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Der Tote trägt Hut

Der Tote trägt Hut

Titel: Der Tote trägt Hut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Cotterill
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Zauberkräfte. Er hat geschworen, er hätte gesehen, wie der Mann in einen Gewehrlauf gestarrt und nicht mal gezuckt hatte, als seine Frau auf ihn schoss. Er meinte, die Kugel sei einfach von ihm … abgeprallt.«
    So fing das Geständnis an, und dabei rührten wir beide den Whiskey gar nicht an. Dennoch fand ich die zweiundachtzig Baht gut investiert. Es stellte sich heraus, dass der alte Mann davon überzeugt gewesen war, das Amulett mache ihn kugelsicher, und als der Abend fortgeschritten war und sie immer betrunkener wurden, stiftete der Nachbar seinen Freund an: »Mach schon! Schieß auf mich! Schieß doch, wenn du mir nicht glaubst!«
    »Anfangs habe ich ihn ignoriert«, sagte der Großvater. »Aber er hat nicht aufgehört damit. Ich wusste, dass der Junge eine Stiftpistole hat. Ich hatte sie schon mal gesehen. Ich nahm sie – eher um ihm zu drohen als sonst was. Um zu bluffen. Um ihn zum Schweigen zu bringen. Wissen Sie? Aber als er die Waffe sah, wurde er nur noch aufgeregter. ›Mach schon!‹, sagte er. ›Ich weiß, du glaubst mir nicht. Mach schon, Feigling, tu es!‹«
    »Und Sie haben es getan«, sagte ich.
    »Ja.«
    Der Junge kam frei, und sein Großvater wurde der fahrlässigen Tötung angeklagt. Die Mail ließ mich den Fall als persönlichen Bericht abfassen. Das wiederum gefiel der Medusa nicht. Sie strich alle meine Adjektive und vereinfachte den Artikel, aber es blieb noch immer meine Geschichte: Wie ich einen Fall löste, den die Polizei schon abgeschlossen hatte. Man kann gar nicht beschreiben, wie es sich anfühlt. Es hätte der glücklichste Tag der Woche sein sollen. Zur Feier des Tages kaufte ich einen Fünf-Liter-Kanister roten Mont Clair und zwei Päckchen Schokoladenkekse. Ich stellte mir vor, wir würden alle um den Küchentisch sitzen, einen picheln und über Mair lachen, die ein völlig anderer Mensch wurde, sobald Alkohol auch nur ihre Lippen benetzte.
    Wir hatten einen kleinen Laden gleich neben dem Campus der Chiang-Mai-Universität. Abends hörte man oft das Kreischen der Cheerleader beim Training – manche davon weiblich – und nachts die Betrunkenen, die mit ihren Motorrädern durch die Blumenbeete rasten. Ernsthafte Studenten zogen sich ins Starbucks zurück, wenn sie Ruhe und Schokoladencroissants brauchten. Manches hatte sich verändert, seit ich dort studiert hatte. In unserem Laden gab es nicht viel: Instant-Nudelsuppen, Reiscracker, klebrige Moskitospiralen, Shampoo, Bier, solche Sachen. Wir waren so etwas wie rustikaler 7-Eleven. Mair hatte ein paar Waschmaschinen aufgestellt, damit die Studenten ihre Wäsche abgeben konnten, und unweigerlich aßen und tranken sie dann auch etwas. Und wir waren gleich neben einem Wohnheim voller farang , weißhäutiger Ausländer, die sich einen Fernsehabend ohne ein halbes Dutzend Singha-Biere schlicht nicht vorstellen konnten. So sah unser Kundenstamm aus. Wir würden es nicht bis ins Forbes Magazine schaffen, aber wir kamen zurecht. Der Bungalow, in dem wir aufwuchsen, das einzige Zuhause, das wir je hatten, befand sich direkt hinter dem Laden.
    Ich hatte die Abkürzung durch die Universität genommen, was immer etwas problematisch war, weil die Wachen oft früher Feierabend machten, um nicht im Verkehr stecken zu bleiben. Es war noch nicht mal zehn vor fünf, doch die Seitentore waren schon geschlossen. Die Kette mit dem Vorhängeschloss war nur locker darum herumgelegt. Schlanke Thai-Studenten konnten sich durch den Spalt zwängen, grobschlächtige, übergewichtige Vergewaltiger nicht. Die Mädchen konnten in ihren Wohnheimen ruhig schlafen. Ich parkte mein Moped neben dem Wachhäuschen und schob mich durch das Tor. Noch ein paar Pizzen mehr, und ich würde den Umweg nehmen müssen.
    Ich wusste, dass etwas passiert sein musste, als ich Opa Jah auf dem Kantstein vor unserem Laden sitzen sah. Er trug Unterhemd und Shorts und saß mit nackten Füßen im Rinnstein da. Weder sein Aufzug noch sein Verhalten war ungewöhnlich. Er hockte gern am Straßenrand. Seit einigen Jahren bestand sein Lebenszweck darin, sich jedes Fahrzeug genau anzusehen, das vor unserem Laden vorbeifuhr, sich das Kennzeichen zu merken, den Zustand der Karosserie zu begutachten und den Fahrer böse anzufunkeln. Es herrschte Feierabendverkehr, was seine liebste Tageszeit war, doch er ließ den Kopf hängen und verpasste ein paar faszinierende Anblicke.
    Ich fragte ihn, ob alles okay sei, doch er zuckte nur mit den Schultern und deutete mit dem Daumen über seine

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