Der Thron von Melengar: Riyria 1 (German Edition)
Hadrian.
Royce seufzte enttäuscht. »Also, alles in allem denke ich, wir haben ihn nicht allzu sehr ausgenommen. Außerdem, wir sind Diebe, nicht wahr? Na, jedenfalls, unterm Strich lautet das Ergebnis, dass wir diesen Winter nicht hungern werden.«
»Ja, wir waren fleißige kleine Eichhörnchen, was?«, sagte Hadrian.
»Vielleicht können wir ja im Frühjahr diesen Fischereibetrieb gründen, den du so gern wolltest.«
»Ich dachte, du wolltest ein Weingut.«
Royce zuckte die Achseln.
»Na ja, denk weiter drüber nach. Ich werde jetzt Esmeralda wecken und sie wissen lassen, dass ich wieder da bin. Es ist zu kalt, um allein zu schlafen.«
Royce ritt am Wirtshaus vorbei und stieg beim MEDFORDHAUS vom Pferd. Eine ganze Weile stand er da und starrte zum Dachfenster hinauf, während seine Füße im Schnee immer kälter wurden.
»Kommst du irgendwann noch rauf?«, fragte Gwen vom Hauseingang aus. Sie war noch angekleidet und schön wie eh und je. »Ist es nicht schrecklich kalt da draußen?«
Royce lächelte sie an. »Du bist noch auf.«
»Du hast doch gesagt, du würdest heute Nacht zurückkommen.«
Royce schnallte seine Satteltasche los und trug sie die Stufen hinauf. »Ich habe noch etwas zur Aufbewahrung.«
»Hast du deshalb so lange da im Schnee gestanden? Weil du dich nicht entscheiden konntest, ob du mir dein Geld anvertrauen sollst oder nicht?«
Ihre Worte trafen ihn. »Nein!«
»Warum dann?«
Royce zögerte. »Würdest du mich lieber mögen, wenn ich Fischer wäre oder vielleicht Winzer?«
»Nein«, sagte sie. »Ich mag dich am liebsten, so wie du bist.«
Royce nahm ihre Hand. »Aber wärst du mit einem netten Großbauern oder reichen Händler nicht besser dran? Einem, mit dem du Kinder großziehen und alt werden kannst, einem, der zu Hause bleibt und dich nicht allein lässt? Um den du dir keine Sorgen machen musst?«
Sie küsste ihn.
»Wofür war das?«
»Ich bin eine Hure, Royce. Es gibt nicht viele Männer, die meiner nicht wert zu sein glauben. Ich liebe dich, so wie du bist,und werde dich immer lieben, egal, welchen Weg du wählst. Wenn ich mir etwas wünsche, dann, dich davon überzeugen zu können.«
Er umarmte sie, und sie zog ihn an sich. »Ich hab dich vermisst«, flüsterte sie.
***
Archibald Ballentyne schreckte hoch. Er war im Grauen Turm von Schloss Ballentyne eingeschlafen. Das Feuer war heruntergebrannt, und im Zimmer wurde es kalt. Dunkel war es auch, bis auf das schwache Glimmen der Glut im Kamin. In der Luft lag ein merkwürdiger, widerwärtiger Geruch, und Archibald spürte das Gewicht von etwas Großem, Rundem auf seinem Schoß. Was es war, konnte er nicht erkennen. Es fühlte sich an wie eine in ein Tuch gewickelte Melone. Er stand auf, deponierte den Gegenstand auf seinem Stuhl, zog den Kaminschirm weg, nahm zwei Scheite von einem Stapel neben dem Kamin und legte sie auf die Glut. Er stocherte mit dem Schüreisen, blies und erweckte so das Feuer wieder zum Leben. Gleich wurde es heller im Raum.
Er stellte das Schüreisen wieder in den Ständer, rückte den Kaminschirm an seinen Platz und wischte sich die Hände. Dann drehte er sich um, blickte auf den Stuhl, in dem er geschlafen hatte, und wandte sich augenblicklich entsetzt ab.
Dort auf dem Sitz lag der Kopf des einstigen Großherzogs von Melengar. Das Tuch, das ihn verhüllt hatte, war verrutscht und hatte einen Großteil dessen entblößt, was einmal Bragas Gesicht gewesen war. Die Augen waren weggekippt, nur milchiges Weiß füllte die toten Höhlen. Die gelbe, ledrige Haut war geschrumpft und spannte über den Knochen. Im klaffenden Mund wimmelte ein Heer von Maden, einewogende Masse, fast so als ob Bragas Zunge sich bewegte und etwas zu sagen versuchte.
Archibalds Magen krampfte sich zusammen. Vor Angst außerstande zu schreien, drehte sich der Graf panisch nach Eindringlingen um. Und da sah er die Schrift an der Wand. Aufgemalt mit etwas Rotem, das aussah wie Blut, stand da in fußhohen, triefenden Lettern:
Für alle Zukunft:
Finger weg von Melengar!
Der König
… und wir
Die Welt Elan
Bekannte Regionen der Welt Elan
Estrendor: Wildnis im Norden
Erivan: Elbenlande
Apeladorn: Menschenlande
Ba-Ran-Archipel: Inseln der Goblins
Westerlande: Wildnis im Westen
Dacca: Insel der Südmenschen
Nationen Apeladorns
Avryn: wohlhabende Zentralländer
Trent: nördliche Gebirgsländer
Calis: tropische Region im Südosten, beherrscht von Kriegsherren
Delgos: Republik im Süden
Länder Avryns
Ghent:
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