werden.»
    «Glaub nicht alles, was Raul dir erzählt.»
    «Es stimmt aber. Ihr wisst es selbst. Syth und ich haben darüber gesprochen. Sie hat ein Messer, aber ich bin nicht sicher, dass sie imstande ist, es zu benutzten, falls es so weit kommt.»
    «Niemand wir ihr etwas tun.»
    «Aber wenn es zum Äußersten kommt …»
    Was konnte Vallon sagen? Dass es schlimmere Schicksale für eine junge Frau gab, als von Piraten gefangen zu werden? Dass es Wayland, wenn er tot wäre, nicht mehr kümmern würde, was mit Syth geschah?
    «Wenn es in meiner Macht steht, sorge ich dafür, dass sie nicht den Wikingern in die Hände fällt.»
    «Danke.»
     
    Vallon hielt Wache, bis der Morgen graute und die Sterne, die sie geführt hatten, niedrig im Osten standen. Einer nach dem anderen wachten die Übrigen auf, verschränkten frierend die Arme vor der Brust und bliesen sich in die Hände. Ein kalter Wind aus Nordwest hatte sie so weit vorangetrieben,

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