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Der Tod aus dem Norden

Der Tod aus dem Norden

Titel: Der Tod aus dem Norden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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denn auf ihm stand, ebenfalls durch Seile gehalten, die Puppe.
    Meine Augen weiteten sich. Der alte Medizinmann aus dem Schwarzen Erdteil wirkte im Licht der Flammen noch schauriger und scheußlicher. Das Feuer tanzte über sein Gesicht, die schwarzen Nadeln wippten bei jeder Bewegung, und der Widerschein verlieh dem Gesicht ein unheimliches Leben.
    Ich schüttelte mich. Die Starre ließ nach…
    Freya hatte nicht zugestoßen und sich wieder zurückgezogen. Die Krieger kamen von überall her, nur Männer, keine Frauen. Auch Freya zog sich zurück.
    Was hatten sie vor? Sollte jetzt endlich das eintreffen, vor dem mich Braddock, der Verräter, gewarnt hatte?
    Ich mußte warten und bekam mit, wie die Puppe abgestellt wurde. Die Krieger traten zur Seite; mein Blick traf die unheimliche Mumie direkt. Lebte das Gesicht? Oder waren es nur Schatten, die ein Leben vortäuschten?
    Schleifende Geräusche unterbrachen meine Gedanken. Zuerst wußte ich nicht, was sie zu bedeuten hatten, dann aber bekam ich es zu sehen und konnte es kaum glauben.
    Die Wikinger wollten sich töten!
    Sie hatten ihre Arme angehoben und die Messer gegen sich selbst gerichtet. Wenn sie die Waffen von einer Seite zur anderen zogen, würden sie sich selbst die Kehlen durchschneiden. Ich wollte schreien, sie von diesem Wahnsinn abhalten und wußte, daß es keinen Sinn hatte.
    Leif, der Grausame, gab den Befehl.
    Er brüllte irgend etwas — und zog die Klinge von links nach rechts. Sie berührte seinen Hals.
    Ich sah die dunkle Flüssigkeit hervorquellen.
    Vor meinen Augen töteten sich auch die anderen Krieger und gaben ihre Seelen in die Obhut des Voodoo-Priesters, dieser uralten Mumie, die Ähnlichkeit mit einer Puppe besaß.
    Sie starben, ohne ein Wort zu verlieren.
    Sie brachen zusammen und fielen zu Boden, wo sie mit verrenkten Gliedern regungslos liegen blieben.
    Obwohl sich die Starre gelöst hatte, war es mir unmöglich, zu sprechen. Mein Magen hatte sich zusammengezogen. Was ich hier sah, war eine der schlimmsten Szenen gewesen, an die ich mich erinnerte. Aber die Krieger vertrauten voll und ganz auf die schwarzafrikanische Kraft. Andere Fälle hatten mir dies bewiesen. Da waren sie als Zombies zurückgekehrt. Und zwar genau an dem Platz, den sie sich in dieser Zeit zum Sterben ausgesucht hatten. Nur hatte da noch kein Ort namens Seabrake existiert.
    Lebte ich noch als einzige männliche Person im Lager? Waren alle Krieger tot? Das konnte gut sein, aber was war mit Braddock?
    Er kam. Ich sah ihn, wie er sich von der Seite her anschlich. »He, Sinclair, wie fühlen Sie sich?«
    »Jetzt kommen Sie sich wohl verdammt überlegen vor, wie?«
    »Nein, überhaupt nicht. Ich habe das tun müssen, sonst wären Sie jetzt auch tot.«
    »Tatsächlich?«
    »Ja. Die wollten, daß Sie sich Ihre eigene Kehle durchschneiden.«
    »Gut. Ich will Ihnen das mal so glauben.«
    Er hatte sich gebückt und umklammerte meine Schultern. »Meine Güte, ich mußte Sie auf diese Art und Weise beschützen, glauben Sie mir. Es ging nicht anders. Wir wollen doch wieder hier wegkommen. Ich… ich habe Sie für tot erklärt.«
    Überzeugt hatte er mich noch nicht. »Okay, dann verraten Sie mir bitte, weshalb Sie noch leben?«
    »Ich habe mich mit ihnen arrangieren können.«
    »Sie beherrschen die Sprache?«
    »Ein wenig.«
    »Wie das?«
    »Durch meine Eltern. Sie haben sich mit der Erforschung des Volkes beschäftigt und auch Bruchstücke ihrer alten Sprache lernen können, die sie mir beibrachten. Sie brauchen keine Furcht mehr zu haben, Sinclair, die Sache ist erledigt.«
    »Wir müssen nur noch zurück.«
    »Klar, das schaffen wir auch. Es ist mit der Puppe möglich. Die Wikinger haben auf diese komische Voodoo-Puppe all ihre Hoffnungen gesetzt.«
    »Wir können sie nicht zerstören.«
    »Das stimmt.« Er nickte zweimal. »Vielleicht gelingt es uns, daß sie für uns arbeitet.«
    »Toll — und wie?«
    »Kennen Sie sich in der Voodoo-Magie aus, Sinclair?«
    »Ein wenig.«
    »Dann müssen Sie…« Er öffnete den Mund, seine Augen weiteten sich ebenfalls, und ich sah einen Ausdruck in ihnen, der auf das Schlimmste schließen ließ.
    Plötzlich strömte Blut aus seinem Mund. Es tropfte mir auf die Brust. Ich sah hinter ihm einen Schatten, dann ruckte Clive Braddock, bevor er einen Stoß bekam, der ihn zur Seite beförderte. Zwischen mir und der Puppe blieb er liegen.
    Genau dort starb er mit einem letzten Röcheln auf den Lippen, während mein Blickfeld freigegeben worden war

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