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Der Tote im Schnee

Der Tote im Schnee

Titel: Der Tote im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Eriksson
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wollte er sagen, weiß der Himmel, das muß Jahre her sein.
    »Als wir noch jung waren«, sagte er schließlich. »Vor zwanzig Jahren.«
    »Er hat danach nie mehr über Drogen geredet?«
    »Reden ist eine Sache, aber ich habe John in den letzten Jahren niemals mit Drogen gesehen.«
    Fredriksson lehnte sich zurück, legte die Hände auf den Kopf und betrachtete Mikael Andersson. Das Gesicht des Polizisten verriet nichts. Er schwieg eine halbe Minute, ehe er langsam die Hände herunternahm, sich über den Schreibtisch beugte und ein paar Zeilen in seinen Notizblock schrieb.
    »Erzählen Sie mir von John«, sagte er. »Was war er für ein Mensch?«
    »Er war schweigsam, genau wie sein Vater. Sein Vater stotterte, aber das hat John nicht getan. Er war ein guter Freund. In der Schule hatte er nicht so viele Freunde. Mich und noch zwei, drei. Er hat sich schon immer sehr für Fische interessiert. Ich habe keine Ahnung, woher das kam. Vielleicht hat sein Onkel Eugen das ganze in Gang gebracht. Wir sind oft mit ihm angeln gefahren. Er hatte ein Wochenendhaus in der Nähe von Faringe.«
    Mikael verstummte, und Fredriksson ahnte, daß er sich in Gedanken zwei, drei Jahrzehnte zurückversetzte.
    »Wenn wir im Ruderboot saßen, war John mit sich und der Welt zufrieden«, fuhr Mikael fort. »Es war kein großer See. Er war kalt, der Wald wuchs bis ans Ufer hinab.«
    »Was haben Sie gefangen?«
    »Vor allem Barsche und Hechte. John sprach manchmal davon, daß er gerne noch einmal hinfahren würde, aber daraus ist nie etwas geworden. Wie aus vielen anderen Dingen auch nicht. Wenn wir im Boot saßen, war der See klein. Wir konnten mühelos von einem Ufer zum anderen rudern. Die einzige Lücke im Wald war die Lichtung, auf der Eugen sein Häuschen hatte. Es war ein umgebauter Schuppen mit einem Vorratsraum, der aus alten Holzkisten gezimmert worden war. Der See war wie ein geschlossenes Zimmer. John hat oft von diesen Ausflügen gesprochen. Gegen Ende des Winters nahm Eugen uns immer zur Auerhahnbalz mit. Wir gingen in der Dunkelheit über das Eis, das schwankte, und kamen zu einem kleinen Kahlschlag, wo Eugen eine Reisighütte gebaut hatte. Da krochen wir dann rein. John mochte kleine Dinge, die kleinen Räume. Diesen kleinen Waldsee und den winzigen Unterstand.«
    »Er hat auch in einer kleinen Firma gearbeitet«, stellte Fredriksson fest.
    Mikael Andersson nickte.
    »Er war im Grunde gar kein Unruhestifter, nicht mal in jungen Jahren. Solange wir in der Ymer- und Frodegatan blieben, war alles in Ordnung. Als wir klein waren, war Almtuna noch ein Stadtteil, in dem es fast alles gab, was man brauchte. Wir hatten fünf Lebensmittelgeschäfte, die man innerhalb von zehn Minuten zu Fuß erreichen konnte. Heute gibt es nicht einmal mehr den Namen des Stadtteils. Haben Sie es gesehen? Das Schild an der Vaksalaschule?«
    Fredriksson schüttelte den Kopf.
    »Da steht ›Fålhagen‹. Alle alten Namen verschwinden. Ich weiß nicht, wer das beschlossen hat. Nichts soll seinen alten Namen behalten dürfen. Erikdsdal und Erikslund gibt es auch nicht mehr. Sogar Stabby nennen sie jetzt ›oberes Luthagen‹.«
    »Ich bin zugezogen«, sagte Fredriksson, der die alten Wegmarken und Stadtteilgrenzen in Uppsala nicht kannte.
    »Ich glaube, die wollen uns damit verwirren.«
    »Luthagen klingt wahrscheinlich besser als Stabby, wenn man seine Wohnung verkaufen will.«
    »Schon möglich«, sagte Mikael. »Es geht wahrscheinlich ums Geld. Ich denke jedenfalls immer öfter an die Zeit zurück, als ich noch ein Junge war. Das liegt wohl am Alter.«
    »Und was sehen Sie dann?« wollte Fredriksson wissen, dem die Plauderstunde mit Mikael zunehmend gefiel.
    »Die Hinterhöfe. Die Kinder, wir waren unheimlich viele. John und Lennart gehörten auch dazu.«
    Mikael verstummte, und in seinem Blick lagen Wehmut und Trauer.
    »Das ist lange her, aber gleichzeitig kommt es mir vor, als wäre es erst gestern gewesen«, meinte er. »Ich frage mich, wann es schiefging.«
    »Sie meinen, bei John und Lennart?«
    »Nicht nur. Wissen Sie, mein Vater war bei der Eisenbahn. Sein Vater auch. Er ist beim Bau von Port Arthur dabeigewesen, Arbeiterwohnungen für Eisenbahner sollten dort entstehen. Wir selber wohnten in der Frodegatan. Damals hielten die Leute auf eine Weise zusammen, die man heute nicht mehr findet. Das ist es, was mir am meisten auffällt. Ich komme ja manchmal noch in unsere alten Viertel. Was Lennart und John angeht, glaube ich, daß es anfing, als Lennart

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