Der tolle Nick
Gouverneur von Santiago, mit seiner Tochter Dominica. Don Juan wußte nur zu gut, in welcher Gefahr sich die beiden jetzt befanden. Aber bei einem Nahgefecht würde sich vielleicht noch alles wenden.
Die Soldaten waren bewaffnet und warteten im Rumpf oder auf dem Vorderdeck. Die Kanoniere standen schweißgebadet und schmutzig an den Geschützen; die kurze Panik war vorbei – sollte die Venture nur kommen!
Da war sie auch schon, trotzte dem Feuer aus den großen Geschützen; noch näher kam sie, und durch die Rauchschwaden konnte man die Männer sehen, die mit Enteräxten und Schwertern in den Händen bereitstanden, den Spanier anzugreifen. Dann plötzlich ein Krachen und Kreischen, ein Flammenmeer und der schwarze Rauch aus einem Dutzend Drehkanonen, die vom Deck der Venture auf den Rumpf der Santa Maria feuerten. Die spanischen Soldaten fielen haufenweise; Schreie, Stöhnen und Flüche erfüllten die Luft, und während das Chaos noch andauerte, näherte sich die Venture pfeilschnell und legte an der hohen Galeone an.
Männer kletterten eilig an ihren Seiten hoch, benützten die Enteräxte als Leitern. Von der Sprietsegelrah sprangen sie auf das Deck der Santa Maria hinunter, die Dolche zwischen den Zähnen, die langen Schwerter in den Händen. Die Spanier, schwer getroffen vom andauernden Beschuß, konnten die Engländer nicht halten. Sie drangen wütend auf sie ein, und auf Deck entspann sich ein erbitterter Kampf: Schwert traf auf Schwert, Dolch auf Dolch.
Don Juan stand am oberen Absatz der Kajütstreppe, das nackte Schwert in der Hand, eine hochgewachsene Gestalt in funkelnder Rüstung. Er versuchte, im Getümmel den Anführer der Freibeuter auszumachen, doch blieb sein Bemühen ohne Erfolg.
Es war ein verbissener, erbitterter Kampf über Verwundete und Tote hinweg; immer wieder blitzte Geschützfeuer auf. Das Getöse war unbeschreiblich; im Lärm des Stöhnens, der lauten Befehle, der Schreie und des Waffengeklirrs konnte man nichts mehr unterscheiden; lange Zeit wußte keiner, wer im Vorteil war; der Kampf wogte auf und ab, während die Santa Maria hilflos dahintrieb.
Plötzlich tauchte ein Mann in der Menge auf und bahnte sich den Weg zur Treppe. Einen Augenblick lang blieb er mit einem Fuß auf der ersten Stufe stehen, blickte Don Juan an; er hielt ein bluttriefendes Schwert in der Rechten, hatte den linken Arm mit einem Mantel umwickelt und hielt den Kopf mit dem schwarzen Spitzbart herausfordernd erhoben. Ein ziselierter Helm bedeckte den oberen Teil seines Gesichts, aber Don Juan sah die weißen Zähne in einem höhnischen Lächeln aufblitzen und machte sich zum Stoß bereit, der den Fremden ins Jenseits senden sollte.
»Hinweg, Hund!« schleuderte er ihm entgegen.
Der Fremde lachte und erwiderte in reinstem Kastilisch:
»Nein, Señor, der Hund kommt zu Euch!«
Don Juan bemühte sich, das Gesicht, das ihm entgegensah, zu erkennen. »Komm herauf und stirb, Hund«, sagte er leise, »denn ich glaube, du bist der, den ich suche.«
»Ganz Spanien sucht mich, Señor«, antwortete der Fremde vergnügt. »Aber wer wird Nick Beauvallet wirklich töten? Wollt Ihr es versuchen?«
Er sprang leichtfüßig die Stufen hinauf, und sein Schwert traf das Don Juans in einer Finte, daß das Schwert des Spaniers zur Seite glitt. Er schwang den Mantel, so daß sich Don Juans Schwert darin verfing. Und wie ein Blitz stand er auch schon auf dem Achterdeck, während Don Juan rasend vor Wut sein Schwert aus den Falten des Stoffes zu befreien versuchte. Die Schwerter trafen klirrend aufeinander, aber Don Juan erkannte sofort, daß er hier seinen Meister gefunden hatte. Er wurde immer mehr an die Reling zurückgedrängt, obwohl er jeden Zollbreit verteidigte.
Cruzada, sein Leutnant, raste vom Hinterdeck herauf. Beauvallet wurde dessen gewahr und beendete den Kampf rasch. Sein Degen sauste in die Höhe und fuhr dann nieder, traf Don Juan an der Schulter und zerschlug die Schulterkappe.
Der Spanier sank halb betäubt in die Knie und ließ seinen Degen klirrend zu Boden fallen. Beauvallet wandte sich keuchend um und trat Cruzada entgegen.
Das Achterdeck war nun voll von englischen Seeleuten, die ihrem Anführer gefolgt waren, und von allen Seiten tönten die Rufe der Spanier um Gnade. Beauvallet hielt Cruzada mit seinem Degen in Schach. »Ergebt Euch, Señor«, sagte er. »Euer Anführer ist mein Gefangener.«
»Ich werde Euch noch töten, Pirat!« stieß Cruzada hervor.
»Sei nicht so ehrgeizig, mein Kind«, sagte
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