Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tod auf dem Nil

Der Tod auf dem Nil

Titel: Der Tod auf dem Nil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
Southwood nicht. Sie fand sie unaufrichtig, affektiert und zutiefst oberflächlich. Und es fiel ihr sehr schwer, das nicht in unziemlicher Deutlichkeit kundzutun.
    Als Antwort auf ihre Frage zog Tim den Brief aus der Tasche und überflog ihn. Er war ziemlich lang, stellte seine Mutter fest.
    «Nichts Besonderes», sagte er schließlich. «Die Devenishs lassen sich scheiden. Den alten Monty haben sie betrunken am Steuer erwischt. Windlesham ist in Kanada. War wohl ein schwerer Schlag für ihn, dass Linnet Ridgeway ihm den Laufpass gegeben hat. Sie heiratet jetzt tatsächlich diesen Verwalter.»
    «Wie unkonventionell! Ist er sehr schlimm?»
    «Nein, nein, gar nicht. Gehört zu den Doyles aus Devonshire. Kein Geld, natürlich – und eigentlich war er mit einer von Linnets besten Freundinnen verlobt. Ziemlich übel, das Ding.»
    «Ich finde so etwas überhaupt nicht nett.» Mrs. Allerton war zornrot geworden.
    Tim warf ihr einen liebevollen Blick zu. «Ich weiß, meine Liebe. Du kannst es nicht ausstehen, wenn man anderen den Mann wegschnappt und solche Sachen.»
    «Zu meiner Zeit hatte man noch Anstand», sagte Mrs. Allerton. «Und das war auch gut so! Die jungen Leute von heute scheinen zu glauben, sie dürften einfach alles machen, was ihnen in den Kopf kommt.»
    Tim lächelte. «Das glauben sie nicht nur. Sie machens auch. Vide Linnet Ridgeway!»
    «Nun, ich finde es horribel!»
    Tim zwinkerte ihr zu. «Nicht verzagen, alter Haudegen! Vielleicht finde ich das ja auch. Jedenfalls habe ich bisher noch niemandem die Frau oder die Braut ausgespannt.»
    «Ich bin überzeugt, so etwas würdest du auch nie tun», erwiderte sie und setzte resolut hinterher: «Ich habe dich nämlich zu Anstand erzogen.»
    «Also ist es dein Verdienst, nicht meins.» Er lächelte sie liebevoll spöttisch an, faltete den Brief zusammen und steckte ihn wieder ein.
    Mrs. Allerton durchfuhr ein kleiner Gedankenblitz: Meistens zeigt er mir seine Briefe. Aber aus denen von Joanna liest er mir immer nur Stückchen vor. Sie schob ihn sofort wieder beiseite und beschloss wie gewohnt Dame zu bleiben. «Ist denn Joanna sonst zufrieden mit ihrem Leben?»
    «So lala. Sie schreibt, sie überlegt, ob sie ein Feinkostgeschäft in Mayfair aufmachen soll.»
    «Sie behauptet doch ständig, sie sei abgebrannt», sagte Mrs. Allerton eine Spur boshaft. «Dabei ist sie immer überall dabei, ihre Garderobe muss eine Stange Geld kosten. Sie ist immer tipptopp gekleidet.»
    «Tja, ja», sagte Tim, «wahrscheinlich bezahlt sie sie gar nicht. Nein, Mutter, ich meine nicht, was du jetzt denkst, mit deinen Ansichten aus dem letzten Jahrhundert. Ich meine einfach, sie bezahlt buchstäblich die Rechnungen nicht.»
    Mrs. Allerton seufzte. «Ich verstehe immer noch nicht, wie die Leute das hinkriegen.»
    «Das ist eine besondere Begabung. Wenn du extravagant genug bist und Geschmack hast, aber absolut kein Gefühl für den Wert von Geld, dann geben die Leute dir jeden Kredit.»
    «Ja, nur am Ende stehst du vor Gericht wegen Bankrott wie der arme Sir George Wode.»
    «Du hast ein Faible für den alten Rosstäuscher – wahrscheinlich nur, weil er dich mal Rosenknospe genannt hat, beim Tanztee 1879.»
    «1879 war ich noch gar nicht geboren», konterte Mrs. Allerton. «Sir George hat bezaubernde Manieren, und ich wünsche nicht, dass du ihn Rosstäuscher nennst.»
    «Ich habe schräge Sachen über ihn gehört, von Leuten, die es wissen müssen.»
    «Du und Joanna, ihr erzählt alles Mögliche über andere Leute, Hauptsache, es ist gehässig.»
    Tim zog die Augenbrauen hoch. «Meine Liebe, du bist ja richtig in Rage. Ich wusste gar nicht, dass der alte Wode so einen Stein bei dir im Brett hat.»
    «Du weißt ja auch nicht, wie schwer es ihm gefallen ist, Wode Hall zu verkaufen. Er hat furchtbar daran gehangen.»
    Tim verkniff sich eine Retourkutsche. Mit welchem Recht hätte er ihn auch verurteilen sollen? Er sagte nur nachdenklich: «Na ja, da liegst du, glaube ich, nicht ganz falsch. Linnet hat ihn mal eingeladen, damit er sich ansehen kann, was sie daraus gemacht hat, aber er hat das ziemlich brüsk abgelehnt.»
    «Natürlich. Sie hätte ihn gar nicht einladen dürfen.»
    «Er ist, glaube ich, auch ziemlich sauer auf sie – er brummelt immer in seinen Bart, wenn er sie sieht. Er wird ihr nie verzeihen, dass sie ihm so einen absoluten Spitzenpreis gezahlt hat für seinen wurmstichigen Familienbesitz.»
    «Verstehst du das etwa nicht?» Auch Mrs. Allerton klang sauer.
    «Offen

Weitere Kostenlose Bücher