Der Tod kommt nach Pemberley: Kriminalroman (German Edition)
mit Frankreich befand und er fallen konnte, ohne einen Erben zu hinterlassen. Elizabeth hatte sich nie mit dem Familienstammbaum befasst, wusste jedoch, dass der Colonel keine engen männlichen Verwandten hatte und der Grafentitel erlöschen würde, sollte Fitzwilliam ohne einen Sohn sterben. Nicht zum ersten Mal fragte sie sich, ob er in Pemberley eine Ehefrau suchte und wie Darcy darauf reagieren würde. Bestimmt wäre es ihm angenehm zu wissen, dass seine Schwester eines Tages Countess sein und ihr Mann Mitglied des House of Lords werden und zu den Gesetzgebern des Landes zählen würde. Das alles war Grund genug, um stolz auf die Familie zu sein, doch würde Georgiana diesen Stolz teilen? Sie war jetzt eine erwachsene Frau und kein Mündel mehr, aber eine Heirat mit einem Mann in Betracht zu ziehen, den ihr Bruder nicht gutheißen konnte, würde Georgiana schmerzen, das war Elizabeth klar.
Und Henry Alveston machte die Sache noch komplizierter. Elizabeth hatte genug gesehen, um von seiner Verliebtheit überzeugt zu sein – zumindest stand er kurz davor, sich zu verlieben –, aber was war mit Georgiana? Eines wusste Elizabeth genau: Georgiana Darcy würde niemals einen Mann heiraten, den sie nicht liebte. Er musste wenigstens über die Anziehungskraft, die Zuneigung und den Respekt ihr gegenüber verfügen, die sich der Überzeugung einer Frau nach zu Liebe vertiefen konnten. So wie Elizabeth selbst dies als ausreichend empfunden hätte, wenn Colonel Fitzwilliam während seines Besuchs auf Rosings mit einem Antrag zu ihr gekommen wäre. Die Vorstellung jedoch, Darcy und ihr gegenwärtiges Glück unwissentlich an das Angebot seines Cousins verloren zu haben, war noch beschämender als die Erinnerung an ihr Faible für den niederträchtigen George Wickham, und sie schob sie energisch beiseite.
Der Colonel war am Abend zuvor rechtzeitig zum Dinner in Pemberley eingetroffen, doch nach der Begrüßung hatten Elizabeth und er nur wenig Zeit miteinander verbracht. Als er nun leise anklopfte, eintrat und ihr gegenüber auf dem angebotenen Stuhl am Kamin Platz nahm, kam es ihr vor, als sähe sie ihn zum ersten Mal deutlich. Er war fünf Jahre älter als Darcy, aber bei ihrer ersten Begegnung im Wohnzimmer von Rosings hatten sein fröhlicher Humor und seine ansprechende Lebhaftigkeit die stille Art seines Cousins noch stärker zur Geltung gebracht und ihn jünger wirken lassen. Doch damit war es vorbei. Jetzt strahlte er eine Reife und Ernsthaftigkeit aus, die ihn älter machten, als er war. Vielleicht, dachte sie, hing es mit seinem Militärdienst und der großen Verantwortung zusammen, die er als Befehlshaber trug; der Statuswechsel hingegen hatte ihm nicht nur eine gewisse Gesetztheit verliehen, sondern auch einen deutlicher spürbaren Stolz auf seine Familie und sogar einen nicht sonderlich anziehenden Hauch von Dünkelhaftigkeit mit sich gebracht.
Er ergriff nicht gleich das Wort. In der entstandenen Stille kam sie zu dem Entschluss, ihn als Ersten reden zu lassen, da er nun einmal um das Gespräch gebeten hatte. Er schien darüber nachzudenken, wie er am besten vorgehen sollte, wirkte aber weder verlegen noch aufgeregt. Nach einer Weile beugte er sich zu ihr vor und sagte: »Liebe Cousine, da Sie ein scharfes Auge besitzen und sich für die Angelegenheiten anderer Menschen interessieren, wird Ihnen nicht gänzlich unbekannt sein, was ich sagen will. Wie Sie wissen, habe ich seit dem Tod meiner Tante Lady Anne Darcy das Privileg, gemeinsam mit Darcy die Vormundschaft über seine Schwester auszuüben, und ich glaube sagen zu dürfen, dass ich meinen Pflichten mit großem Verantwortungsgefühl und unbeirrbarer brüderlicher Zuneigung zu meinem Mündel nachgekommen bin. Aus dieser Zuneigung ist nun die tiefe Liebe geworden, die ein Mann für die Frau, die er zu heiraten hofft, empfinden sollte, und es ist mein größter Wunsch, dass Georgiana meine Frau werden möge. Ich habe Darcy noch nicht offiziell gefragt, doch er hegt eine gewisse Vermutung – so, wie ich die Hoffnung hege, dass mein Antrag auf seine Billigung und Zustimmung trifft.«
Elizabeth hielt es für klüger, nicht darauf hinzuweisen, dass Georgiana ihre Volljährigkeit erreicht hatte und eine Zustimmung daher nicht notwendig war. »Und Georgiana?«
»Ohne Darcys Einwilligung fühle ich mich nicht berechtigt, mit ihr zu sprechen. Ich muss zugeben, dass Georgiana mir bisher mit keiner Äußerung Anlass zu großer Hoffnung gegeben hat. Ihre Haltung
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