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Der tolle Nick

Der tolle Nick

Titel: Der tolle Nick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgette Heyer
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Mensch verrückt – oder – oder ein seltsamer, schrulliger Bursche, meine Tochter. Aber das werden wir zweifellos bald erfahren.«

2
    Doña Dominica wurde unter Deck geführt und in eine geräumige Kabine gebracht, die wahrscheinlich bis vor wenigen Augenblicken Master Dangerfield gehört hatte. Don blieb sie allein zurück, während Dangerfield ihren Vater in eine andere Kabine führte. Sie sah sich um, und was sie sah, gefiel ihr – die dunklen, eichengetäfelten Wände, die gepolsterte Sitzbank unter dem Bullauge, der Tisch mit den geschnitzten Beinen, der Klappstuhl, die schöne flandrische Truhe und der Schrank an der Schotte.
    Da klopfte es leise an der Tür. Sie rief »Herein!«, worauf ein kleiner Mann mit einer vorwitzigen Nase und kühn gelocktem Schnurrbart seinen Kopf durch die Tür steckte. Doña Dominica betrachtete ihn schweigend. Ein Paar listige graue Augen sahen sie mißbilligend an. »Erlaubt mir, Eure Truhen hereinzutragen, Señora«, sagte der Ankömmling in tadellosem Spanisch. »Und Eure Zofe ist auch hier.«
    »Maria!« rief Dominica freudig aus.
    Die Tür wurde aufgestoßen, und eine rundliche Frau lief, weinend und lachend vor Freude, auf sie zu. »Señorita – es ist Euch nichts geschehen!« Sie tätschelte Dominica die Hand und küßte sie mehrmals.
    »Wo warst du denn die ganze Zeit?« fragte Dominica.
    »Sie haben mich in die Kabine eingesperrt, Señorita. Miguel de Vasso hat das getan. Geschieht ihm recht, daß er einen Hieb auf den Schädel bekommen hat. Und Ihr?«
    »Mir ist nichts geschehen«, erwiderte Dominica. »Aber was mit uns werden wird, weiß ich nicht. Die Welt ist durcheinandergeraten -.«
    Der schnauzbärtige Mann trat wieder ein; seine schmächtige Gestalt war in einen Anzug aus dunkelbraunem Tuch gekleidet. »Fürchtet Euch nicht, Señora«, erklärte er munter. »Ihr seid auf der Venture, und wir tun Frauen nichts zuleide. Beim Wort eines Engländers!«
    »Wer seid Ihr?« fragte Dominica.
    »Ich«, erklärte der Mensch und blähte sich vor Wichtigkeit, »bin kein Geringerer als Joshua Dimmock, der Kammerdiener von Sir Nicholas Beauvallet. Zu Euren Diensten. Ihr dort! Bringt das Gepäck herein!« Sein Ruf hatte irgend jemandem auf dem Gang gegolten. Wenige Augenblicke später erschienen zwei schwerbeladene Jungen und ließen ihre Bürde auf den Boden niederfallen. Sie zögerten und starrten die Dame mit offenem Mund an, aber Joshua winkte sie fort. »Weg mit euch, ihr Dummköpfe!« Er drängte sie hinaus und schloß die Tür. »Wenn’s Euch beliebt, edle Dame, laßt mich nur machen.« Er betrachtete sinnend den Berg von Truhen und Koffern, legte einen Finger an die Nase, trat dann an den Schrank und stieß ihn auf. Er war voll von Master Dangerfields Kleidungsstücken, was Maria mit einem lauten Kichern quittierte. Joshua tauchte in den Schrank hinein, erschien wieder mit einem Armvoll Wämser und Strümpfe und warf sie in hohem Bogen auf den Gang. »He, ihr da! Räumt diesen Kram fort!« befahl er, und die zwei Frauen hörten, wie sich Schritte näherten. Joshua beugte sich wieder in den Schrank, räumte ihn völlig aus und warf auch die Stiefel und Pantoffeln, die ordentlich aufgereiht waren, aus der Kabine. Dann trat er zurück und betrachtete den neugeschaffenen Raum mit Stolz. »Gut so!« Sein Blick fiel auf die Truhe; er öffnete den Deckel, schnalzte ungeduldig mit der Zunge und ging hurtig ans Werk.
    Dominica ließ sich auf der Fensterbank nieder, um die erstaunlichen Verrenkungen Master Dimmocks in Ruhe zu betrachten. Maria kniete an ihrer Seite, hielt ihre Hand noch immer in der ihren fest und kicherte leise vor sich hin. Im Gang hörte man eine entrüstete Stimme: »Wer hat denn alles hierhergeworfen! Dieser unverschämte Esel Dimmock! Joshua Dimmock, die Pest über dich! Master Dangerfields feines Leinen liegt hier im Staub! Komm heraus, du verhungerte Kröte!«
    Joshua tauchte wieder auf, beladen mit Hemden und Unterkleidung. Die Tür wurde aufgerissen, und Master Dangerfields Diener stürzte in den Raum, wurde aber von Joshua aufgehalten, der ihm den Weg vertrat, ihm einen Stapel Kleider in die Arme warf und ihn dann wieder hinausdrängte. »Fort mit dir, du Narr! Diese Kabine gehört jetzt der edlen Dame! Auf Befehl des Generals! Sei überhaupt still, du Esel. Was ist mit deinem venezianischen Leinen, was soll denn das? Räum endlich hier auf! Und heb diese Manschetten, die Stiefel, die Strümpfe auf! Außerdem liegen da noch mehr Hemden herum!

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