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Der Tod kommt wie gerufen

Der Tod kommt wie gerufen

Titel: Der Tod kommt wie gerufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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dieselben Frauenschläger-Hemden und denselben Plastikjesus-Gartenkitsch hervorbringen. «
    Madrids Lachen kam tief aus ihrem Bauch. »Nicht so erstaunlich wie der Schnurrbart deiner Freundin.«
    Slidell fügte noch ein weiteres Puzzlestück hinzu. Es kam von Rinaldis Sohn Tony. Dessen jüngstes Kind hatte das Cohen-Syndrom. Rinaldi hatte alles, was er besaß, für die Behandlung seines Enkels und seine Ausbildung in Spezialschulen ausgegeben. Und für das, was sonst noch anfiel.
    Als sie gegangen waren, fanden Ryan und ich übereinstimmend,
dass Slidell und Madrid gut miteinander auskommen würden.
    Ryan kochte. Hühnerfrikassee mit Pilzen und Artischocken.
    Ich arbeitete an einer Vorlesung.
    Es hatte so viele Tote gegeben. Cuervo. Klapec. Rinaldi. Finney. Evans. Gunther.
    Wie der arme, kleine Anson Tyler war T-Bird Cuervo zwar eines gewaltsamen Todes gestorben, aber als Folge eines Unfalls. Ein Mann alleine im Dunkeln auf einem Eisenbahngleis. Vielleicht betrunken. Vielleicht naiv gegenüber der Hochgeschwindigkeitstechnik, die diese Stadt erst vor Kurzem erreicht hatte. Cuervo war ein harmloser santero gewesen. Abgesehen vom Verkauf von einigen Tüten Marihuana hatte er nichts Illegales getan, vielleicht den Weg geebnet für Außenseiter, die wegen sprachlicher und kultureller Unterschiede ausgegrenzt wurden.
    Jimmy Klapec war von einem ignoranten und intoleranten Vater auf die Straße getrieben worden. Wie Eddie Rinaldi und Glenn Evans war er gestorben, weil ein Mann seine Medikamente nicht mehr genommen und den Bezug zur Realität verloren hatte.
    Vince Gunthers/Vern Zieglers Leben endete … warum? Weil sein eigenes Hirn ihn im Stich gelassen hatte? Weil er von Natur aus böse war? Weder Ryan noch ich hatten auf diese Fragen eine Antwort.
    Und Finneys Tod war der bestürzendste von allen.
    » Klapec senior erschoss Finney, weil sein schlechtes Gewissen ihn quälte«, sagte Ryan.
    »Nein«, sagte ich. »Er war von Angst getrieben.«
    »Das verstehe ich nicht.«
    »Die Amerikaner sind eine Nation voller Angst geworden.«
    »Angst wovor?«
    » Ein Schießwütiger, der in einer Schulkantine Amok läuft. Ein gekidnapptes Flugzeug, das in einen Wolkenkratzer fliegt. Eine Bombe in einem Zug oder einem Mietwagen. Eine Postlieferung
mit Anthrax darin. Die Macht zu töten existiert da draußen für jeden, der bereit ist, sie zu benutzen. Dazu braucht man nicht mehr als Zugang zum Internet oder einen freundlichen Waffenladen. «
    Ryan ließ mich weiterreden.
    » Wir haben Angst vor Terroristen, Heckenschützen, Epidemien. Und das Schlimmste ist, wir haben den Glauben an die Fähigkeit des Staates verloren, uns zu schützen. Wir fühlen uns machtlos, und das erzeugt eine beständige Angst, bringt uns dazu, Dinge zu fürchten, die wir nicht verstehen.«
    »Wie Wicca.«
    »Wicca, Santería, Voodoo, Satanismus. Sie sind exotisch, unbekannt. Wir werfen alle zusammen in einen Topf und reduzieren sie auf Klischees und vernageln aus Furcht unsere Türen.«
    »Finney war ein Hexer. Lingos Tiraden bedienten sich genau dieser Angst.«
    »Das und die Tatsache, dass die Leute auch aus anderen Gründen das Vertrauen in das System verloren haben. Klapec war ein trauriges Beispiel. Die Überzeugung wird immer stärker, dass zu oft die Schuldigen davonkommen.«
    »Das O.J.-Syndrom.«
    Ich nickte. »Ein Holzkopf wie Lingo bringt die Öffentlichkeit zum Schäumen, und irgendein vermeintlich wachsamer Bürger ernennt sich selbst zu Richter und Henker.«
    »Und ein Unschuldiger stirbt. Immerhin dürfte Finneys Tod das Ende von Lingos Karriere bedeuten.«
    »Wie ironisch«, sagte ich. »Der Hexer und der santero waren harmlos. Der Collegejunge und der Assistent des Commissioners führten ein dunkles Doppelleben.«
    »Nichts ist je so, wie es scheint.«
    Birdie und ich schliefen oben.
    Ryan schlief auf der Couch.

39
    Am Sonntag stand ich früh auf und fuhr Ryan zum Charlotte-Douglas International. Vor dem Terminal umarmten wir uns. Verabschiedeten uns. Sprachen nicht von der Zukunft.
    Um elf zog ich einen dunkelblauen Blazer und eine graue Hose an. Allen Burkhead wartete am Eingang des Elmwood Cemetery auf mich. Er hatte einen Schlüssel in der Hand. Ich trug eine schwarze Leinentasche.
    Der neue Sarg stand bereits an seinem Platz in der Gruft. Schimmernde Bronze, eine stattliche Wiege für einen sehr langen Schlaf.
    Burkhead schloss den Sarg auf. Ich holte Susan Redmons Schädel aus der Tasche und legte ihn behutsam ans obere Ende des

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