Der Tote im Schnee
ihn zu trösten. Es bestand kein Zweifel, daß jemand das Feuer gelegt hatte. Zwar würde noch eine genaue technische Untersuchung durchgeführt werden, aber sie hatten bereits Spuren sichern können, die auf Brandstiftung hindeuteten. Jemand hatte offenbar systematisch brennbare Flüssigkeit im ganzen Gebäude verschüttet und sie dann entzündet.
»Aber wer?« hatte Ruben gefragt.
»Das muß die Polizei herausfinden«, hatte der Feuerwehrmann ihm geantwortet.
Jetzt mußte nur noch Brandwache gehalten werden. Ruben sah unter ein paar Balken, die herabgestürzt waren, den Tresor. Mittlerweile wurde darin kein Bargeld mehr verwahrt. Vor einem halben Jahr hatte dagegen noch fast eine halbe Million Kronen dringelegen. Sein Geld. Agne hatte gewußt, daß es Schwarzgeld aus Rubens Firma war, und deshalb gezögert, als Ruben ihn gebeten hatte, das Geld im Tresor zu verwahren.
Jemand hatte den Tresor ausgeräumt, jemand, der die Kombination kannte. Ruben war nie auch nur der Gedanke gekommen, Agne hätte das Geld gestohlen, und gemeinsam hatten sie herauszufinden versucht, wer der Dieb war. Den Arbeitern in der Firma hatten sie nichts von dem Diebstahl gesagt, und sie verhielten sich auch ganz normal.
Schon bald hatten sie John im Verdacht gehabt. Als Mattzon dann beiläufig erzählte, er habe John an einem Sonntag Anfang August vor der Werkstatt gesehen, waren sie endgültig davon überzeugt gewesen, daß John Ruben das sauer verdiente Geld gestohlen hatte. Eine halbe Million, Grundstock für die Renovierung des Hauses in Spanien, wo er und Maj-Britt sich niederlassen wollten.
Rubens Handy klingelte, und er kontrollierte die Nummer auf dem Display. Er meldete sich nicht, da er im Moment keine Lust hatte, mit seinem Bruder zu sprechen. Statt dessen setzte er sich in den Wagen und dachte darüber nach, was er tun sollte. Eine halbe Million war weg, und die Werkstatt lag in Trümmern. Er wollte alles hinter sich lassen, vielleicht auch Maj-Britt.
Johns Schicksal reute ihn nicht. Er war ein Dieb gewesen und hatte die Frechheit besessen, dies auch noch zuzugeben, Ruben direkt ins Gesicht zu lachen. »Du kannst ja mal versuchen, das zu beweisen«, hatte John gesagt und noch mehr gelacht. Dagegen bereute Ruben, daß er so hart vorgegangen war. Er hätte John laufenlassen, ihn beobachten und ihm eventuell drohen sollen, Justus etwas anzutun, um John zu zwingen, das Geld herauszurücken. Jetzt war es dafür zu spät. Ihm blieb nur noch eine Möglichkeit: Berit. Sie würde natürlich abstreiten, überhaupt etwas von dem Diebstahl gewußt zu haben.
Ein letztes Mal betrachtete er die Überreste der Werkstatt. Die aufgestellten Scheinwerfer warfen ein unheimliches Licht auf das Grundstück. Ein paar Feuerwehrleute lachten. Sie waren wahrscheinlich froh, daß es ihnen gelungen war, ein Überspringen des Feuers auf andere Gebäude verhindert zu haben.
Ruben startete den Wagen und bildete sich plötzlich ein, John säße auf der Rückbank und würde ihn auslachen. Er mußte sich umdrehen, aber dort lagen nur das Gewehr und die Jagdtasche. Er ließ die Kupplung kommen und fuhr Richtung Gränby.
Er hatte das Gefühl, an einem Scheideweg angelangt zu sein. Jetzt mußte sich entscheiden, wie sein Leben weitergehen würde. Er wußte, daß ihm nicht mehr viele Jahre blieben, vielleicht fünf oder zehn. Die Ärzte hatten ihm ein bißchen Hoffnung gemacht, allerdings nur unter der Voraussetzung, daß er fortan wesentlich ruhiger lebte und das Rauchen und Trinken aufgab. Daraufhin hatte er die Firma verkauft und das Rauchen aufgegeben. Den einen oder anderen Kognak würde er sich allerdings auch in Zukunft genehmigen. Seinen Lebensabend wollte er in Spanien verbringen. Vierzig Jahre lang hatte er geschuftet, erst in der Werkstatt, dann als Kranführer auf dem Bau, bis er schließlich ein erfolgreiches Unternehmen mit ungefähr zwanzig Baumaschinen aufgebaut hatte.
Er war stolz auf sein Lebenswerk. Niemand durfte ihm in die Quere kommen, wenn er ein bißchen Geld beiseite schaffte. Der kleine John hatte ihn ausgelacht, aber nun grinste er nicht mehr. Das Geld mußte irgendwo sein. Das einzig Vernünftige war, zu Berit zu fahren und es sich zurückzuholen.
40
Die Waffe auf dem Tisch war wie ein Magnet. Immer wieder kehrte er in die Küche zurück, nur um den Revolver zu betrachten. Nie zuvor hatte er eine Schußwaffe besessen. Messer hatte er oft getragen, aber mit einem Revolver oder einer Pistole durch die Gegend zu ziehen, war nie
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