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Der Thron der Welt

Der Thron der Welt

Titel: Der Thron der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Lyndon
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muss kalfatert werden.»
    «Verflucht», sagte Vallon. Die Träger zündeten ein Kochfeuer an. Wenn sie irgendetwas von einem Verrat gewusst hätten, dann wären sie nach der Bezahlung so schnell wie möglich verschwunden. «Bring das Boot so schnell es geht in Ordnung. Die Übrigen können etwas essen. Ihr zwei», sagte er und meinte Tostig und Olaf. «Nehmt das Kanu und haltet am anderen Ufer Wache. Zieht nicht so lange Gesichter. Wir heben euch etwas zu essen auf.»
    Hero stellte sich neben Vallon. Er grinste von einem Ohr bis zum anderen. «Wenigstens können wir jetzt den Traum erleben, bis ans Ziel unserer Reise zu kommen.»
    «Wir haben noch einen langen Weg vor uns.»
    Richard wachte gähnend auf. «Wenn wir auf dem Fluss sind, schlafe ich vier Tage am Stück. Weckt mich, wenn wir in Kiew sind.»
    Die Wikinger machten Feuer, um Pech zu schmelzen. Über den Pechtopf hängten die Reisenden einen Kessel mit Brühe. Vallon konnte seine Unruhe nicht abschütteln, Wayland hatte ihn mit seinem Misstrauen angesteckt. Oleg musste den Dnjepr schon zwei Tage zuvor erreicht haben. Inzwischen konnte er weiter flussab einen Hinterhalt gelegt haben.
    Sie aßen noch, als Wulfstan berichtete, seine Männer hätten das Boot repariert. «Aufbruch!», rief Vallon. «Das Brot schmeckt auf dem Fluss genauso gut. Wo ist der Mann mit dem Horn? Ah, da bist du ja. Ruf Wayland und Syth.»
     
    Sie knieten hinter einer Linde, die der Wind gefällt hatte. Sechzig oder siebzig Schritt entfernt stand ein einsamer schwarzer Bulle mit einer hellen Zeichnung, die über den gesamten Rücken lief. Er war größer als ein Mensch, länger als ein Karren, und sein Schädel war mit leierförmigen Hörnern bewaffnet. Hinter ihm, am anderen Ende der Lichtung, grasten fünf Jungbullen. Eine Herde rötlichbrauner Kühe und Kälber stromerte in dem sonnenscheckigen Wald dahinter herum. Die Tiere sahen aus, als stammten sie aus einer uralten Zeit. Zitronenfalter, die über die Lichtung schwärmten, verzauberten den Anblick noch mehr. Hunderte umflatterten den alten Bullen, angezogen von der Wärme, die von seinem Fell aufstieg. Der schlachtenerprobte Patriarch sah aus wie von gelben Blüten übersät.
    «Wage bloß nicht, auf ihn zu schießen», flüsterte Syth.
    Wayland schüttelte lächelnd den Kopf.
    Während der Bulle graste, schob sich langsam seine Rute hervor.
    «Meine Güte», sagte Syth.
    Wayland hüstelte in seine Faust.
    «Wayland.»
    «Schsch. Du erschreckst sie.»
    Syth warf einen Blick auf den Auerochsen, dann spitzte sie ihre Lippen und blies Wayland sanft ins Ohr.
    Seine Kiefer arbeiteten.
    «Way-land.»
    «Was?»
    Sie rollte sich auf den Rücken und breitete mit geschlossenen Augen die Arme aus.
    Er schaute auf sie herunter, dann zog ein Grinsen über sein Gesicht, und er legte sich neben sie. Seine Hand fuhr unter ihr Gewand.
    «Wayland, das sind keine Hundewelpen.»
    «Sie fühlen sich einfach wundervoll an.»
    Sie legte ihm die Hand um den Nacken. «Ich wünschte, wir hätten in Nowgorod zusammen sein können, als wir schöne Kleider und saubere Betten hatten.»
    Wayland liebkoste ihr Ohr. «Adam und Eva hatten auch keine Kleider oder ein Bett.»
    «Ich wette, Eva hätte gern welche gehabt.»
    «Was? Sie soll sich nach edlen Gewändern gesehnt haben, nur um sich von Adam ausziehen zu lassen?»
    «Du kannst reden! Du lebst gern im Wald. Aber ein Liebesnest mit Krabbelgetier zu teilen ist nicht gerade meine Vorstellung von der Seligkeit.»
    Wayland beugte sich über sie. «Du wirst schöne Kleider haben, das verspreche ich dir. Und wir leben in einem prachtvollen Haus, du wirst schon sehen.»
    Sie lächelte. Ihre Haut schimmerte unter der Dreckschicht, und in ihren Augen spiegelte sich der Himmel.
    «Raul hat gesagt, du wärst eine Nixe. Er sagte, du könntest dich in Wasser verwandeln.»
    Sie tastete nach seinem Gürtel. «Ich kann noch viel mehr als das. Ich kann
dich
in Wasser verwandeln.»
    Als das Horn geblasen wurde, waren sie so ineinander versunken, dass sie es nicht hörten. Doch Wayland musste eine Vibration gespürt haben, denn er löste seine Lippen von ihren und stemmte sich auf die Unterarme.
    Syth öffnete die Augen. Ihr Blick war fast entrückt. «Hör nicht auf.» Sie schlang ihre Beine fester um ihn. «Nicht aufhören.»
     
    Vallon stapfte am Ufer auf und ab und warf ungeduldige Blicke zu der Weide hinauf. Da drang ein langgezogener Schrei über den Fluss, und die beiden Isländer rannten vom Waldrand zu dem Kanu.

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