Der Thron der Welt
dass sie das Land wieder sehen konnten. Helgis Schiff pflügte ein paar Meilen vor ihnen durchs Wasser. Der andere Segler war hinter ihnen. Die Wikinger waren immer noch nirgends zu sehen.
Garrick brachte Vallon ein Frühstück aus Brot und einer Schale rötlichem Brei. Vallon beäugte die Schale mit ausgestrecktem Arm.
«Das ist Tang, Hauptmann.»
«Tang.»
«Seegras, Hauptmann. Die Isländer essen es im Winter, um keinen Skorbut zu bekommen.»
Vallon tauchte den Löffel ein, nahm ein winziges bisschen in den Mund und prüfte mit geschlossenen Augen den Geschmack. Sein Mund zog sich zusammen. Er spuckte den Tang aus und kippte den ekligen Brei über Bord.
«Wir sind noch nicht einmal zwei Wochen auf See. Erzähl mir nicht, dass uns das richtige Essen schon ausgegangen ist.»
«Ich kann Euch ein Ei bringen, Hauptmann.»
Vallons Miene hellte sich auf. «Ein frisches Ei?»
«Ich fürchte nicht. Sie werden seit letztem Jahr in Asche aufbewahrt.»
Vallon zog ein Gesicht. Er hatte Isländer gesehen, die den grünlichen, wässrigen Inhalt solcher Eier ausgesaugt hatten. «Schon gut. Das Brot genügt mir.»
Garrick stützte sich aufs Dollbord und blickte über den Ozean. «Sieht so aus, als wären wir sie los.»
«Da bin ich mir nicht so sicher.»
Garrick nickte in Richtung des Nachzüglerschiffes. «Und wenn sie auftauchen, kriegen sie die dort zuerst.»
Die Brise trug sie näher an die Küste. Vallon schaute zu, wie sie immer deutlicher erkennbar wurde. Hügeliges Ödland in den Farben des Herbstes. Keine Berge oder Bäume. Helgi hielt auf die Mündung eines großen Flusses zu. Die Sonne stand beinahe im Zenit. Beide isländische Schiffe waren noch in Sicht, als Vallon bei einem seiner Rundblicke hinter dem Nachzügler etwas ausmachte.
«Wayland.»
Wayland eilte zu ihm.
«Ist das ein Segel?»
Wayland schaute lange und konzentriert in die angegebene Richtung. «Ja.»
Vallon warf einen finsteren Blick auf Helgis Schiff. Auch dort hatte anscheinend jemand das Langschiff entdeckt, doch die Knarr hielt weiter auf die Flussmündung zu. «Seht euch das an. Denkt nur an sich selbst.»
«Das kann man ihm nicht vorwerfen», sagte Raul. «Er könnte die Knarr ohnehin nicht mehr vor dem Langschiff erreichen.»
«Das sind seine Landsleute. Er hätte an ihrer Seite bleiben müssen. Aber er kümmert sich nur um sich selbst und seine kostbare Schwester.» Vallon kniff die Augen zusammen, um die Entfernungen besser abschätzen zu können. «Wenn wir die Ruder nehmen, schaffen wir es vielleicht, zuerst bei den Isländern zu sein.»
«Nein, das schaffen wir nicht. Die Wikinger können dreimal so schnell rudern wie wir, und sie haben den Wind im Rücken. Hauptmann, mir gefällt es auch nicht, die Isländer sich selbst zu überlassen, aber wir haben keine Wahl.»
Vallon warf erneut einen Blick auf Helgis Schiff. «Beidrehen. Wir geben den Isländern Gelegenheit, zu uns aufzuholen.»
Raul machte einen Schritt auf Vallon zu. «Hauptmann …»
«Beidrehen.»
Die
Shearwater
verlor an Geschwindigkeit. Alle an Bord warteten ab.
Es war ein merkwürdiger Tag, der Wind kam in Böen, die abwechselnd warm und kalt waren. Sie mussten sich am Zusammenfluss unterschiedlicher Strömungen befinden. Das isländische Schiff schloss langsam zu ihnen auf, doch das Langschiff glitt schneller dahin.
Garrick bekreuzigte sich. «Da sind Frauen und Kinder an Bord. Gott steh ihnen bei.»
«Können wir denn gar nichts tun?», murmelte Hero.
«Nein, nicht das Geringste», zischte Raul. «Wir bringen uns völlig umsonst in Gefahr.»
Eine halbe Meile von ihrer Beute entfernt setzten die Wikinger ihre Ruder ein. Das Meer schäumte um die Ruderblätter und den Bug des Langschiffs. Die Mönche fielen auf die Knie und flehten zu Gott, er möge einschreiten. Vallon überprüfte den Sonnenwinkel. Dann streifte sein Blick den Ring. Er sah, dass der Stein dunkel geworden war, und er tat die Warnung ab. Es stand kaum eine Wolke am Himmel, und es wäre nicht das erste Mal, dass die Vorhersage des Edelsteins falsch war. Die Brise trug schwache Schreie von dem isländischen Schiff herüber.
Richard barg das Gesicht in den Händen. «Ich kann das nicht mit ansehen.»
Das Langschiff glitt neben die Knarr, und die Wikinger sprangen an Bord. Ein kurzes Gedränge, dann klang ein Kriegshorn übers Meer.
«Bitte um Erlaubnis, weiterfahren zu dürfen, Hauptmann.»
Zwei Gestalten stürzten von der Knarr. Eine weitere folgte. «Was geht da vor sich?»
«Sie
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