Beiss nicht in die Sonne
Es ist jang, getötet zu werden und doch nicht zu sterben; es ist jang, den Körper und das Geschlecht zu wechseln. Aber eines Tages wird man erwachsen und will einen Blick hinter die Kulissen der Welt tun. Dann gibt es eine große Überraschung...
In der fernen Zukunft der Erde leben die Menschen in übertechnisierten Kuppelstädten inmitten einer lebensfeindlichen Wüste. Es scheint ein Paradies zu sein, in dem alles in verschwenderischer Fülle vorhanden ist. Nur der Sinn des Lebens ist verlorengegangen. Die Bewohner frönen dem Nichtstun, orientieren sich nach bizarren Modetorheiten und jagen jedem nur denkbaren Nerven- und Sinneskitzel nach. Ihr Leben besteht aus Sex- und Drogenorgien, Ekstasen aller Art sind Alltäglichkeit, Illusionszentren gaukeln Traumwelten vor. Auch das Leben selbst und der menschliche Körper sind zu simplen Konsumgütern geworden: Körper und Geschlecht werden wie Hemden gewechselt, Selbstmord zu begehen ist zu einem Sport geworden, und Sabotageakte gegen die Kuppelstadt – die nie gelingen – helfen, die Zeit zu vertreiben.
Ein junges Mädchen ist dieses Lebens überdrüssig. Aber es scheint nur einen Weg zu geben, sich der erdrückenden Fürsorge des Gemeinwesens zu entziehen. Und dieser Weg führt in die Einsamkeit und irreparable Tödlichkeit der Wüste …
Tanith Lee wurde 1947 in London geboren und entwickelte sich innerhalb weniger Jahre zu einer der erfolgreichsten Autorinnen der neueren Fantasy. Die meisten ihrer Romane liegen auch in deutscher Übersetzung vor. „Beiß nicht in die Sonne“ gehört zu den wenigen Science Fiction-Romanen der Autorin und ist ein Kabinettstückchen auf dem schmalen Grat zwischen Satire und Bitterkeit. Der Roman wurde nach seinem Erscheinen für den „Nebula Award“ nominiert.
„In jedem ihrer Werke zeugen starke Charaktere, lebendige Details, sorgfältig ausgearbeitete Systeme und gute erzählerische Qualitäten von Tanith Lees Können und Vielseitigkeit.“ (Twentieth Century Science Fiction Writers)
Moewig 3585
Tanith Lee
Beiß nicht in die Sonne
Titel der Originalausgabe: DONT BITE THE SUN
Aus dem Englischen von Irmhild Hübner
Copyright © 1976 by Tanith Lee
Copyright © der deutschen Übersetzung 1982
by Arthur Moewig Verlag Taschenbuch GmbH, Rastatt
Umschlagillustration: Schlück/Don Maitz
Umschlagentwurf und -gestaltung: Franz Wöllzenmüller, München
Redaktion: Hans Joachim Alpers
Verkaufspreis inkl. gesetzl. Mehrwertsteuer
Auslieferung in Österreich:
Pressegroßvertrieb Salzburg, Niederalm 300, A-5081 Anif
Printed in Germany 1982
Scan by Brrazo 06/2013
Druck und Bindung: Mohndruck Graphische Betriebe GmbH, Gütersloh
ISBN 3-8118-3585-8
Obwohl ich die Sprache von Vier BEE in äquivalentes modernes Englisch übertragen habe, verblaßt das Vokabular des Jang-Slangs in der Übersetzung. Deshalb habe ich etwa sechzehn seltsame Worte, die die Autorin benutzt, unberührt gelassen und am Ende des Bandes ein Glossar hinzugefügt, das einen adäquaten, wenn auch nicht perfekten Wegweiser zu ihrer Bedeutung bildet.
Mein Freund Hergal hatte sich wieder einmal umgebracht. Es war jetzt das vierzigste Mal, daß er mit seinem Flugkörper auf das Zeefahr-Monument krachte und sich einen neuen Körper machen lassen mußte. Als ich dann nach Limbo ging, um ihn zu besuchen, mußte ich Ewigkeiten herumlaufen, bis der Roboter ihn für mich fand. Diesmal war er dunkel, ungefähr dreißig Zentimeter größer, mit sehr langem Haar und einem Schnurrbart, über und über besetzt mit glitzernden Goldfasern und mit diesen albernen Flügelchen, die ihm an Schultern und Fußknöcheln wuchsen.
„Attlevey, Hergal“, sagte ich.
„Attlevey“, antwortete Hergal und schlug mit den Flügeln. „Groshing, nicht wahr? Ist natürlich keine Kraft drin, sondern nur Schau. Muß mir ein neues Flugzeug besorgen, wenn ich wieder fliegen will.“
„Ich dachte“, bemerkte ich und drückte einen Knopf für einen Schwebestuhl, da Alt-Hergal-ohne-Benimm sich nicht darum kümmerte, „daß das Komitee vielleicht deine Fluglizenz eingezogen hätte.“
„Haha“, kicherte Hergal fröhlich. „Das würden sie nicht wagen.“
„Trotzdem, ich wünschte, du würdest dir mal einen anderen Platz zur Bruchlandung aussuchen. Das alte Zeefahr wird allmählich langweilig. Ich meine, wie wäre es mit dem Robot-Museum? Vielleicht schaffst du es sogar, durch das Dach zu brechen, und das wäre immerhin ein
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