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Der Tote trägt Hut

Der Tote trägt Hut

Titel: Der Tote trägt Hut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Cotterill
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Liebsten auf den Boden der Fahrerkabine folgte. In guten wie in schlechten Tagen und in Einzelteilen.
    Es war der Anblick des peinlich berührten Onkel Ly bei dem Versuch, die beiden Leichen wieder zusammenzusetzen, der uns zum Lachen brachte. Constable Ma Yai und Constable Ma Lek kamen zur Grube gelaufen, und einen Moment lang fürchtete ich schon, sie würden uns maßregeln, weil wir lachten, oder sogar verhaften. Doch erst der eine, dann der andere Beamte machte Bemerkungen, die den Übermut der Zuschauer nur noch schürten und den armen Ly vollends aus der Fassung brachten. Als klar war, dass die Skelette nie wieder dieselben sein würden, zogen die beiden jungen Beamten eine sehr gute Schlussfolgerung. Sie folgerten, dass es die Erschütterungen infolge der Grabung gewesen sein mussten, die den Zusammenbruch des Pärchens ausgelöst hatten. Alle stimmten zu. Es schien geradezu ungesellig, es nicht zu tun. Auf meinem Heimweg staunte ich, wie leicht ich Komplizin eines Betrugs geworden war. Es lag wohl in der Luft.
    Um zehn vor zwölf war ich wieder zu Hause, sodass mir noch eine halbe Stunde bis zu meiner Essensverabredung blieb. Da ich die Makrele am Morgen halb ausgenommen zurückgelassen hatte, teilte ich der Familie mit, dass heute Instant-Nudel-Tag war. Ich hatte duschen wollen, nachdem ich eine halbe Stunde unter der prallen Sonne geradelt war, doch der kleine Gott der Stromversorgung wählte ebendiesen Augenblick, um seinen Dreizack in den himmlischen Sicherungskasten zu rammen, und die ganze Gegend fiel zurück ins mittelalterliche Reich von Ayutthaya. Das passierte in unserer kleinen, dunklen Ecke des Himmels dermaßen oft, dass ich darüber schon lange nicht mehr leise vor mich hin fluchte. Mir blieb nur, entweder ins Meer zu springen und mich während des gesamten Mittagessens zu kratzen, oder einen Plastikeimer voll aus dem großen Fass hinter dem Haus zu holen, in dem es mehr Viecher gab als im Naturkundemuseum. Ich wählte das Meer.
    Major Mana war offenherzig wie eine Venusfliegenfalle. Ich saß ihm gegenüber und rutschte auf meinem Stuhl herum, während das Salz auf meiner Haut prickelte. In meiner Tasche steckte der dicke Bericht, den ich noch am Tatort geschrieben hatte. Nach dem Essen wollte ich ein paar Telefonate erledigen, ihn in mein Notebook tippen und vom Internetcafé aus wegschicken. Da Samstag war, konnte ich mich auf einiges Gerangel mit den Teenagern einstellen, aber ich hatte meine erste echte Geschichte seit einem Jahr am Haken, und da waren ein paar Kinder mit blauen Flecken kein allzu hoher Preis. Vom Major brauchte ich nur die obligatorischen Namen und Dienstgrade aller beteiligten Polizisten und ein Zitat, um der Bevölkerung zu versichern, dass die Polizei alles unter Kontrolle hatte. In Chiang Mai hatten wir einen Vorrat von solchen Zitaten, aus denen sich die hochrangigen Polizeibeamten eins aussuchen konnten, weil es ihnen oft an grammatikalisch korrekten Phrasen mangelte. Ich hatte meine Liste nicht bei mir, also durfte Mana die Leser mit seiner Mord/Unglück/Unfall/Selbstmord-Theorie verblüffen. Der geschäftliche Teil unseres Mittagessens war nach zehn Minuten abgeschlossen, und ich konnte es kaum erwarten, dort wegzukommen und meine Geschichte abzuschicken. Doch da ich aus Chiang Mai kam und zu Besuch im Süden war, hatte der Major frische Makrele und Zackenbarsch aus der Region bestellt und wartete auf meine Reaktion, während ich aß. Ich brachte ein Lächeln zustande.
    Wie zu erwarten, hatte er dafür gesorgt, dass bei unserer Ankunft eine Flasche »Hinnisy«-Brandy auf dem Tisch stand, als sei das ein normaler Service des Restaurants. Aus einem Bericht, den wir für die Mail gemacht hatten, wusste ich jedoch, dass einige dieser nachgemachten Branntweine Deformationen bei Neugeborenen hervorrufen konnten und einem schon beim dritten Glas die Zähne im Mund verfaulten. Major Manas strahlend weiße Zähne stärkten jedoch mein Vertrauen, und ich hielt während des ganzen Essens mit, Schluck für Schluck. Ich kann was vertragen. Ich habe keine Ahnung, woher meine Kondition kommt. Meine Mutter muss nur an einem Fliegenfänger riechen, schon singt sie alte Bird-Thongchai-McIntyre-Balladen. Es muss also an den Genen meines auf mysteriöse Weise nicht vorhandenen Vaters liegen. Vielleicht war er Alkoholiker. Mair schweigt sich über dieses Thema aus. Ich kann mich nicht mehr an ihn erinnern. Sissi, die Älteste von uns, erinnert sich an einen gut aussehenden, lustigen

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