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Der Tod des Zauberers

Der Tod des Zauberers

Titel: Der Tod des Zauberers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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Hansi hier mit einem Schriftstück aufgekreuzt wäre, in dem sie behauptete, Manuelis Mörderin zu sein. Aber wenn Sie es wünschen, liegt Hansis Geständnis binnen einer Stunde auf Wildermuths Schreibtisch. Sie ist nämlich hier und, wie ich sie kenne, nicht weniger aufopferungsfreudig als die übrige Familie. Und der Polizei kommt es auf eine Komplikation mehr oder weniger sicherlich nicht an.«
    »Hören Sie mit den verdammten Sprüchen auf!« sagte er wütend.
    »Nicht eher, als bis Sie zur Vernunft gekommen sind! Und es ist mir eine Genugtuung, daß Sie sich nicht rühren können und mich anhören müssen. Ich gebe zu, daß ich mich von Ihnen bluffen ließ, aber Wildermuth hinters Licht zu führen, ist Ihnen nicht gelungen. Auch Ihrer Frau nicht. Wissen Sie, Stephan, jedes Verbrechen hat schließlich seine Logik. Wenn irgendein roher Patron eine alte Frau niederschlägt und ihr die Handtasche raubt, weil er drei Mark darin vermutet, dann ist das eine niederträchtige Gemeinheit, aber der Kerl kann sich doch wenigstens mit der Pointe des uralten Witzes entschuldigen: Sicher, Herr Staatsanwalt, drei Mark sind nicht viel Geld, aber hier drei Mark und da drei Mark, es läppert sich zusammen...«
    »Hören Sie auf!« knurrte er und ballte die Fäuste.
    »Aber ein Mann von Ihrer Intelligenz mordet nicht, um durch den Mord genau das Gegenteil von dem zu erreichen, was er zu erreichen beabsichtigt. So wie ich Sie kenne, sind Sie damals in einem großartigen Tobsuchtsanfall von Pertach weggefahren; womöglich haben Sie vor Vicky laut geschworen, daß Sie den Kerl umbringen würden. Und als Sie dann nach Achenreuth kamen, da haben Sie aus lauter Freude darüber, daß Manueli nicht im Hause war, dem Hausknecht vom >Botenwirt< fünf Mark in die Hand gedrückt und sind weitergefahren. Natürlich mächtig erregt und tief in Gedanken, wie die Geschichte mit Manueli ins Lot zu bringen wäre. Sie wollten in dieser Nacht gar nicht mehr nach Innsbruck fahren, denn Ihre Verabredung war ja durch Ihre Verspätung hinfällig geworden. Sie wollten vor Brannenburg abbiegen und Alexander auf Schloß Wartaweil besuchen, um ihm endlich das zu erzählen, was Sie ihm schon längst hätten erzählen sollen. Und in das Konzept dieser Aussprache vertieft, bemerkten Sie den am Straßenrand parkenden Lastwagen zu spät und fuhren in ihn hinein. So jedenfalls stellt Wildermuth sich die Geschichte vor. Und als Sie dann in der Klinik auf Ihrem Prokrustesbett erwachten, erfuhren Sie von Schwester Mechthildis, die Ihnen gern etwas Interessantes aus Ihrer gemeinsamen Nachbarschaft erzählen wollte, von dem Mord an Manueli. In diesem Augenblick wurde Ihnen klar, daß niemand anderer ein Interesse daran gehabt haben konnte, Manueli zu töten, als Ihre Frau. So stelle ich mir jedenfalls die Geschichte vor. Und als Ritter, der Sie nun einmal sind, hielten Sie es für Ihre Kavalierspflicht, sich schützend vor Ihre Frau zu stellen. Durch Ihr fleißiges Zeitungsstudium waren Sie durchaus in der Lage, die Tat nicht nur genau zu rekonstruieren, sondern auch noch einige reizvolle Kleinigkeiten hinzuzufügen, die sozusagen der Senf waren, mit dem Sie mir den schwerverdaulichen Bissen schmackhaft machten. Mir gegenüber ist Ihnen das fabelhaft gelungen. Mein Kompliment. Aber einen Mann wie Wildermuth mit seinen praktischen Erfahrungen, dem auch falsche Geständnisse nichts Neues sind, konnten Sie nicht eine Sekunde täuschen. So — das war es, was ich Ihnen zu sagen hatte.«
    Eine Zeitlang lag er stumm und starr auf seinem Bett und antwortete mir nicht. Dann begann er, an seinen bauschigen Augenbrauen zu zerren, zwirbelte die Enden zwischen Daumen und Zeigefinger und drehte die Spitzen aus, daß sie senkrecht in die Höhe standen und ihm das Aussehen einer japanischen Dämonenmaske gaben.
    »Wurde Vicky inzwischen aus der Haft entlassen?« fragte er schließlich.
    »Nein, natürlich nicht. Wie kann sie entlassen werden, wenn sie genauso starr wie Sie selber auf ihrem Geständnis beharrt?«
    »Auf Wiedersehen, Paul«, sagte er eisig. »Ich werde mein Geständnis, von dem Sie annehmen, daß ich es erfunden habe, um einer Kavalierspflicht zu genügen, in dem Augenblick zurücknehmen, in dem Victoria ihr Geständnis widerruft und aus der Untersuchungshaft entlassen wird.«
    Er drehte das Gesicht zur Seite, so entschieden, daß ich wußte, jeder Versuch, mit ihm zu reden, war zwecklos.
    »Leben Sie wohl, Stephan, Sie werden bald mehr von mir hören. Ich hoffe, daß

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